Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)
Daim, Falko: Pilgeramulette und Frauenschmuck? Zu den Scheibenfibeln der frühen Keszthely–Kultur
Pilger amulette und Frauenschmuck? Zu den Scheibenfibeln der frühen Keszthely - Kultur 119 Dobogó (Abb. 4) und Fenékpuszta - Horreum, Grab 12, dazu (Abb. 5). Nach dem von Éva Garam publizierten Foto und Beschreibung dürfte auch die Reiterfibel aus Nagy harsány, Grab 60, dieser Gruppé zugehören, was jedoch noch überprüft werden muB. Zumindest die beiden Exemplare aus Keszthely sind vermutlich mittels Negativmodel hergestellt, genauso wie eine von einem glatten Rand eingefaBte Kreuzbüstenfibel von unbekanntem Fundort, die sich seit 1888 in München befíndet (Abb. 3). Die ebenfalls von einem glatten Rand eingefaBte Kreuzbüstenfibel aus Keszthely Fenékpuszta - Horreum, Grab 14, (Abb. 2) ist höchstwahrscheinlich mit einem Positivmodel hergestellt und stark angegriffen, wie auch - soweit vom Foto ersichtlich - die Kreuzbüstenfibeln von Pécs - Gyárváros, die jedoch Arkandeninnenránder aufweisen. 53 Eine weitere Kreuzbüstenfibel ist aus Keszthely - Dobogó bekannt, allerdings ist das Bildfeld seit langem verschollen und kann daher nicht untersucht werden. 54 Die Erzengelfibel von Nagyharsány mit invalider griechischer Inschrift ist ebenfalls importverdachtig, ist jedoch noch nicht untersucht worden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit im Karpatenbecken angefertigt wurde die Adler/Phönix-Fibel von Keszthely - Dobogó (Abb. 6), da sie Zahnschnittelemente zeigt. Zahnschnittverzierte Metallgegenstande sind in groBer Zahl aus dem Karpatenbecken bekannt, wurden aber auBerhalb noch nie gefunden. Die Kastenfibeln mit Arkadeninnenrand besitzen ausgezeichnete Parallelen von der albanischen und montenegrinischen Adriaküste sowie aus Kalabrien (Abb. 8-11). Diese Stücke zeigen allé zwei Pfaue am Kantharos, ein frommes Motiv, das bis láng im Karpatenbecken nicht vorkommt, aber gut in die Serié christlicher Heilsbilder des 6. und 7. Jahrhunderts paBt. Bemerkenswert ist die Verbreitung der Fibeln auch insoferne, als das Meer die Fundorte der KantharosPfauen-Fibeln verbindet. Wie erwahnt worden ist, lief über Kalabrien der Hauptverkehr aus dem östlichen Mittelmeer nach Italien. Zu den byzantinischen Handelsstationen hat auch das Archonat von Dyrrachium (heute Durresi, Albanien) gehört, sowie u.a. Vénedig, Aquileia, Torcello, von wo es eine alté und wichtige StraBenverbindung über Keszthely nach Aquincum gab. Diese Verbindungen wurden gleichermaBen von der byzantinischen Diplomatie wie auch vom Handel genutzt. Von einer stark fragmentierten Fibel mit glattem Rand aus dem Ungarischen Nationalmuseum, die wohl ursprünglich ein Bildfeld mit Kreuzbüste getragen hat, 55 durfte eine chemische Analyse des Inhaltsstoffes durchgeführt werden. Mit höchster Wahrscheinlichkeit enthált die Fibel reines Bienenwachs, ebenso wie die Fibel aus München und die beiden Fibeln aus Kalabrien (siehe oben). Bienenwachs war im Frühmittelalter eine sehr verbreitete Schutz- und Hausreliquie, wie beispielsweise Gregor von Tours mitteilt. 56 Wachs von den Kerzen berühmter Heiligengraber schützte vor Gefahren aller Art, das Wachs vom Martinsgrab beispielsweise vor Schadlingsbefall, Unwetter und Schadfeuer. Wachs enthielt auch die Reliquienschnalle eines Klerikers aus St. Ulrich und Afra in Augsburg, 57 Wachs enthielt auch die Riemenzunge von Walda. 58 Wenn die Kastenfibeln der Keszthely-Kultur und von der kalabrischen Mittelmeerküste Bienenwachs von Heiligengrabern enthalten, ist allerdings die Frage, ob sie als reguláre Handelswaren in Frage kommen oder ob es sich nicht - wie schon Wolfgang Fritz Volbach 1922 zu frühmittelalterlichen Scheibenfibeln mit christlichen Darstellungen allgemein vermutete - um Pilgerandenken handelt. 59 Volbach vermutete, daB manche Motive den verlorengegangenen Mosaiken der konstantinischen Basiliken von Jerusalem und Bethlehem entnommen worden sind, was freilich unbeweisbar bleibt. Sicher ist jedoch, daB der Pilgerstrom in das Hl. Land geradezu unvorstellbare AusmaBe angenommen hatte. Man bedenke, daB die kreuzförmige Kirche am Simeonsberg nordwestlich von Aleppo (heute Syrien) mit ihrem zentralen Oktogon um eine der Saulén des Hl. Simeon, im ausgehenden 5. Jahrhundert den gröBten Sakralbau der christlichen Welt darstellte! Das Pilgerwesen brachte den Gláubigen Hoffnung und Kraft im taglichen Lebenskampf, stellte aber auch einen nicht unbedeutenden Industriezweig dar. Kulte, die aus der Glaubenspraxis einfacher Leute entstanden, wurden daher meist öffentlich gefördert und konnten dadurch auch bis zu einem gewissen Grad kontrolliert werden. 60 Die Vorstellung, daB awarenzeitliche Christen Pilgerreisen bis in das östliche Mittelmeer unternommen habén könnten, mutet tatsachlich zunachst etwas übertrieben an, paBt aber letztlich nicht so schlecht zu dem bisherigen Bild weitraumiger kontinentaler Einflüsse, die sich im Fundgut aus Keszthely niedergeschlagen habén. 61 Die weitaus meisten Kastenfibeln werden allerdings aus lokaler Produktion stammen. Inwieweit im Fali der Nachschöpfungen der verwendete Füllstoff ebenfalls als Bedeutungstrager gegolten hat, wird uns auf Dauer verborgen bleiben. Segenswünsche konnten ja auch mit Fibeln verbunden werden, die keinerlei bedeutsamen Inhalt besaBen, man denke nur an die UTERE FELIX-Fibeln des 4. Jahrhunderts. Sekundarreliquien waren freilich nicht nur Wachs. Allés konnte letztlich zu einer Sekundarreliquie werden. Besonders beliebt waren der Staub oder Erde von Heiligengrabern, oder auch abgeschabte Partikel von den Saulén des Hl. Simeon Stilites. Da einige raumliche Scheibenfibeln des Frühmittelalters mineralische, erdoder sandartige Füllstoffe enthalten, könnten hier ebenfalls Sekundarreliquien vorliegen. Der positive Nachweis wird hier nur in seltenen Fallen zu erbringen sein, allerdings sebeiden diese Materialien als „technische" Bestandteile der Fibeln aus: Weder verleihen sie den Fibeln mehr Halt, noch verbinden sie die eigenen Teile untereinander.