Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)

Vida, Tivadar: Heidnische und christliche Elemente der awarenzeitliche Glaubenswelt, Amulette in der Awarenzeit

180 Vida, Tivadar Ringe, Bleianhânger). Dièse Aufgabe konnte von einem beliebigen Kleingegenstand erfullt werden, dem sein Besitzer Unheil abwehrende und Glück bringende Kraft zuschrieb. An einer Halskette getragen war das Amulett zugleich ein Schmuckstück. Über andere schiitzende Gegenstande (wie z.B. tierische Schâdel, Eisenkreuze usw.), die in ehemaligen Wohnorten, in oder auf Grabern und an heiligen Orten vorkamen, habén wir wenigere Daten. (FÜLÖP 1982, 277-280.) In den letzten Jahrzehnten wurden Studien veröf­fentlicht und bekannt, die die neuen, v. a. archâologi­schen Methoden der Erforschung der awarenzeitlichen Glaubenswelt und der geistigen Kultur vorstellen (PAULI 1978, 155-57; SCHULZE-DÖRRLAMM 1986, 347-355; ELBERN 1989, 951-980; QUAST 2000, 279-294.). Diese Arbeiten liefern methodologi­sche Hinweise auch fur die Analyse der awarenzeit­lichen Amulette: Um den Glauben und den Geist friih­mittelalterlicher Menschen, d.h. den fmhmittelalter­lichen Volksglauben, besser zu verstehen, sollten neben den Gegenstânden auch die archâologischen Befunde, das gesamte Fundkomplex, die Bedeutung der Symbo­le, die anthropologischen Daten, die Typen und die Tragweisen der vom Bestatteten getragenen Amulette vergleichend untersucht werden (PAULI 1978; PAULI 1979, 142-153.). Die Versuche und Forschungen um die Amulette weisen über eine bloBe Gegenstandsgeschichte (über die ansonsten unerlâBliche Typochronologie) hinaus und ermöglichen eine umfassende, komplexere kultur­und sozialgeschichtliche Beschreibung. In der ungari­schen Fachliteratur wurden âhnliche Untersuchungen bisher meistens vermieden, da sich die Archaologen ungern auf schwer überprüfbare SchluBfolgerungen über die Bedeutung einzelner Gegenstande oder Sym­bole eingelassen hatten. Vor der ausfúhrlichen Analyse dieses breiten, die vorliegenden Rahmen teilweise zersprengenden Bereichs soil ich jedoch diejenigen Aspekte aufzahlen, die ich jetzt nicht behandeln werde. Diese Fragen lieBen sich éventuel 1 auch etwas abstrakter untersu­chen. In der vorliegenden Zusammenfassung befasse ich mich mit der Deutung der Motive und Symbole auf verschiedenen awarenzeitlichen Gegenstânden als magische, vielleicht schützende Zeichen nicht. Auch Symbolgehalt und Amulettdeutung der Gegenstande werden nicht behandelt. Ich versuche, auch die Zwei­felsfálle zu vermeiden, in denen es umstritten oder nicht eindeutig ist, ob der jeweilige Gegenstand bei der Bestattung als Amulett beigegeben wurde (z.B. Glok­ken, Sicheln, Eier). Ich verweise nur kurz auf die Amu­lettrolle von Perlen und Perlenketten. Weiters werde ich die Frage nach der erhofften Wirkung einzelner Gegen­stande auch nicht weiter untersuchen. Mein Vorhaben besteht darin, eine Typologie und eine kulturgeschichtliche Herkunftsanalyse der awaren­zeitlichen Amulette anzubieten. Bei der Analyse der awarenzeitlichen Amulette falit gleich ins Auge, daB sie ihrer Abstammung nach nicht einheitlich sind und zu verschiedenen kulturgeschichtlichen Regionén und Perioden gehören. Ein Teil der Amulette stammt aus der eurasiatischen Steppe, andere sind aus dem spatantiken Mediterraneum ableitbar und weitere weisen vollstan­dige Âhnlichkeit mit den kaiserzeitlich- und merowin­gisch-germanischen Amuletttypen auf. Das Ziel dieser Arbeit ist also einerseits die im Karpatenbecken gefun­denen Amulette spatantiker, germanischer, früh-byzan­tinischer und östlicher Herkunft zu bestimmen und von­einander zu trennen; andererseits soil versucht werden, ihre Rolle in der awarenzeitlichen Glaubenswelt zu rekonstruieren. 3 2.2. Zur Erforschung der Gegenstande christlichen Charakters Die Forscher bezeichnen den Amulettglauben als ein heidnisches Phanomen. Diese Beurteilung stellt die Amulette automatisch den Gegenstânden christlichen Charakters gegenüber. Aufgrund der heutigen Meinun­gen sei jemand ein Christ, wenn sein Glaube theolo­gisch untermauert ist und wenn er fest zur Kirche gehört. Es ist offensichtlich, daB sich genügende archa­ologische Beweise dafur nur selten finden lassen. Gleich stellt sich aber die Frage, wie man Funde christ­lichen Charakters interpretieren darf. Es wurde mehr­mals darauf hingewiesen, daB in der Bekehrungszeit verschiedene, primitív gemischte Kontakté zwischen den barbarischen Völkern und dem Christentum ent­standen. Bei den frühmittelalterlichen Völkern wurde das frühe Christentum durch die Übergangsphase vom Heidnischen zum Christlichen oder die Verschmelzung von Heidnischem mit Christlichem (Synkretismus) gepragt (MILOJCIC 1966, 231-264; PAULI 1978, 147­157; von REITZENSTEIN 1991, 41-42, VIDA 1995, 219-290.) 4 Das awarenzeitliche Karpatenbecken, v.a. Pannonién war vom Christentum berührt und ich möch­te durch die Analyse der Tracht und Verwendung von Amuletten und von Funden mit christlichen Zeichen den Charakter und den Grad des Synkretismus in der Glaubenswelt bestimmen. Die Awaren konnten mit dem Christentum schon in der osteuropâischen Steppe in Berührung kommen. (LÁSZLÓ 1940, 145-46; LÁSZLÓ 1967, 141-144.). Mehrere kirchliche Persönlichkeiten kamen auf den Gedanken, die heidnischen Awaren zu bekehren, doch verfügen wir über keine Daten bezüglich einer tatsach­lichen Missionierung. Auch wenn es Bekehrungen gegeben hat, brachten sie sowohl in der friihen als auch in der spaten Awarenzeit wahrscheinlich nur geringen Erfolg (POHL 1988, 205; KISS-TÓTH 1999, 173; SZÁDECZKY-KARDOSS 1998, 224-225, 264.). Die Zunahme der christlichen Gegenstande am Anfang der Awarenzeit, die rege mediterráné Beziehungen wieder­spieglen, scheint dieser Annahme zu widersprechen;

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