Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)

Beiträge zur vaterländischen Geschichte. I. Major Moriz Edlen v. Angeli: Der Friede von Vasvár. Nach den Original-Acten der k. k. Archive

24 Beiträge zur vaterländischen Geschichte. Der Gesundheitszustand Ph ilipp’s IV. von Spanien liess dessen baldiges Ableben und dadurch gefahrdrohende Verwicklungen mit Frankreich befürchten, dessen Einmischung in deutsche Reichsangelegeu- heiten immer offener und drängender hervortraten. Polen war ein höchst unzuverlässiger Nachbar, der seine unfreundliche Gesinnung gegen den Kaiser schon dadurch bethätigte, dass er den Tataren den Durchzug nicht verweigerte, welche nun, Ende Juli, durch einige tausend Janitscharen verstärkt, Schlesien bedrohten; der bevorstehende Rücktritt Johann Casimir’s aber und die Intriguen der Königin Hessen neue Gefahren voraussehen 1). In Ungarn war die Stimmung schon seit Langem eine sehr ge­fährliche. Die Unzufriedenheit gährte fort und fand in den beständigen inneren Unruhen immer neue Nahrung. Ebenso war auch Apaffy’s Haltung eine äusserst zweideutige ; obwohl er zögerte, den Türken im Jahre 1664 Heeresfolge zu leisten, und offen erklärte, im Vereine mit diesen nichts gegen die Christen zu unternehmen, so stand doch anderseits zu befürchten, er werde geeigneten Falles, den Aufforderungen der oberungarischen Gespannschaften nachgebend, in Ober-Ungarn ein­rücken und mit den Malcontenten gemeinsame Sache machen 2). Fast noch mehr als diese äusseren Gefahren bedrängte den Kaiser die Treulosigkeit, welche im Schoosse der eigenen Alliirten wucherte. Die deutschen Reichsfürsten, welche vom Anfänge an den Türkenkrieg als nur den Kaiser allein betreffend betrachtet und sich erst nach den Ereignissen des Jahres 1663 zu ausgiebigerer Hilfe herbeigelassen hatten, erblickten in der, nun momentan günstigeren Kriegslage die geeignetste Gelegenheit, die Macht vollends an sich zu reis sen und dem Kaiser kaum mehr einen Schatten wirklicher Ge­walt selbst in seinen Erblanden zu lassen. Sie standen in fast besserem Einvernehmen mit den Ungarn als mit dem Kaiser, ihrem Reichsoberhaupte und Alliirten; die Reichs- Kriegsdirectoren suchten die Heeresleitung an sich zu bringen und Misstrauen zwischen dem Kaiser und seinem erprobten Feldherrn zu säen. Ja, es war zu befürchten, dass endlich dem Kaiser das Recht benommen werden würde, nach eigenem Ermessen seinen Erblanden den Frieden wieder zu geben. Die Briefe Leslie’s an Montecuccoli zeigen das Verhältniss zwischen Kaiser und Reich in grellem Lichte; so schreibt derselbe am 16. August: „Die Reichs-Kriegsdirectoren verstehen sich gar wohl mit den Ungarn und blasen mit ihnen in Ein Horn. Sie versprechen zwar, den *) Bericht des Grafen Kinsky; erwähnt in Leslie’s Schreiben an Monte­cuccoli. Kriegs-Archiv; Fase. VII, 212. 2) Bericht des kaiserlichen Obristen Cobb aus Szathmár. Kriegs-Archiv; Fase.

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