Zalai Múzeum 4. (Zalaegerszeg, 1992)

Pickl, Othmar: Die Kapitulation der Festung (Nagy) Kanizsa der „Hauptfestung des Ottomanischen Reiches” am 13. April 1690 (Zum 300. Jubiläum der Kapitulation der letzten türkischen Garnison Transdanubiens)

Die Kapitulation der Festung (Nagy) Kanizsa der ,,Hauptfestung des Ottomanischen Reiches " am 13. April 1690 91 wâlder und ausgedehnte herrliche Obstgârten nach Kani­zsa. Er gelangte nach einer zwei Stunden langen Fahrt auf einem guten Fahrweg durch einen Buchen- und Eichen­wald in ein freies Feld mit den schönsten Àckern und Viehweiden von guter schwarzer Erde. An diese schloB sich eine kleine Anhöhe, auf welcher ihre Exzellenz General Batthyány eine starke halbe Meile von der Festung Kanizsa entfernt das ungarische Blockadelager aufgeschlagen hatte. Gleich daneben befand sich ein vor­trefflicher Obstgârten oder besser gesagt „Obst-Wald" mit den gröBten Àpfel-, Birnen- und Marillenbàumen sowie spanischen Weichseln und Pfirsichen. Rechts davon hatten die von Komorn und Raab/Győr herkommandierten Trup­pén des Vize-Generals Zichy ihr Lager aufgeschlagen. Nebenan befand sich gleichfalls ein groBer , ,Obst-Wald", den man selbst in einer Stunde nicht umreiten konnte. Über die Beschaffenheit der Festung Kanizsa berichtet die Relation folgendes: Als der Berichterstatter am 13. April um 9 Uhr vormittag zum Morast kam (der die Festung Kanizsa umgab; Anmerkung des Au tors), stieB er dort auf eine Brücke ohne Joche; vielmehr waren die Eichenbáume einfach auf den Morast gelegt. Diese Brücke war 12 Klafter lang (22,75 m) und 2 1/2 Klafter (4,75 m) breit. An ihrem Ende war ein Tor aus Eichenholz und dieses von einer deutschen Wache besetzt. Daran schloB sich die alte Raitzen-Stadt, die aber am Beginn der Blockade vollstandig niedergebrannt worden war; darin erhebt sich links ein Hügel, den der Berichterstatter fur eine alte Batterie aus der Zeit der rund 20 Jahre zurücklie­genden Blockade (von 1664) hielt. Hierhin hatte sich der Pascha aus der Festung am 12. April bégében und unter einem Zelt aufgehalten. Den Pascha beschreibt man als einen wackeren 56 Jahre alten Mann mit braunem Bart. Die alte Raitzen-Stadt hat eine Lange von 584 Schritt*/ (= ca. 520 m); am Ende findet sich abermals ein aus Eichenholz verfertigtes Tor samt der Aufzieh­briicke, die gleichfalls von einer deutschen Wache be­wacht wurde. Es folgte abermals eine auf den Morast gelegte Eichenbriicke mit einer Lange von 580 Schritt (ca. 516 m). Über diese kommt man zu der Hauptfestung oder ,,rechten Turkenstadt", die gegen Sziget zu über ein aus Steinen gemauertes Tor und ein etliche Klafter langes Gewölbe (Kasematte) verfügt. Neben dieser erfolgte auf der Innenseite der Stadt die Übergabe der Schlüssel. Das ,,Grundlager" (d.h. die Hauptfestung; Anmer­kung des Au tors) hat eine Lange von bloB 190 Schritt (= ca. 169 m); die Hâuser sind aus Eichenholz schlechtest ge­baut, die Gassen ganz eng und unsauber. Hier befinden sich auch vier schlechte Moscheen, am Stadtturm aber eine deutsche Schlaguhr. Die Temblitz, d.h. das Zeug­haus, und das Bad sind von Ziegel und Stein errichtet. Das Zeughaus war vor alter Zeit eine katholische Kirche. Wenn man gerade durch die Stadt durchpassiert, kommt man zu einem groBen aus Eichenholz errichteten Gebâude und Tor, welches die Türkén das „Gschlofi oder Vestung" genannt haben. Von diesem Tor muB man abermals über eine auf dem Morast gelegte Brücke von 280 Schritt Lange (= ca. 250 m), gleich daran stöBt die andere Raitzenstadt, wo sich zuvor auch Juden aufgehalten hatten. Diese Rait­zenstadt hat eine Lange von 130 Schritt (ca. 115 m). Danach folgt das letzte Tor, das gleichfalls aus Holz auf­geführt ist. Dieses umfángt samt den Kurtinen auBen he­rum mit dem klaren Wasser sowie etlichen Stacketen diese Stadt. Von dort, d.h. dem Tor, ist wieder eine eichene Brücke von 530 Schritt Lange (= ca. 472 m) über den Morast zur ersten Tschartake hinausgelegt. Das Vestungsgebaude ist vorteilhaft mit Batterien, Kur­tinen, Abschnitten und Stacketen versehen, doch ailes aus Holz und Lehm errichtet. Den bestén Schutz aber bietet die Natur; nàmlich einen breiten und langen Morast, den auBen zu umreiten bestimmt mehr als drei Stunden erfor­dern würde. Schön ist auch das unmittelbar an die Stadt und Festung heranreichende klare und tiefe Wasser (eines Flusses; vgl. die Skizze der Festung von 1700), das sich 10 bis 12 Klafter breit (= 19 bis 23 m) um die Stadt zieht. Um dieses erstreckt sich auBen herum der weite und grundlose Morast. Die Stücke (d.h. Geschütze) stehen nicht in den Bat­terien oder in anderen Werken, sondern ,,unter sich gesenkt", d.h. versenkt und verborgen. Im Falle der Not lassen sich die auBerhalb recht vorteilhaft gesetzten Stack­eten ganz leicht beseitigen und zu ,.Stiickscharten" er­weitern, damit man das Flankenfeuer eröffnen kann. In der Festung sollen sich — nach den Angaben des Deutschen Kommandanten Oberstwachtmeister Wizezki — 57 metallene Stücke (d.h. Geschütze) befinden, die meisten ,,von Ferdinando, etliche welische und serinische." Ein Stuck (= Geschütz) sei besonders schön und in Rom gegossen worden. Weiters sind noch elf eiserne Geschütze und zehn Boiler oder Mörser vorhan­den. Die meisten Stücke (= Geschütze) sind jedoch ruiniert und nicht mehr als 15 zu gebrauchen. In der Festung verblieb auch eine groBe Menge Pulver, wovon jedoch der gröBte Teil halb verdorben ist; auch von Stückkugeln ist ein merklicher Vorrat vorhanden, an Proviant jedoch fast nichts. An Pferden verblieben lediglich sieben, weil allé übrigen wáhrend der Be­lagerung verzehrt worden waren. Davon gehören vier dem Pascha, die übrigen dem Janitscharen-Aga. Die Übergabe der Schlüssel Nach dem Ende dieser Zeremonie übergab General Batthyány dem Oberstwachtmeister Wizezki, einem Böhmen, am 13. April 1690 zwischen 11 und 12 Uhr Mit­tag die Schlüssel und bis auf weitere kaiserliche Befehle-

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