Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)
Dopsch, Heinz: Zwischen Salzburg, Byzanz und Rom. Zur Missionierung Pannoniens im 9. Jahrhundert
276 Heinz, Dops slawischen Sprachen relativ genau wiederzugeben. SchlieBIich hat sich mit der cyrillischen Schrift auch das modifizierte griechische Alphabet durchgesetzt und der Glagolica rasch den Rang abgelaufen. Unter der „authentischen lateinischen Schrift", die Method veràchtlich machte, ist wohl das um wenige Schriftzeichen vermehrte lateinische Alphabet zu verstehen, das sich in den Freisinger Denkmâlern erhalten hat 176 . Es wurde von bayerischen Missionaren schon Jahrzehnte vor der Erfindung der glagolithischen Schrift durch Konstantin bei der Mission eingesetzt und hatte sich durchaus bewâhrt. Die Verwendung der Glagolica eröffnete somit keine besonderen Möglichkeiten, aber sie demonstrierte die Abkehr von jener westlichen Kultur, die bisher den Slawen aufgezwungen worden war und erschien als Symbol slawischer Eigenstândigkeit. SchlieBIich war die glagolithische Schrift die einzige, die unabhângig vom lateinischen und griechischen Alphabet speziell fur die slawische Sprache „erfunden" wurde. Dazu kam die slawische Liturgie, bei der nicht alléin die Predigt in slawischer Sprache gehalten wurde, wie es wohl auch bei den bayerischen Missionaren der Fall war, sondern die gesamte Messe 177 . Die beiden Slawenlehrer nahmen damit eine Entwicklung vorweg, die sich erst elf Jahrhunderte spater mit den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Katholischen Kirche durchsetzen sollte. Man mag dagegen einwenden, dafi es auch heute noch Glâubige gibt, die an der MeBfeier in lateinischer Sprache festhalten. Für die Slawen des 9. Jahrhunderts jedoch, die vom Latéin der bayerischen Priester überhaupt nichts verstanden, eröffnete die slawische Liturgie mit der gesamten MeBfeier in der Nationalsprache einen völlig neuen Zugang zum Christentum. MaBgeblich dafur war auch die sorgfaltige Vorbereitung Konstantins und Methods auf ihr Missionswerk. Konstantin hatte sich nicht auf die Erfindung seiner Schrift beschrankt, sondern bereits liturgische Texte und Teile der Bibel ins Slawische iibersetzt 178 ; ein Werk, das nach seinem friihen Tod von Method vollendet wurde 179 . Dieser Leistung, die den Slawen einen unmittelbaren Zugang zur hi. Schrift eröffnete, hatten die bayerischen Missionare nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Am schwersten aber wog in den Augen Chozils wohl die Tatsache, daB sich die Salzburger Mission nicht nur auf bayerisches Personal stiitzte, sondern auch vom bayerischen Adél im pannonischen Ftirstentum getragen wurde. Die Salzburger Mission wurde deshalb als eine Bevormundung der slawischen Bevölkerung durch den einfluBreichen bayerischen Adél und durch bayerische Priester empfunden. Demgegenüber hatten Konstantin und Method bereits in Mahren slawische Priester ausgebildet, kamen mit slawischen Schiilern nach Mosapurc und begannen auch in Chozils Fürstentum sofőrt mit der Unterweisung einheimischer Schiiler 180 . Damit eröffnete sich die Möglichkeit, innerhalb weniger Jahre eine eigenstandige slawische Kirche aufzubauen, die sich auf slawische Priester und auch Bischöfe stiltzen konnte. Method selbst designierte vor seinem Tod in Mahren 885 nicht einen seiner byzantinischen Gefahrten, sondern den Slawen Gorazd zu seinem Nachfolger als Leiter der mahrischen Kirche 181 . Diese Chance hatte Chozil klar erkannt und wollte sie nützen. Wenn auch die Behauptung der Vita Constantini, der Fiirst habe den Slawenlehrern 50 Schiiler auf ihren Weg mitgegeben 182 , sicher übertrieben ist - Konstantin und Method wussten ja noch gar nicht, wohin sie ihr Weg führen würde - kam es mit dem Wirken Methods in Pannonién ab 869 doch zur Ausbildung slawischer Geistlicher und zu den Anfangen eines bodenstandigen Klérus. Ob und in welchem AusmaB Chozil schon vor dem Jahre 869 Beziehungen nach Rom unterhielt, ist nicht bekannt. Es darf aber angenommen werden, dass er zumindest iiber das Schicksal der beiden Slawenlehrer und deren ehrenvollen Empfang in der Ewigen Stadt durch jene Begleiter aus seinem Fürstentum, die er den Brüdern mitgegeben hatte, informiert war. Nikolaus I. (858-869) hatte das Papsttum aus der Abhangigkeit von den Karolingern und auch vom stadtrömischen Adel gelöst und eine universale Kirchenpolitik entfaltet. Er vertrat den pâpstlichen Primatsanspruch in unerhörter Schârfe sowohl gegenüber dem byzantinischen Kaisertum und dem Patriarchat Konstantinopel als auch gegenüber den Karolingern und der frânkischen Reichskirche 183 . Deshalb trug er auch keine Bedenken, sich über die missionarischen Aktivitâten und Erfolge des bayerischen Klérus hinwegzusetzen. Er düpierte die Missionsreise des Bischofs Ermenrich von Passau nach Bulgarien, dem er durch eine eigene Gesandtschaft zuvorkam ! 84 , und er negierte die Salzburger Missionstatigkeit in Pannonién, für die es keine pâpstliche Bestâtigung gab. Statt dessen vertrat er mit aller Energie den Anspruch auf die direkte Unterstellung der Prafektur Illyricum bzw. des Vikariats Thessaloniki unter Rom. Dazu gehörte nach seiner Auffassung nicht nur das Reich der Bulgaren sondern auch Pannonién 185 . Es ist anzunehmen, dass er diese Rechtsauffassung den beiden Slawenlehrern mitteilte, als er sie nach Rom einlud. Papst Hadrian II. (867-872), der Konstantin und Method in Rom empfing 186 , hat an die Politik seines Vorgângers angeknüpft. Als mit dem Tod Konstantins, der unter dem Mönchsnamen Kyrill 869 in Rom verstarb, die Fortsetzung der Slawenmission in Mahren und Pannonién ernstlich gefâhrdet schien, übernahm nicht der Papst, sondern Fürst Chozil die Initiative. Er erbat von Hadrian II. die Entsendung Methods zur Fortsetzung der Missionsarbeit. Die Position eines apostolischen Legaten für die Missionierung der slawischen Völker, die der Papst Method zubilligte 187 , war Chozil jedoch zu wenig. Ihm ging es, ebenso wie Fürst Rastizlav von Mahren, um eine eigenstandige, direkt Rom