May István: Die Briefe von Antal Reguly an A. A. Kunik, 1845–1855 (A MTAK közleményei 25. Budapest, 1990)

Antal von Reguly

8 Während seines zweijährigen Aufenthaltes in St. Petersburg studierte Reguly gründ­lich die allgemeine linguistische Fachliteratur und zur selben Zeit beschäftigte er sich auch mit Studien über die syrjänische, mordwinische, tscheremissische und tschuwas­sische Sprache. In seinen Studien wurde er von den russischen Akademikern weitgehend unter­stützt, besonders von dem Polyhistor-Naturwissenschaftler Baer, der ihm auch in an­deren Sachen mit väterlichem Wohlwollen beistand. Aber zur selben Zeit sah das "feind­liche Lager" der Akademie in ihm einen Nebenbuhler gegen seinen eigenen Stipendiat, M. A. Castren 1 0, der zur sibirischen Expedition von ihr schon ausgewählt worden ist. Die über den Ural entworfene Reise Regulys konnte erst im November 1843 realisiert werden, nachdem Graf Széchenyi und Baron Alajos Mednyánszky — ein Jahr vorher — die Grossversammlung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften 1000 Gulden für dieses Zweck votieren liessen (leider, auch die Anweisung dieser Summe stiess auf Schwierigkeiten: das Kapital der Akademie wurde von manchen ungarischen Magnaten zu Zins entliehen, ohne, dass die Zinsen von ihnen gezählt wurden. 1 1) Man muss doch erwähnen: er bekam auch bisher Hilfe von der Ungarischen Wissenschaftlichen Gesell­schaft und sogar von der russischen Akademie (diese wollte ihn - freilich - für ihr eige­nes Zweck benutzen), aber er wartete auf die Unterstützung eher von den professionel­len Repräsentanten der ungarischen Wissenschaft; so lebte er — wie es auch durch seine Briefe offenbar ist — oft in Elend. János Jerney arbeitete schon im Jahre 1839 einen Entwurf aus um unsere Sprach­verwandten zu Ural aufzusuchen, aber "dieser Plan blieb nur ein totgeborener Ein­fall" 1 2, dessen Realisierung auf Reguly wartete. Er fuhr im Herbst 1843 von Moskau auf seinen grossen Weg: Nischnij-Nowgorod, Beijosowo, Raifa, Tscheboksary, Kasan, Ziwilsk, Katsejtana waren die wichtigsten Stationen dieses Wegs. 1 3 Vorher ist er schon mit den Empfehlungsbriefen des russischen Innerministers in die Gegend zu Perm ge­langt, — wie sein Brief zum Gouverneur von Omsk es beweist. Nach seiner Meinung war es sehr wichtig die Messen — besonders die zu Nischnij-Nowgorod und zu Irbit — aufzusuchen, da er dort auf die Idiome mehrerer Gegende Russlands aufpassen konn­te. 1 4 Während der in Kasan verbrachten zwei Wochen stellte er Listen über die tschere­missischen und tschuwassischen Ort- und Personennamen zusammen; gleichzeitig arbei­tete er mit der ethnographischen Karte dieser Völker. Inzwischen besichtigte er manch­mal das dortige Seminar, das man für die Residenz der tschuwassischen und tscheremis­sischen Sprachwissenschaft betrachtete, um sich mit dessen Wissenschaftlern zu bera­ten. 1 5 Jedoch war sein Hauptzweck die gründliche Studierung der wogulischen Sprache und der Gewohnheiten der Wogulen: er zeichnete ausdauernd die Schöpfungen der wogulischen Volksdichtung nach der Darstellung des alten Volkssängers Baktar auf (diese Arbeit ergab die 30 Folio besetzende Liedersammlung) und stellte ein woguli­sches Wörterbuch zusammen, das 500 Wörter enthält. Bei dieser Arbeit wurde er auch von der Bewusstheit bedrängt, dass die Wogulen im Aussterben waren; er hielt die Be­wohner des Ufergebietes der Flüsse Loschwa und Perm für diejenigen, die ihre Sprache am reinsten bewahrt haben. 1 6 Die Ortsnamen forschend, stellte er fest, dass sowohl die Wogulen, als auch die Ostjaken aus den südlichsten Gegenden der Umgebung Perms

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