Zs. Kakuk , I. Baski (Hrsg.): Kasantatarische Volksmärchen: Auf Grund der Sammlung von Ignác Kúnos.

Vorwort

Vorwort In diesem Band werden die kasantatarischen Volksmärchen aus der reichen tatarischen Folkloresammlung von IGNÁC KtJNOS veröffentlicht. (1) Die kasantatarischen Volksmärchen hat KUNOS im Sommer 1916 und 1917 im mohammedanischen Kriegsgefangenenlager am Eger (heute Cheb) in Böhmen gesammelt. Leider hat er nicht aufgezeichnet — oder es ist nioht überliefert —, von wem er die einzelnen Märchen gehört hat, doch dürfen wir annehmen, dass unter den Gewährsmännern auch gebildetere Männer waren. IGNÁC KÚNOS be­richtet selbst, dass er "unter den kasantatarischen Gefangenen intelligentere Elemente" besuchte und mit "ihren führenden Persönlichkeiten" bekannt war. (2) Uns ist die Reinschrift der Märchensammlung überliefert worden. KUNOS hat an Ort und Stelle wahrscheinlich Notizhefte gebraucht, aus denen er das Material später abschrieb. In einzelnen Fällen haben KUNOS oder seine Ge­währsmänner die tatarischen Wörter und Ausdrücke in deutscher, türkischer od^r ungarischer Sprache erläutert. Diese Erklärungen stehen im Manuskript in Klammern hinter dem betreffenden Wort. Die handschriftliche Märchensammlung bestand ursprünglich aus 231 nu­merierten halben Papierbogen. Heute besitzen wir jedoch nur 230 Blätter, weil die Seite 223 fehlt. Die Sammlung enthält 14 Märchen, davon sind zwei länger und 12 kürzer. Das letzte (XIV. ) Märchen ist lückenhaft und zusammen­hanglos. Trotzdem sich die einzelnen Motive der Märchen wiederholen, ist der Inhalt der Sammlung sehr abwechselungsreich. Aus den Geschichten und Schicksalen der Padischahs, der Söhne des Padischahs und der armen Burschen, die von Wunderelementen durchwoben sind, lernt man die Gedankenwelt des tatarischen Volkes kennen, den Reichtum seiner Phantasie und nicht zuletzt auch einzelne Bräuche der einfachen Menschen (Brotbacken, Hochzeitfest usw. ). Ausser den Märchenhelden treten alte Männer und Frauen, die über gute und böse Zauber­kräfte verfügen, Drachen, Dämone, gute und böse Geister auf. In jedem Mär­chen spielen Tiere und verschiedene Zaubermittel eine wichtige Rolle. Unter den Tieren ist meist das sprechende Wunderpferd der Gefährte des Märchen­helden. Das phonetische Transkriptionssystem der tatarischen Märchen und der bereits erschienenen Volkslieder (vgl. Anm. [1]) sind im wesentlichen identisch.

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