Zalai Múzeum 3. (Zalaegerszeg, 1991)
Měřinský, Zdeněk: Mähren im 10. Jahrhundert
90 Mërinsky, Zdenëk: die politische Organisation des Landes, namentlich in der Kontaktzone Siidmahrens,bewahrthat. Dorthört allmâhlich das Leben auf den alten Burgwallzentren im Laufe der 1. Hálfte bis zum Anfang der 2. Hálfte des 10. Jahrhunderts auf. Eine Ausnahme bildet vorlàufig nur Mikulclce, wo wir, sei es auch in beschranktem Masse, die Kontinuitat der Besiedlung bis das 11. Jahrhundert und darüber hinaus auch in weitere Zeitlaufe feststellen (Poulflc 1963,29—32, 67—71; 1975,113—116,160—162). Àhnlichgehtdas Leben im verminderten Umfang auch auf Stare Zámky bei Líseh(Stana 1972,158), Zelená Нога im Gebiet von VysTcov weiter (Stafta 1967,703), und offenbar auch in einigen weiteren befestigten Siedlungen, die weiter nördlich und nordwestlich von der südmahrischen Grenzelagen. In „Pohansko" bei Bf eclav sowie in Mikulcice stossen wir sogar auf Objekte, denen eine kultische Funktion zugesprochen wird, und die mit der heidnischen Reaktion áuf den Untergang des grossmáhrischen Staatsgebildes in Zusammenhang gebracht werden können (Dostál 1968,3—25; 1975,104— 110,282—283; Klanica 1977,49). Aus dem Gebiet Mahrens kennen wir vorderhand bis auf geringe Ausnahmen keine Funde altungarischer Provenienz. Irgendwelche überzeugendere Indizien, welche die Anwesenheit der Ungarn beweisen würden, besitzen wir nichL Nicht dafiir ansehen lassen sich Pfeilspitzen rhombischer Form, die ebensogut von slawischen Kriegern verwendet worden sein können; wie schliesslich auch einige Grabfunde indizieren, besitzen wir keine sicheren Belege für altungarische Bestattungen, ebensowenig Funde typischer altungarischer Zierelemente. Auf einen Kontakt mit dem altungarischen Miüeu mögen möglicherweise die Funde von drei norditalienischen breiten Denaren aus Mikulcice und die Parierstange eines Sábels vom gleichen Fundort hindeuten. Kontakté mit dem Karpatenbecken im Laufe des 10. Jahrhunderts belegt auch Keramik mit Rádchenverzierung, derén àusserst sporadisches Vorkommen in Fundkomplexen, die in die Période vom Ende des 9. bis in die Mitte des 10. Jahrhunderts datiert werden, jedoch auf eine geringe Intensitat dieser Kontakté hindeutet (Mërinsky 1983, 97—101; 1986, 27—34; KuCerovská 1973, 10—15). Die Ungarn lassen sich hier weder nieder, noch okkupieren sie direkt das ganze Land. Es kommt wahrscheinlich lediglich zu zeitweiligen Vorstössen oder Durchziigen nomadischer Horden bei ihren Wanderungen nach Westeuropa und in den Norden oder Nordwesten Mitteleuropas, wobei die festgestellte archaologische Situation den auf grund einiger Schriftquellen ausgesprochenen hypothetischen Annahmen, dass sich die slawischen Herren mit ihrem Gefolge an den ungarischen Freibeuteraktionen beteiligt und an ihrer eigenen Macht, sei es in Form selbstandigertributzahlender oder den Ungarn untertaner Herrscher partizipiert habén könnten, keineswegs widerspricht (Havlik 1978,98; Kucera 1974,47—52). Auch wenn wir, namentlich auf grund der Funde von den Graberfeldern die Kontinuitat der Bevölkerung in Sùdmàhren belegt haben, wird die Besiedlung hier schwácher und es kommt zu einer zunehmenden Massenverarmung. Dies belegt auch die Erforschung der grossmáhrischen Burgwàlle, die grösstenteils nach der Mitte des 10. Jahrhunderts zu existieren aufhoren (Mërinsky 1986, 34—42). Die Besiedlung verlagert sich eher im Laufe des 10. Jahrhunderts nach Mittelmâhren und in das Nordmàhrische Becken. Von diesem Gesichtspunkt aus ist auch die Forschung in Olomouc (Bláha 1977; 1979; Dohnál 1985; Michna 1982; 1982a; Mërinsky 1986,47— 49), Prerov (Mërinsky 1981, 156—157; 1986, 49—50; Stafta 1987; 1987a; 1989), in der Region Mohelnice usw. wichtig (GoS 1970; 1973; Go5—Kapl 1986). Am Nordrand des südmahrischen Gebiets liegen auch Staré Zámky bei Lísefí(Stafia 1972,156—158) und Zelená Нога bei VysTcov (Stafta 1967,700,703), wo gleichfalls die ununterbrochene Kontinuitat der Besiedlung von der grossmáhrischen Période über das 10. Jahrhundert hinaus archáologisch nachgewiesen ist. In Staré Zámky kommt es aber im 10. Jahrhundert zu einer Verkleinerung des befestigten Areals. Eine Reihe, auf grund unserer heutigen Kennmisse in das 10. Jahrhundert datierter, Höhensiedlungen lásst sich im waldigen und hügeligen Gelánde Nordwestmáhrens verfolgen (Palliardi Burgwall bei Vysocany, Hornice, Staré Hobzí; Mërinsky 1989,114—115). Diebishergewonnenenarcháologischen Erkenntnisse deuten also darauf hin, dass sich die Besiedlung nach dem Zerfall des Grossmáhrischen Reiches unter dem Einfluss der politischen wie auch militárischen Ereignisse des 10. Jahrhunderts in die sicherere waldige und hügelige Gegend Südwestmáhrens und an die Randgebiete des Berglands Drahanská vrchovina, nach Mittelmâhren sowie in das Nordmàhrische Becken verlagerte, wo die kontinuierliche Entwicklung von der grossmáhrischen Période bis in die Zeit der Eingliederung Máhrens in den Rahmen des tschechischen PfemyslidenStaates ihren Fortgang nimmt (Mefínsky 1986,67—68). In der 2. Hálfte des 10. Jahrhunderts kommt es zu einer Ànderung der politischen Lage in Mitteleuropa. Nach der Schlacht am Lechfeld im Jahre 955 beruhigt sich die Situation. Im archàologischen Material ist ein Anstieg der Bedeutung Mittel- und Nordmáhrens zu erkennen, vornehmlich des Olomoucer Zentrums, das an einer wichtigen westöstlichen Fernkommunikation lag, das Westeuropa mit dem Fiirstentum Kiew verband und weiter ostwárts führte. Olomouc gewinnt vor allem seit der Mitte des 10. Jahrhunderts an Bedeutung und kann als Zentrum des gesamten Gebietes Mittel- und Nordmáhrens, mindestens bis an den Nordrand des südmahrischen Territoriums um Brno, Südwestmáhren, das Hügelland Chïiby und den Zdánicky les (Zdánicer Wald) bezeichnet werden (Michna 1982). Seit der 2. Hálfte des 10. Jahrhunderts wird aus dem archàologischen Material auch ein gewisses Streben nach einer Wiederbelebung des Siedlungsnetzes ersichtlich, die Besiedlung wáchst und es entstehen auch neue Siedlungen. Diese Tatsache wird auch durch die Besiedlung und Wiederverwendung der Ruine der grossmáhrischen Kirche Pohansko bei Bïeclav (Dostál 1973—1974) und der doppelapsidischen Rotunde in Mikulcice belegt (Poulík 1963,