Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)
Daim, Falko: Pilgeramulette und Frauenschmuck? Zu den Scheibenfibeln der frühen Keszthely–Kultur
118 Daim, Falko Keszthely - Fenékpuszta - Horreum, Grab 8, einem der reichsten Inventare dieses Friedhofs mit goldenen Körbchenohrgehangen stammt. Neben der Entwikklungslinie der Kastenfibel mit religiösem Inhalt bestand ofFenbar auch die der steingeschmiickten oder geometrisch verzierten Schmuckfibel. Der Тур der Kastenfibel ist bis in die zweite Halfte des 7. Jahrhunderts feststellbar, wie zwei Exemplare belegen. Sowohl die Fibel von Romonya I, Grab 96, wie auch die eine Fibel aus Keszthely -Alsópáhok zeigen eine Kettenzier, wie sie fur die Giirtelgarnituren der Mittelawarenzeit I typisch ist. 43 Éva Garam hat die bis 1993 bekannten Parallelen zu den wohl awarenzeitlichen Scheibenfibeln aus dem Karpatenbecken zusammengestellt. Die meisten davon stehen den Kastenfibeln aus Keszthely und Pécs eher férne und dokumentieren lediglich die Verbreitung der Scheibenfibel in Mitteleuropa und Italien. 44 Dies gilt jedoch nicht für die beiden Stücke aus Kruja (Albanien, Abb. 8) und ein Exemplar aus Virpazar (Montenegro, etwa 100 km NNW von Kruja, Abb. 9)), die formal den Keszthelyer Fibeln mit Arkadenrand und figuralem Motiv weitgehend entsprechen. 45 Hier wird ein gut bekanntes christliches Motiv verwendet, das wir allerdings bislang aus dem Karpatenbecken nicht kennen: Zwei Pfaue trinken aus einem Kantharos. Das Bild ânderte sich sehr wesentlich, als vier weitere Scheibenfibeln aus der Gegend von Crotone (Kalabrien, Italien) bekannt wurden, von denen zwei denen aus Kruja und Virpazar genau entsprechen. 46 Die beiden Kastenfibeln aus Cannaró und Caracones verfügen jeweils über einen Rahmen mit Arkadeninnenrand, der ein Bildfeld einfaBt, das einen Kantharos mit stilisierten Pfauen zeigt (Abb. 10 und 11). Die GröBe der Fibeln ist nicht einheitlich. Wahrend die von Caracones mit 48 mm Durchmesser der Reiterfibel von Keszthely Fenékpuszta/Dobogó entspricht, ist die von Cannaró mit 63 mm Durchmesser deutlich gröBer. Von der GröBe lâBt sie sich mit der Scheibenfibel von Romonya II vergleichen, die wohl zur jüngeren Gruppé der awarenzeitlichen Kastenfibeln gehört. Sie zeigt im Bildfeld einen „Lebensbaum", der von zwei Vögeln flankiert wird, also ein Motiv, das den Pfauen am Kantharos der genannten mediterránén Funde noch am nachsten steht. In Anbetracht der sonstigen Âhnlichkeit der beiden Fibeln aus Kalabrien wird man zögern, lediglich (!) aufgrund des GröBenunterschieds einen deutlichen zeitlichen Abstand zwischen den beiden Funden anzunehmen. Bemerkenswert ist auch die Beobachtung Roberto Spadeas, daB die beiden Fibeln ein gepreBtes weiBliches Pulver {„una polvere compatta di colore biancastro") enthielten. 47 Sehr wahrscheinlich handelt es sich hier ebenfalls um gealtertes Bienenwachs. Éva Garam hat die Fibeln vom „Тур KeszthelyPécs" und „Тур Baranya" völlig richtig mit den spatantiken und frühmittelalterlichen Scheibenfibeln in Mitteleuropa, in Italien und an der montenegrinischen und albanischen Mittelmeerküste verglichen. 48 Da wir speziell die Kastenfibeln mit figuralem Bildfeld und Arkadeninnenrand betrachten, sind hier besonders die beiden bekannten Silberscheiben aus Hüfingen, BadenWürttemberg, hervorzuheben (Abb. 12). Sie stammen aus dem Kammergrab „An der Gierhalde", das 1966 bei Bauarbeiten angefahren und dabei groBteils zerstört worden war. 49 Die im Zugé einer Notbergung gemachten Beobachtungen und die geretteten Funde sind allerdings von gröBter Bedeutung. Das Kammergrab enthielt die sterblichen Überreste eines hochgestellten, etwa 25-jahrigen Alamannen, der „in festlicher Tracht, mit Waffen, Pferdegeschirr, verschiedenen Möbeln, GefáBen und Speisen beigesetzt worden" war. 50 Trotz der zeitgenössischen Beraubung gehört das Inventar zu den reichsten seiner Zeit. Die beiden herausragenden Funde aus dem Grab stellen aber die beiden silbernen Zierscheiben dar, die wohl das Zaumzeug verziert habén. Die eine zeigt die thronende Muttergottes, die andere einen Reiterheiligen, der mit der Lanze auf eine menschengesichtige Schlange zielt. Die Bilder sind durch Perl- und Buckelreihen, vor allém aber durch Arkadenkranze eingerahmt. Die Reiterscheibe tragt auBerdem eine - allerdings nicht auflösbare Inschrift, die nach der Endmontage angebracht worden ist, vielleicht eines früheren Besitzers. Die Scheiben waren aus 1 mm starkem Silberblech mittels Positivmodeln hergestellt und nur geringfügig nachgearbeitet worden. Allgemein wird angenommen, daB sie aus Italien stammen, ja Gerhard Fingeriin geht sogar so weit, sie als „Beutestücke in einem der geschichtlich überlieferten alamannischen Kriegszüge über die Alpen" anzusprechen. 51 Für uns ist die Parallelitat von Reiterheiligem und Muttergottes von Bedeutung sowie die Tatsache, daB die Anlage des Kammergrabes von Hüfingen - „An der Gierhalde" dendrochronologisch in das Jahr 606 datiert werden konnte. 52 3 Ergebnis und historische Implikationen 3.1 Zu den Scheibenfibeln der Keszthely-Kultur Mit der eingangs getroffenen Einschrankung lassen die bislang erzielten Ergebnisse einige Thesen zu, die mit unseren traditionellen historischen Vorstellungen vom Lében im frühawarenzeitlichen Karpatenbecken kontrastieren. Unter den Kastenfibeln vom Тур Keszthely-Pécs (nach Garam) finden sich einige, die wohl als Import in das Karpatenbecken gekommen sind, da sie sich formai oder ikonographisch völlig von den anderen Fibeln absetzen. Hier ist zunachst die Herakles-Omphale-Fibel aus Keszthely - Fenékpuszta - Horreum, Grab 5, zu nennen (Abb. 1), die deutlich kleiner ist, als die anderen, aufwendiger gefertigt und ein für den Donauraum auBergewöhnliches Motiv tragt. Vermutlich gerhören auch die Reiterfibeln aus Keszthely - Fenékpuszta oder