May István: Die Briefe von Antal Reguly an A. A. Kunik, 1845–1855 (A MTAK közleményei 25. Budapest, 1990)
Antal von Reguly
ANTAL VON REGULY Besessen von der Wissenschaft, gehört Antal von Reguly zu jener geistigen Familie, die unserer Heimat und der wissenschaftsdürstigen Menschheit — unter anderem — Csoma de Kőrös geschenkt hat. Ebenso wie Csoma de Kőrös, auch er vertiefte sich oft tagelang - ohne Essen und Trinken - in seine Handschriften. Nicht umsonst schwebte ihm als Ideal der Geist des grossen Weltreisenden vor Augen: jener forschte im Laufe seiner langen Wanderung unermüdlich nach der Urheimat der Ungaren, während Reguly von den Fragen des Ursprungs unserer Sprache zur Arbeit aufmuntert wurde. Er unternahm nicht weniger, als die ethnographische, anthropologische und historische Probleme Asiens zu enthüllen und zu lösen. 1 Sein abenteuerischer Lebenslauf fängt in Zirc (Stadt der Abtei der Zisterzienser) an. Der Sohn des Anwaltes des Ordens wurde am 11. Juni 1819 geboren. Nach seinen juristischen Studien fuhr er zuerst nach Wien, später nach Deutschland; er wurde aber von den Mythen und von den historischen Denkmälern des Nordens angezogen. Deshalb führte sein Weg nach Stockholm, wo der wegen seiner nationalen Empfindungen verbannte finnländische Wissenschaftler, Arwidsson, Kustos der königlichen Bibliothek, ihm die Werke von Sajnovics und Gyarmathi zeigte und ihn gleichzeitig auf die finnougrischen Sprachen und finnisch-ugrische Sprachvergleichung aufmerksam machte. Begeistert von Arwidsson und unterstützt auch von seinen Eltem, übersiedelte er — im Herbst 1839 — für einen zweijährigen Aufenthalt — nach Finnland; unterdessen reiste er auch in Karelien, Estland und Lappland (bei den Lappen brachte er ein halbes Jahr zu). Bis auf dann half er schon gewissermassen dem grammatischen Mangel ab, der dem unvollkommenen Mittelschulunterricht zuzuschreiben war; er hat sogar die schwedische, finnische und lappische Sprachen erlernt. Bald gewann er die Uberzeugung, dass die östlichen finnisch-ugrischen Sprachen — d.h. die Obugrier — mit der ungarischen Sprache näher verwandt sind, als die westlichen. Um diejenigen zu studieren, fuhr er im Jahre 1841 nach St. Petersburg und machte dort mit den berühmten Wissenschaftlern der russischen Akademie Bekanntschaft 2 (Baer 3, Fraehn 4, Köppen s> Schmidt 6, Adelung 7, der finnische Sjögren 8). Der junge Forscher fand im Hause von Mihály v. Balugyánszky, Senator und Gesandtschaftsrat, ein echtes Heim (der Familienoberhaupt war vorher Professor der juristischen Akademie von Grosswardein, nachher Professor und eine Zeitlang auch Rektor der petersburgischen Universität; er funktionierte auch als Ratgeber des vorangehenden Zars Alexander). Als Reguly erkrankte, wurde er von der vornehmen ungarischen Frau in ihrem peterhöfischen Landhaus aufopferungsvoll gepflegt. Später forderten die Eltern Balugyánszky den jungen Wissenschaftler zum Brautführer auf, als ihre Tochter Olga die Hochzeit feierte. Der Trauzeuge der Braut war Grossfürst Mihail, Bruder des Zars und der des Bräutigams der Warschauer Herzog Paskievitch. 9