Zalai Múzeum 10. 50 éves a Zalaegerszegi Göcseji Múzeum (Zalaegerszeg, 2001)

Bakler, Klára–Molnár, András: „Das Schaffot sehe aus seinen Augen” (Graf Ludwig Batthyány und die Geheimpolizie 1839–1848)

192 Bakler, Klára - Molnár, András er überall revolutionáre Verschwörungen vermutete. Das wichtigste Ziel von Metternich wurde der Kampf gegen die revolutionâren Bewegungen. In diesem Kampf stiitz­te er sich vor allem auf die kaiserliche Geheimpolizei. Er baute den Apparat des „schwarzen Kabinetts" aus, um jede verdachtige Bewegung zu überwachen. Die durch die Polizeispitzel eingesammelten Geheimberichte wur­den in den sogenannten „Informationsbüros" zusam­mengefaBt. Metternich brachte 1834 die Mainzer Zent­ralpolizei zustande, die einen riesigen Beamtenapparat hatte. Die Organisation dieser Zentralpolizei spann gan­zes Deutschland ein. Metternich baute spater in alien Landern des Österreichischen Reiches ahnliche Organi­sationen aus. Den Ausbau der österreichischen Geheim­polizei verbindet man mit dem Namen Josef Graf Sedl­nitzky. Sedlnitzky war von 1816 bis 1848 der Prasident der österreichischen Polizeihofstelle. Im Friihling 1834 schuf er die Grundlagen fiir das Zentralinformations­komitee. Das höchste Organ der Geheimpolizei wurde vom Metternich direkt gefiihrt, es sammelte und wertete die einlaufenden Geheimberichte fur die Staatskonferenz aus. 5 Ungarn und Siebenbürgen waren durch das Zentralin­formationskomitee erst weniger überwacht, weil die hin­reichenden Informationsquellen fehlten. Angesichts der sich immer kraftiger regenden nationalen Bewegungen schlug Metternich in der Staatskonferenz die Errichtung eines eigenen Informationskomitees für Ungarn und Sie­benbürgen vor. Die Staatskonferenz stimmte dieser zu, worauf Kaiser Franz I. auf Metternichs Antrag dessen Aufstellung genehmigte. Das am 21. Marz 1837 zum ersten Mai zusammengetretene Komitee wurde dem Zentralinformationskomitee als Sektion angegliedert. Es' stand auch unter der Oberleitung des Staatskanzlers. Das Komitee traf im Gebaude der Staatskanzlei zusammen und hielt seine Sitzungen zweimal wöchentlich ab. Auf diesen Sitzungen wurden die Nachrichten, die aus ver­schiedenen Quellén stammten, untersucht und über die Geheimberichte wurde ein Protokoll geführt. Das Proto­koll trug die Bezeichnung „Informationsprotokoll der Ungarisch-Siebenbürgischen Sektion". Dieses Protokoll wurde litographiert und je ein Exemplar unter anderem dem Staatskanzler, dem Prasidenten der Polizeihofstelle und der Staatskonferenz übersandt. Das Exemplar der Staatskonferenz wurde dem ungarischen Hofkanzler zur Einsicht geschickt. Der ungarische Hofkanzler fügte zu den Protokollen Bemerkungen hinzu und diese wurden an den Direktor des Büros der Staatskonferenz zurück­gesandt. Ein Exemplar dieser Protokolle, die von 1837 bis zum Herbst 1847 geführt wurden, wurde im Jahre 1927 dem ungarischen Staat übergeben. 6 So kann man heute das „Informationsprotokoll der Ungarisch-Sieben­bürgischen Sektion" auch in Budapest, im Ungarischen Staatsarchiv studieren. 7 Die polizeiliche Überwachung Ungarns war wohl leichter, als die der anderen Landern, weil die oppositio­nellen Tendenzen offen zur Schau getragen wurden. Al­lerdings waren die geheimen Triebfeder schwierig zu er­fassen. Die Krâfte der ungarischen liberalen Opposoti­onsbewegungen konzentrierten sich auf den Landtagen. Eben deswegen war die Organisation des Geheimdiens­tes wahrend der Landtage von besonderer Wichtigkeit. Die führenden Persönlichkeiten der Liberalen wurden besonders beobachtet und überwacht und über derén Ta­tigkeit wurde standig und ausführlich berichtet. Der Lei­ter der Geheimpolizei, die zwischen 1825 und 1848 auf den ungarischen Landtagen tatig war, hieB Leopold Ferstl. Er war eigentlich ein Offizier, aber nach den na­poleonischen Kriegen beschaftigte er sich mit dem Ge­heimdienst. So wurde er kaiserlicher Rat, spater Hofrat. Insbesondere war seine Aufgabe das Netz der ungari­schen Geheimagenten auszubauen und es in der Hand zu habén, zu leiten und zu kontrollieren. Er entsandte wah­rend der Landtage aus PreBburg beinahe taglich seine Berichte und Sedlnitzky war in Wien zwei Tagé spater schon über ailes informiert, was im Láger der ungari­schen Opposition geschehen ist. Ferstl schilderte die Er­eignisse nicht trocken und geistlos, sondern malte ein lebhaftes Bild und auBerte sogar seine Meinung. Er un­terbreitete Sedlnitzky aile an ihn gerichteten Einzelbe­richte der einzelnen Geheimagenten und versah diese mit einer Zusammenfassung. Sedlnitzky faBte die an ihn gerichteten Geheimberichte zusammen und legte sie ­mit seiner eigenen Meinung versehen - dem König vor. Ferstl war immer sehr gut informiert; er kannte jeden Politiker. Er entsandte Sedlnitzky über die Plenarsitzun­gen beider Tafeln des Landtags ausführliche Berichte. Gleichzeitig wies er auf die Hintergründe verschiedener politischen Aktionén und Pláne der Opposition hin. Ferstls Agenten hatten dreierlei Aufgaben: Bewa­chung der führenden Persönlichkeiten der Opposition, die standige Prüfung der öffentlichen Meinung des A­dels und Stellungnahme zu den entscheidendsten politi­schen Fragen. Ferstl hatte auch bei der Post einige ge­heime Mitarbeiter. Zwei Polizeibeauftragte arbeiteten für Ferstl bei der PreBburger Hauptpost. Die Geheimagenten öffneten systematisch die Briefe gewisser Politiker, die zu der Oppositionspartei gehörten. Ferstl setzte den Auf­bau des Geheimdienstes nicht nur wahrend des Landtags fort, sondern auch zwischen den Landtagen und im gan­zen Lande. Die verschiedenen Polizeibeauftragten rich­teten aus den einzelnen Teilen Ungarns ihre Berichte meistens an ihn. Es ist bezeichnend für Ferstls Intelli­genz und Objektivitàt, daB er die an ihn gerichteten Mel­dungen kritisch betrachtete. Diese Geheimberichte wur­den meistens von Ferstl kontrolliert und erganzt, wes­halb wir sie als die wichtigsten Quellén zum Stúdium des damaligen politischen Lebens in Ungarn betrachten können. Die von den Ferstls Agenten geschriebenen Geheim-

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