Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)

Vida, Tivadar: Heidnische und christliche Elemente der awarenzeitliche Glaubenswelt, Amulette in der Awarenzeit

186 Vida, Tivadar Grâbern verweisen weiters auf unterschiedliche kultu­relle Traditionen. lm Frauengrab von Kiskőrös sind öst­liche steppennomadische Knochenanhanger-Amulette mit den im antik-germanischen Kulturkreis verbreiteten miniatűrén Werkzeugamuletten vergesellschaftet. Auch die eisernen Riemenbeschlâge in diesem Grab können Amulettcharakter besitzen/besessen haben. Unter den barbarischen Volkern Europas erfolgt im 6-7. Jh. eine bedeutende Veranderung: sie kommen mit dem Christentum in Berührung und es erscheinen Gegenstânde mit christlichen Symbolen in ihrer Umge­bung. Die wirkliche archâologische Aussage der Funde mit christlichem Charakter kann erst richtig verstanden werden, wenn wir ihr Verhaltnis zu anderen, heidni­schen Amuletten bestimmen. Wir können annehmen, daB die Barbárén die Gegenstânde mit einem Kreuz­symbol zuerst als eine der vielen Amulette betrachteten und sie mit gutem Gewissen mit anderen Amuletten vergesellschaftet trugen. In den zahlreichen Komplexen wurden heidnische Amulette mit altchristlichen Gegen­stânden, sowie christliche Funde mit anderen, mit dem Christentum auch in Berührung stehenden Funden ver­gesellschaftet. Das könnte bedeuten, daB die alten heid­nischen Traditionen von dem sich verbreitenden Chri­stentum nicht wesentlich beriihrt werden konnten (ENGEMANN 1973, 22-48.). Die Kreuze kamen in mehreren Fallen aus solchen Grâbern ans Tageslicht, bei denen die fur die Awaren­zeit typischen heidnischen Bestattungsbrauche zu beobachten sind. Die Frau des Grabes G 37. in Deszk wurde in einem Ost-West (!) orientierten Stollengrab bestattet. (LŐRINCZY 1994, 321.) Das aus römischen Ziegeln gebaute Grabbau des Graberfeldes Vajszka/Vajska weist auf das Weiterleben der spatrömi­schen Traditionen hin (BRUKNER 1982, 132.). Neben den Knochenanhangern im Frauengrab in Alattyán wurde ein runder Bleigegenstand mit kreuzformiger Verzierung, vielleicht die Nachahmung einer christ­lichen Bulle gefunden. 29 Im Grab 20. von Várpalota-Únió-Homokbánya hing eine Kaorischnecke an einer Perlenkette, die bei den merowingerzeitlichen Volkern sehr beliebt war. AuBerdem gehört ein Barenzahn als weiteres heidni­sches Amulett zu dem Komplex. Zu einer fast identi­schen, charakteristisch awarischen Perlenkette im Frau­engrab 24 von Várpalota-Únió-Homokbánya gehörte ein kleiner Kreuzanhanger aus Blei. Zu den beiden Frauengrâbern gehörten mit Blattkreuz verzierte Amu­lettkapseln, die im frühmittelalterlichen Európa, zwi­schen dem atlantischen Ozean und dem Kaukasus, teils als heidnische Krâuteramulettbehâlter, teils aber auch als christliche Sekundarreliquienbehalter verwendet wurden. Die Amulettkapseln dienen als aufschluBreich­ste Beweise fúr Synkretismus in der frühmittelalter­lichen Glaubenswelt. (VIDA 1995, 219-290.). Holzres­te mit Nagel und ein punziertes Bronzeblech lassen auch auf eine Amulettkapsel in dem stark beraubten Mâdchengrab 1083. von Budakalász schlieBen. In die­sem Komplex war ein feiner, in dem byzantinischen Mediterraneum weit verbreiteter Silberkreuzanhânger mit abgenützten Aufhángeösen. Der christliche Glaube der Bestatteten wird nur dann angenommen, wenn auch die Vergesellschaftung der Funde oder der Begrabnisritus unverkennbar auf das Christentum hinweisen. Mehrere, auf das Christentum weisende Gegenstânde in einem Komplex können die engere Gebundenheit der Bestatteten zum Christentum bezeugen. Die Frauen im Grab 20. von Várpalota-Únió­Homokbánya, in Gruft 56. von Suuk Su (REPNIKOV 1906, 16-17, Taf. VI.), und in Grab 10. Ingelheim­Freiweinheim (ZELLER 1992, 111.) besaBen neben einer Kapsel auch Kreuze am Hals. Die Kapsel von Schleitheim war selbst mit einem Kreuzanhanger ver­sehen (GUYAN 1958, 16-17.). Das Vorkommen kulturgeschichtlich unterschied­licher Amulette in den Grâbern vom Anfang der Awa­renzeit wiederspiegelt entsprechenderweise die kompli­zierten ethnokulturellen Verhâltnisse der Frühawaren­zeit. In den Grabkomplexen sind christliche Gegenstân­de auch keineswegs Fremdkörper, sondern vielmehr wichtige Zeichen der sich verbreitenden christlichen Kultur, auch wenn oft lediglich als Schmuck benutzt. In den frânkisch-alamannischen Grâbern aus dem 6.-7. Jh. kommen die christlichen Gegenstânde auch neben den heidnischen Amuletten vor (KLEIN-PFEUFFER 1989, 227-245; QUAST 1998, 433-440.). In dem west-mero­wingischen Gebiet aber verschwinden die Beigaben aus den Grâbern ab Ende des 7. Jhs., was die erfolgreiche Christianisierung, die wirkliche Bekehrung der Bevöl­kerung bezeugt. 30 Das Schicksal der vom Christentum berührten awa­renzeitlichen Bevölkerung des fmhawarenzeitlichen Karpatenbeckens nahm aber anderen Lauf. Die Ver­wendung der christlichen und heidnischen Amulette bezeugt ihre synkretistische Glaubenswelt und lâBt erkennen, daB sie noch nicht ganz fest zur Kirche gehörten und mehrheitlich ganz am Anfang der Bekeh­rung waren. In diesen politisch und geistlich unsicheren Zeiten tragen sie zahlreiche Amulette, als eine private Antwort auf die Schwierigkeiten des Lebens. Da der­zeit ein gemeinschaftlicher Kult keinen sicheren Schutz geben konnte, verwendeten die awarenzeitlichen Völ­ker mehrere Amulette unterschiedlicher kultureller Herkunft. Aus den Grâbern verschwinden christliche Gegen­stânde in der zweiten Hâlfte des 7. Jhs. und im 8. Jh. Ob christliche Gruppén in dieser Période wegen der Beiga­benlosigkeit unerkennbar bleiben ist keineswegs sicher, obwohl nach den schriftlichen Quellén (Conversio Bagoariorum et Carantanorum) 796 noch Christen im Karpatenbecken gelebt haben. (TÓTH 1990, 29-30, TÓTH 1994, 241-272; TÓTH 1999, 173-177.). Die frühchristliche Kultur erlitt einen groBen Verlust infol­ge der politischen Verânderungen (Zerstörung der Kir-

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