Zalai Múzeum 14. Müller Róbert 60 éves (Zalaegerszeg, 2005)
Tóth Endre: Zur Herkunft und Ikonographie der Scheibenfibeln der Keszthely-Kultur
186 Tóth Endre Kleiderheftnadeln, die aus einem oder zwei Blechen bestanden und von geringer Dicke sind. Demgegenüber habén die transdanubischen „Scheibenfibeln" eine gewisse Höhe — 10-15 mm —, also auch Raumin-halt. Ihr Inneres wurde mit formbarem Material gefüllt, das austrocknete. Deshalb ist die Bezeichnung Dosenfibel richtiger. Diese Unterscheidung ist deshalb wesentlich, weil die Scheibenfibeln der Keszthely-Kultur ihre Dosenform von der kaiserzeitlichen Scheibenfibel unterscheidet. 19 Deshalb muss die Herkunft der Dosenform festgestellt werden. Gerhard Fingeriin, der die Hüfinger Scheiben aufarbeitete, nennt das bogige Muster Arkadenmotiv (Arkadenmuster nennen es z.B. WERNER 1986, 50; DAIM 2001). Der áufiere Kreisring der als Beispiel erwahnten silbernen Largitionsschale (Pantikapeion, um 343 n. Chr., s. FINGERLIN 1974, 616; KAT. BERLIN 1978, 82-83, Nr. 2) stellt tatsachlich ein Arkadenmotiv dar. Zweckvoller ist allerdings die Verwendung des Wortes Pass (wie ELBERN 1977, 178-179 in Bezúg auf Altarplatten und Patenen) als des architektonischen Terminus, weil mit Ausnahme der Schüssel von Kerc die Gegenstánde kein Arkadenmuster sáumt. Die Herkunft der Passrahmung Ort, Zeit und Umstánde der Entstehung dieser Form sind unbekannt. Die neue Form — das abgesenkte Mittelfeld — war eine Neuerung der/des Goldschmiede/s. Aber wir körmén den Musterschatz kennenlernen, den der Goldschmied besaB, benutzte und umgestaltete. Dabei müssen wir bis in die spate Kaiserzeit zurückgreifen, weil die Herkunft der Passrahmung dort zu suchen ist. Natürlich ist dabei nicht an nahe Analogien zu denken, sondern an jenen Musterschatz, der den Goldschmied bei der Schaffung des neuen Fibeltyps und seiner Verzierung hat beeinflussen können. Den tieferliegenden Mittelteil der Scheibenfibeln umrahmt eine von 12 bis 14 wechselnde Zahl von Pàssen. Bei den spáteren Stücken der Gruppé wáchst die Zahl der Passe standig, und das ursprüngliche Konstruktionselement war schlieBlich zur einfachen Rahmenverzierung geworden, wahrend das Mittelfeld immer weniger eingesenkt wurde. Auf den Scheibenfibeln der Koman-Kultur tritt dies nur mehr als Zierrahmen auf. In der ersten Halfte der Kaiserzeit war die Umrahmung kreisförmiger Flàchen durch Passe nicht üblich. 20 Die Form erschien im 4. Jahrhundert und hat auch Datierungsprobleme bereitet. 21 Das Passmuster kann mit dem Auftauchen und der schnellen Verbreitung der Kugelreihenrahmung — Perlstab, Kugelperlrand — verglichen werden. Das Kugelreihenmuster erscheint im 4. Jahrhundert auf den MetallgefáBen und wurde dann zum Ziermotiv auf geraden und gebogenen Fláchen, das die spàtkaiserzeitliche und frühbyzantinische Metallkunst in solchem MaBe eroberte, dass es zu einer typischen Verzierung der von der byzantinischen Metallkunst beeinflussten awarenzeitlichen Gürtelbeschlage wurde (GARAM 1993, 130). Das im 4. Jahrhundert erfundene Passmotiv verbreitete sich — wenn auch in viel geringerem MaBe — gleichfalls im Reich und in alien Gebieten, die die Formenwelt der spatkaiserzeitlichen Kunst beeinflusste. Die Kugelreihe und das Passmuster sind Geschwister: der Passrahmen ist als „negatives" Kugelreihenmuster zu verstehen. Im 4. Jahrhundert verwendete man das Passmotiv sowohl in der Metallkunst als auch bei der Beinschnitzerei und der Steinbearbeitung. Welche sind jené Lösungen und Verzierungen, derén konstruktiver und asthetischer Einfluss auf die Gestaltung der Scheibenfibeln mit Pàssen und Versenkung wirken konnte? Einen entfernten Einfluss stellt das Muschelmotiv dar, das im 4.-5. Jahrhundert in verschiedenen Kunstgattungen vorkommt. Das Passmuster ist in der Metallkunst 22 ebenso wie bei den Schnitzarbeiten 23 zu entdecken. Man denke an die Toilettendose im Esquilinus-Schatz, an die Mund- und FuBlösung der beiden Krüge des Seuso-Schatzes (Dionysiac Ever, Animal Ever, s. MUNDELL MANGO 1994, 241, 267), an die vieleckigen Fingerringe aus dem 4. Jahrhundert, an einen Тур spàtantiker Silberschalen, den mit Pàssen umrahmten Rand des silbernen Schöpílöffels von Tunis (KENT PAINTER 1977, 56, Nr. 107), usw. Unter diesen Gegenstànden fmden sich viele Exemplare aus dem 6.-7. Jahrhundert, mit schmaler Furche (Schale, Malája Perescepina, s. KAT. BERLIN 1978, 125-127, Nr 15; WERNER 1984, Taf. 3; Schale aus der Sammlung von S. G. Stroganov, s. KAT. BERLIN 1978, Nr. 11, 153-154; Schale Fo. Pjatigor'e, s. KAT. BERLIN 1978, Nr. 13, 157-158, usw.). Bekannt sind auch Silberschalen aus dem 4. Jahrhundert mit breiten Kanneluren (Mildenhall Treasure, s. KENTPAINTER 1977, 36; Schale, Fo. Turuseva, 7. Jh., s. KAT. BERLIN 1978, Nr. 20, 169; Schale, Kat. Paris, s. PAINTER-BARATTE 1989, 267). Eine groBe Schale von südpannonischem Fundort aus dem 4. Jahrhundert ist von vierzehn Kanneluren gegliedert (LENKEI 1955, 97; POPOVIC 1997, 143). Der Rand dieser Schalen ist kreisförmig, und die Kanneluren enden bogig. Bei Schalen anderen Typs, mit senkrechtem Rand, schlieBt sich der flachen Schalenflàche eine mit Pàssen gestaltete niedrige senkrechte Seitenwand an (flache Platte mit kanneliertem Rand z.B. Schatz von München, s. KAT. MÜNCHEN 1989, Nr. S6 und auf