Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)

Dopsch, Heinz: Zwischen Salzburg, Byzanz und Rom. Zur Missionierung Pannoniens im 9. Jahrhundert

Zwischen Salzburg, Byzanz und Rom 275 Auseinandersetzungen gekommen. Karlmann, der Sohn König Ludwigs des Deutschen, hatte sich mit Rastizlav gegen seinen Vater verbündet und war nach einer gemeinsamen bayerisch-bulgarischen Offensive gegen Mahren in die Hande Ludwigs gefallen. 865 kam es zur Aussöhnung zwischen Vater und Sohn und zur Reichsteilung, bei der Karlmann das gesamte bayeri­sche Ostland und wohl auch Böhmen erhielt 163 . Ein Friedensschluss mit Mâhren erfolgte aber nicht, da Karlmanns Brúder Ludwig der Jiingere 866 gegen den Vater rebellierte und ein Bündnis mit Fürst Rastizlav anstrebte. Die Folge war eine bayerische Offensive gegen Mahren, die bis zum Jahre 870 durchaus erfolg­reich verlief 164 . Stellt man diese politische Situation in Rechnung, dann war es wohl kaum ein Zufall, daB die beiden Sla­wenlehrer in das pannonische Fürstentum und damit von Mahren aus gesehen ins „feindliche Ausland" gin­gen. Vielmehr ist anzunehmen, daB Fürst Chozil vom erfolgreichen Wirken der byzantinischen Missionare gehört hatte und sie deshalb unter Zusicherung von freiem Geleit an seinen Hof lud. Dieser Einladung folg­ten die Brader, die sich offenbar noch nicht entschieden hatten, welchen Weg sie nach Byzanz nehmen wollten. Der einfachste Weg mit dem Schiff donauabwarts war ihnen verwehrt, da zwischen Fürst Rastizlav von Mah­ren und Khan Boris von Bulgarien Krieg herrschte 165 . Trotzdem ist nicht zu bezweifeln, daB zunâchst nur Byzanz das Ziel der Reise in Frage kam. Nur dort konn­ten die Brader die notwendigen Vollmachten fur die Errichtung einer eigenstandigen Kirchenorganisation in Mahren einholen 166 . Vom Umsturz der politischen Ver­haltnisse durch die Ermordung des Kaisers Michael III. und die Absetzung der Patriarchen Photios erfuhren Konstantin und Method wohl erst in Vénedig, wo sich ihre Einschiffung nach Byzanz wegen des Winterein­bruchs verzögerte. Dort eröffnete sich dann mit der Ein­ladung Papst Nikolaus I. nach Rom eine unverhoffte Alternative fur die beiden Slawenlehrer 167 . Die Grande fur den Kurswechsel des Fürsten Chozil sind bis heute umstritten. Zweifellos war er vom Auf­treten und der auBerordentlichen Bildung des Brüder­paares tief beeindruckt. Eine ahnliche Situation gab es bei der Ankunft des hl. Virgil am Hof des Hausmeiers und spâteren Königs Pippin in Quierzy 743/44. Der Karolinger war von der Persönlichkeit des gelehrten Íren so fasziniert, dass er ihn fast zwei Jahre láng bei sich behielt und ihn dann zu seinem Schwager Odilo nach Bayern sandte, der Virgil das nachste freie Bistum verleihen sollte 168 . In ganz ahnlicher Form streichen nicht alléin die Lebensbeschreibungen von Konstantin und Method sondern auch andere Quellén die besonde­re Verehrang hervor, die Fürst Chozil den beiden Sla­wenlehrern und speziell dem hi. Method entgegen­brachtel69. Das reicht aber nicht aus, um den scheinbar plötzliche Umschwenken Chozils von der Salzburger Kirche zu den byzantinischen Missionaren zu erklaren. Standén doch gerade damais bei der Slawenmission nicht religiose und karitative Motive im Vordergrand, sondern handfeste politische Ziele. Macht und Besitz des Erzbistums Salzburg sollten auch in Pannonién auf Dauer gefestigt werden, wie das zuvor in Karantanien geiungen war. Ein besonders erfolgreicher Schritt gelang Erzbischof Adalwin wahrscheinlich kurz nach­dem Fürst Priwina gegen die Mahrer gefallen war 170 . Bei König Ludwig dem Deutschen erreichte er, daB die­ser am 20. November 860 auBerordentlich reichen Besitz in Pannonién an das Erzbistum Salzburg zu Eigen übertrug. Dazu zahlten die alté Römerstadt Sava­ria, das heutige Szombathely in Westungarn, wahr­scheinlich auch Prosztrum (Szentpetérfa) sowie 24 Höfe, die Salzburg schon vorher vom König zu Lehen trug 171 . Darunter befanden sich zahlreiche Missionskir­chen, die teilweise auch in der Conversio genannt wer­den, und ein besonders umfangreicher Besitz in Zala­bér, der wohl aus dem Eigengut des Fürsten Priwina stammte und nach spâteren Darstellungen nicht weni­ger als 300 Hufen umfaBte 172 . DaB Chozil, der erst einige Monate spater die Nachfolge seines Vaters antre­ten konnte, über diese Haltung des Salzburger Erzbi­schofs, die zu einer deutlichen Schwâchung seiner eige­nen Position führte, ailes andere als erfreut war, liegt nahe. Von den weiteren Beweggriinden Chozils fur seine folgenschwere Entscheidung möchte ich drei naher behandeln: Die Besonderheit der byzantinischen Mis­sion, die den Slawen Eigenstândigkeit im Bereich der Liturgie, der Kirchensprache und der Schrift zusicherte; Die Aussicht auf Errichtung einer eigenstandigen Kir­chenorganisation durch den Anschluss an das Papsttum und die Loslösung von der Salzburger Kirchenprovinz, die zugleich eine politische Distanzierung vom über­mâchtigen Frankenreich bedeutete. Die Vita Constantini berichtet im 15. Kapitel: „Auf seiner Reise nahm ihn der Fürst von Pannonién, Chozil, auf und hatte groBen Gefallen an der slavischen Schrift. Er lernte sie selbst und übergab ihm auch an die fünfzig Schüler, damit diese sie lernten, und er erwies ihm groBe Éhre und gab ihm das Geleit" 173 . Tatsachlich hebt auch die Lebensbeschreibung Methods die Unter­ordnung des âlteren Bruders unter den jüngeren Kon­stantin hervor, der durch göttliche Eingebung die gla­golithische Schrift erfand und alléin den ehrenden Bei­namen „der Philosoph" führte 174 . Aus dem gegneri­schen Lager berichtet die Conversio, daB „irgendein Grieche namens Methodios mit neu erfundenen slawi­schen Buchstaben die lateinische Sprache, die römische Lehre und die authentische lateinische Schrift nach Philosophenart verdrangte ..." 175 . Von beiden Seiten wird also dem Einsatz der Glagolica durch die byzanti­nischen Missionare besondere Bedeutung beigemessen. Das scheint zunâchst verwunderlich, weil sowohl das lateinische als auch das griechische Alphabet durchaus geeignet sind, um wenige Schriftzeichen vermehrt die

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