Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)

Bühler, Birgit: Technologische Untersuchungen an awarenzeitlichen Scheibenfibeln aus Keszthely [Ungarn]

136 Bühler, Birgit Tatsâchlich sind bis jetzt nur wenige Beispiele solcher Werkzeuge bekannt geworden und auch an Originalma­terial des 6.- 8. Jahrhunderts konnten bisher nur in Aus­nahmefallen Hinweise auf die Verwendung dieses Ver­fahrens festgestellt werden. Hingegen scheint die Treibziseliertechnik im medi­terránén Raum ein gebrauchliches Verfahren zur Her­stellung plastischer (vor allém figuraler) Verzierung an qualitativ hochwertigen Edelmetallgegenstanden gewe­sen zu sein: Hinweise auf die Verwendung dieser Tech­nik finden sich z.B. an spatrömischen und frühbyzanti­nischen SilbergefâBen 36 sowie an frühbyzantinischen Goldblechmedaillons 37 und „byzantinischen" Gold­blechriemenzungen des 7. und 8. Jahrhunderts 38 . Lichtmikroskopische Studien der Verfasserin an einigen, im awarischen Siedlungsgebiet bzw. dessen unmittelbarem Umfeld aufgefundenen, aus Goldblech gearbeiteten Gurtelbeschlâgen habén ergeben, daB dièse ebenfalls keineswegs gepreBt sondera vielmehr ­wie die zahlreichen individuel len Werkzeugspuren ein­deutig zeigen, in Treibziseliertechnik gearbeitet worden sind: Es handelt sich hierbei um die frühawarenzeit­liche Gürtelgarnitur von Kunágota 39 , die mittelawaren­zeitliche Gürtelgarnitur aus Fund III von Igar 40 und die spâtawarenzeitlichen Gürtelbeschlage von Brestovac und Mátészalka 41 . Insbesondere die Gürtelgarnituren von Kunágota und Brestovac wurden wiederholt mit dem byzantinischen Kunsthandwerk in Zusammenhang gebracht. Die plastische Verzierung im zentralen Bildfeld dürfte hingegen bei der überwiegenden Mehrzahl der bisher untersuchten Scheibenfibeln mittels positiver Model gepreBt worden zu sein, wie das eher „flaue" Relief zeigt. Als Beispiel soil hier zunSchst das zentra­le Bildfeld (vergoldetes Silberblech) einer Scheibenfi­bel aus Keszthely-Fenékpuszta Horreum Grab 14 (Balatoni Múzeum, Keszthely; vgl. den Beitrag von Falko Daim, Abb. 2) angeführt werden. Wie Abb. 7 zeigt, weist die figuráié Verzierung ein auffallend fla­ches Relief auf. Dasselbe gilt auch für die geperlte und die glatte Leiste am Rand des Bildfeldes, die anschei­nend an diesem Stuck beide mitgepreBt worden sind, wahrend - wie schon erwâhnt - bei dem aufwendiger gestalteten Exemplar aus Grab 5 die glatte, halbrunde Leiste zusatzlich angelötet worden ist. Insgesamt wirkt die Fibel aus Grab 14 - nicht zuletzt wegen der eben­falls unverzierten, jedoch nicht mehr- sondera einteili­gen Randzier aus Silberblech - wie eine technisch stark vereinfachte Ausfuhrung der schon ausfiihrlich behan­delten Scheibenfibel aus Grab 5 desselben Grâberfel­des, dariiber hinaus unterscheiden sich die beiden Stücke jedoch auch in ikonographischer Hinsicht (vgl. die Beitrage von Falko Daim und Franz Glaser in die­sem Band). Bei einer Scheibenfibel aus Keszthely-Dobogó (vgl. Abb. 4 des Beitrags von Falko Daim), die sich jetzt im Magyar Nemzeti Múzeum (Budapest) befindet, scheint nicht nur das zentrale Bildfeld (vgl. Abb. 8) sondern auch die einteilige, mit einem „blütenartigen" Motiv samt linearem Ornament und einer seitlichen, ebenfalls mitgepressten Kerbleiste (vgl. Abb. 9) versehenen Randzier (Abb. 10) mittels eines positiven Models gepreBt worden zu sein. Bei der Randzier dieses Stiik­ks könnte es sich um eine technologisch weniger auf­wendige „Imitation" mehrteiliger Randleisten mit „Arkadenzier", linearer Verzierung und randlichem Perldraht handeln (siehe unten). Das figurai verzierte und vergoldete zentrale Feld weist auBerdem vereinzelt Spuren einer Nachbearbeitung von Details auf (vgl. Abb. 11). Im Bereich der Randzier - auch im Bereich des linearen Ornaments - scheinen individuelle Werk­zeugspuren jedoch zu fehlen. Zwei Scheibenfibeln, deren zentrales Bildfeld mit demselben Motiv (Reiterheiliger/Bellerophon) verziert ist, stimmen auch in technischer Hinsicht weitgehend iiberein. Eines der Exemplare stammt aus Keszthely­Fenékpuszta Horreum Grab 12 (Balatoni Múzeum, Keszthely, In v. Nr. 6043; vgl. Abb. 6 im Beitrag von Falko Daim), das andere dürfte entweder ebenfalls aus dem Grâberfeld von Keszthely-Fenékpuszta oder Dobogó (Magyar Nemzeti Múzeum 30/1885.74; = 61.72.1 ; vgl. Abb. 5 im Beitrag von Falko Daim) stam­men. Zunachst sind sie gleich aufgebaut: Die Schausei­te setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, dem zentralen, figurai verzierten Zierfeld und der mit „Arkadenzier" versehenen Randleiste. Im Bereich der Lötstelle zwischen dieser Randleiste und dem glatten Seitenstreifen befindet sich ein Perldraht. Der Seiten­streifen wurde am unteren Ende umgebogen und mit der Rückplatte verlötet. Wo ein Teil der Rückplatte weggebrochen ist, sind Reste einer weiBlichen Füll­masse erkennbar. Die figurale Verzierung der zentralen Bildfelder die­ser beiden Exemplare weist ein relativ deutliches Relief auf, das jedoch in beiden Fallen wesentlich weniger klar konturiert erscheint als bei dem Exemplar aus Keszthely-Fenékpuszta Gr. 5 (siehe oben). Das zentra­le Feld der im Magyar Nemzeti Múzeum befindlichen Fibel ist - im Gegensatz zu jener, die im Balatoni Múzeum aufbewahrt wird - vergoldet. Es weist auBerdem etwas deutlichere Kontúrén auf als sein Ver­gleichsstück. Auf die Verwendung individueller Werk­zeuge (Punzen) hinweisende Spuren fehlen auf den zentralen Zierfeldern beider Stücke. Letzteres spricht für die Herstellung in Pressblechtechnik, allerdings wohl nicht mit ein und demselben Model: Hierfür sind die beiden Darstellungen zu verschieden (vgl. z.B. die Gestaltung des Pferdekopfes; Abb. 12 mit Abb. 16). In beiden Fallen kann nicht eindeutig entschieden werden, ob die figurale Verzierung mittels eines positiven oder negativen Models gepresst worden ist. Insbesondere bei dem im Magyar Nemzeti Múzeum befindlichen Exem­plar erscheint jedoch die Herstellung mittels eines Negativmodels durchaus wahrscheinlich.

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