Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)

Vida, Tivadar: Heidnische und christliche Elemente der awarenzeitliche Glaubenswelt, Amulette in der Awarenzeit

Heidnische und christliche elemente der awarenzeitlichen Glaubenswelt, Amulette in der Awarenzeit 185 tion der spâtromischen Bullae bewertet werden, was auch durch die ahnliche magische Funktion unterstiitzt wird. Neuere Forschungen haben gezeigt, daB die Kap­seln anfangs als heidnische Krauteramulette in Verwen­dung waren. Aber in manchen Regionén wurden die Kapseln mit christlichen Motiven verziert, was die Ver­christianisierung des Kapselbrauchtums im Sinne des Synkretismus bezeugt (VIDA 1995, 263-267.). Unter den Amulettkapseln sind vor kurzem zwei neue hochinteressante Exemplare im Karpatenbecken bekannt geworden. 1933 gelangten frühawarenzeitliche Funde, nahmlich Bronzbeschlâge einer Kapsel, ins Museum von Szekszárd. 26 Der GröBe und den Propor­tionen nach entsprechen die Kapseln den anderen Fun­den im Karpatenbecken, besitzen aber typologische und motivistische Neuelemente. Die punzierten Randbe­schlage und der in die Mitte gelegte Rundbeschlag sind mit drei strahlenförmigen Bronzebandern zusammen­gebunden. Das Motiv des Rundbeschlages gibt ein kreuzförmiges Muster wieder, was neben den Blatt­kreuzen anderer Exemplare die mögliche Verchristiani­sierung der Amulettkapseln unters,tiitzt. An den Autobahnausgrabungen M3 in Szihalom­Budaszög wurde von L. Fodor ein Grab erschlossen, in dem neben dem Knie der Bestatteten zwei runde, mit Menschenmaske verzierte, vergoldete Bronzebleche (Dm.: 3,7 cm), und mehrere 0,6 cm breite verzierte Bronzebánder gefunden waren, die zwei 10-12 cm brei­te Kreise ergeben (FODOR 1997, 120-122, 192.). Die vergoldeten Bronzebeschlage und die Bronzebánder können als Metallbeschlâge einer Holzamulettkapsel rekonstruiert werden. Dieser Тур von Kapseln ist aus der Awarenzeit in Transdanubien und Siebenbürgen belegt, fehlte aber bisher auf der GroBen Ungarischen Tiefebene. Die germanischen Merkmale der Gegen­stande - wie halbkreisförmige Punzierung eines Recht­eckbeschlages und einer Riemenzunge, die Teile einer Wadenbindengarnitur sein könnten, Form, Verzierung und Technik des grauen, beutelförmigen Gefâsses, Komposition und Stil der Menschenmasken - lassen auf eine reiche Germanin schluBfolgern. Sie besitzt die ein­zige, mit vergoldeten Beschlâgen verzierte Holzamu­lettkapsel. Obwohl das Fundkomplex und die Fundzu­sammenhânge noch nicht vollstândig publiziert sind, lassen die bisher bekannten Gegenstande im Grab das Fundensemble in die zweite Halfte des 6. Jhs. (oder Anfang des 7. Jhs.?) datieren. So wurde die Frau mit Kapsel wahrscheinlich kurz vor der awarischen Land­nahme oder in den ersten Jahrzehnten der Awarenzeit bestattet. Durch dieses Fundensemble mit germani­schen Charakteristika (Tracht, Motiven, Typologie) und die Lage des Fundortes ware auch eine nahere ethni­sche Bestimmung möglich, weil sie auf eine Gepidin hinweisen können. So ware die gepidische Herkunft der scheibenförmigen Holzamulettkapseln mit einem über­raschenden Neufund bestâtigt. 27 Die Kapsel von Zamárdi ist mit kreuzförmig angelegten, silbernen Menschenmasken verziert (BÁRDOS 1995, 153.). Bei den spateren Kapselfunden erscheinen Kreuzmotive hâufiger an den Kapseln, was die Verchristianisierung des Kapselbrauchtums zeigt (VIDA 1995, Abb. 9, 10, 23-25.). 5. SchluBfolgerungen Wie in zahlreichen Grâbern des Reihengrâberkreises kamen die awarenzeitlichen Amulette mehrReitlich aus den Grâbern von Frauen und Kindern vor, die in friih­geschichtlichen Zeiten, wie es diese Gegenstande beweisen, am meisten schutzbediirftig waren (DÜB­NER-MANTHEY 1990, 65-87.). Unter den awarenzeitlichen Amuletten sind solche Gegenstande in groBer Zahl vertreten, denen verschie­dene Kulturen schon seit dem Palaolithikum eine schilt­zende Kraft beigemessen haben. Noch ausschlaggeben­der ist die Zahl der Amulette, die sich mit einer kiirze­ren Période oder einer Kultur verbinden lassen und anhand Fundparallele aus den verschiedenen Regionén des frühmittelalterlichen Eurasiens (aus der osteuropai­schen Steppe, dem Merowingerreich, dem Byzantini­schen Reich) kulturspezifisch bestimmt werden kön­nen. So kann festgestellt werden, daB die awarenzeit­lichen Amulette nur teilweise mit den östlichen Ein­wanderern aus der Steppe in Verbindung gebracht wer­den können. Sie schlieBen sich vielmehr an die ört­lichen, jahrhundertalten, ost- und ost-mitteleuropâi­schen antik-germanisch-sarmatischen Traditionen an. Der geistige Bereich, von dem die Völker der Awaren­zeit ihre magischen Schutzgegenstande iibernommen oder geerbt haben, ist mit den östlichen, südlichen und westlichen geographischen und kulturellen Regionén verbunden. Bemerkenswert ist die Tatsache, daB in zahlreichen Grâbern vom Anfang der fruhen Awarenzeit solche Amuletttypen gefunden wurden, die in friiheren Jahr­hunderten von den barbarischen Völkern getragenen waren und noch weiterlebten. In den meisten Fallen fol­gen sie kaiserzeitlichen barbarischen Traditionen und überlebten die Jahrhunderte nicht nur in ihrer Form, sondern auch in ihrer Funktion, d.h. sie vererbten auch die mit ihnen verbundenen Glaubensvorstellungen - die geistige Kultur war also atavistisch. Kleidungsgegen­stânde, Schmuckstücke, Gebrauchsgegenstânde der friiheren Jahrhunderte wurden in ihrer Form deutlich geandert oder sind verschwunden, bestimmte Elemente der geistigen Kultur vererbten sich aber ohne Verande­rungen, wie die seit der Kaiserzeit in der gleichen Funktion verwendeten Amulette beweisen. Zahlreiche weitere awarenzeitliche Amulette können der Form und der Tragweise nach als unverânderte Fortsetzung der merowingischen, langobarden- und gepidenzeitlichen Vorbilder im Karpatenbecken aufgefa'Bt werden. 28 Die verschiedenen Amulettensembles in manchen

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