Fülep Lajos levelezése III.
Levelek
793. EULENBURG, AUGUSTA ZU - FÜLEP LAJOSNAK Liebenberg-Mark über Berlin N 1931.1. 15. Mein lieber alter Fülep! Es hat mich ja so gefreut nach so langer, langer Zeit von Ihnen durch Mary 1 zu hören. Ja, was hat das Leben aus uns allem gemacht! Oder haben wir es gemacht? Oder waren wir gezwungen es so zu machen, als Wirkung richtiger Ursachen? Ich weiss es nicht, aber jedenfalls hat es uns alle ziemlich brutal angepackt; oft denke ich, zu viel für ein Leben, auf mehreren Inkarnationen verteüt war richtiger. — Ich dachte ja eigentlich sicher, dass Sie mit Ihrer Persönlichkeit im öffentlichen Leben eine grosse Rolle spielen würden, obgleich so ein Leben nur selten ein segensreiches ist. Sie gingen den schönen stillen Weg eines Pastors auf dem Land, und dieses hätte Ihnen eigentlich nicht so viel d.[ass] h.[eisst] Aufregungen bringen dürfen. — Es wäre doch so schön wenn man sich einmal wiedersehen würde, 2 wir hätten uns viel zu erzählen. Aber wie? Sie kommen wohl nie in unsere Gegend, und uns führt der Weg kaum in Ihre Nähe? Ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen Mary gegenüber, welche beiliegenden Brief 3 in Juni bereits schrieb, und mich bat ihn abzuschicken. Ich bitte Sie nun, lieber alter Freund, wenn Sie ihr danken, schreiben Sie dazu, dass der Brief erst sehr viel später in ihre Hände gelangt wäre, dass es nicht Ihr Fehler, sondern mein Fehler wäre. — Mary ist zu Weinachten nach Berlin gezogen, kommt aber bald wieder für länger her. Wir hatten uns ja auch viele, viele Jahre nicht gesehen, aber jetzt ganz wieder gefunden. — Seit September bin ich nun wirklich geschieden, der heisse Wunsch seit eigentlich fast 20 Jahren!! Ja die Ehe! Wie ist es möglich, dass sie ein junges Menschenleben vernichtet! Also es war wohl mein Schicksaal. Und diese Kinder 4 mussten geeboren werden. Das war ja das starke, instinktive Gefühl in meiner Jugend. Ich hatte nie gedacht diesen Mann zu heiraten, er war nichts, er hatte nichts, und sein Karakter lag nie gerecht, also ... Kinder wollte ich von ihm haben, bei allen Anderen: Grafen, Prinzen, Fürsten, bei denen ich herrliches, sorgenloses Leben hätte gehabt, war das starke Gefühl, dann immer wieder Ausschlag gebend „ich kann keine Kinder von diesen Männern haben". In meinem Mann, der ja aus dem Volk kommt, hatte ich nur das Gefühl „ich muss Kinder von ihm haben, aber verheiratet sein, nicht. " — Das wollte ich Ihnen doch einmal sagen, damit Sie meine Handlungsweise begreifen, lieber alter Fülep. — Ich lebe nun schon seit länger in meiner alten geliebten Heimat „Liebenberg" 5 unter meiner Familie. Das grosse, schöne Schloss, mit seiner nordischen Halle (aus der Heimat meiner Mutter), 6 der alte Park mit den hohen Buchenhecken und Lindenalleen, die prachtvollen Wälder mit Seen und Fichtenhaine, alles das, mit dem ich doch so verwachsen bin, hat mir auch den Frieden wieder gegeben. Und etwas anderes noch, die Verbindung mit meinem, über alles geliebten, im Kriege gefallenen Bruder. 7 Eine so wunderbare Welt hat sich da uns offenbart, und ich durfte die Vermittlerin sein. Es ist nicht Spiritismus, ach nein, eine viel höhere und geistigere Verbindung, auch mein Vater 8 der 1921 starb, lebt in seiner starken Persönlichkeit und seinem vielfal22