Zalai Múzeum 3. (Zalaegerszeg, 1991)

Szőke Béla Miklós: Zur Geschichte der Awaren und Slawen in Südwestungarn

Zur Geschichte der Awaren und Slawen in Südwestungarn 15 lm westlichen Gebiet des ehemaligen awarischen Kaga­nats, im Gebiet von der Enns bis zum Mittellauf der Donau, begann sich ein neues Volk aus den awarischen, slawischen und anderen ethnischen Bewohnern bzw. aus den von We­sten eingewanderten bayrisch-frànkischen Siedlern zu ent­wickeln. Nicht nur die gesellschaftlichen und wirtschaftli­chen Verháltnisse dieser Vö Iker haben sich geandert, als sie dem friihfeudalen Adel, der sich nach frankischen Vorbil­dern entfaltete, unterworfen wurden, sondern auch die Christianisierung übte auf das geistige Leben dieser Vólker grosse Wirkung aus. So vereinheitlichte sich ihre matériel­le Kultur immer mehr, unabhangig von ihrer ethnischen Herkunft oder ihren kulturellen Traditionen. Dièse maté­rielle Kultur ist zu Anfang des 9. Jahrhunderts noch sehr verschiedenartig, sie konnte sich sogar erneuern, aber ge­gen Mitte des 9. Jahrhunderts wird sie zunehmend homo­gener und entwickelt sich zu einer einheitlichen Kultur der östlichen Gebiete im Ostfrànkischen Reich. Dièse Vorgànge verursachen das scheinbare Aufhören der spàtawarischen Kultur auf diesen Gebieten. Dieses Bild entsteht deshalb, weil die Traditionen und Elemente der awarischen Kultur inzwischen zu einem organischen Teil dieser besagten neuen Kultur geworden waren. Zuletzt bedarf auch das eigenartig gemischte slawisch — awarische Fundmaterial, besonders die Herkunft des sla­wischen Anteils, in unserem engeren Forschungsgebiet eine Erklarung, die ich etwas ausfiihrlicher beleuchten mochte. Ich wies bereits darauf hin, dass die ersten birituellen Grâberfelder im Zalatal — und nur in diesem Gebiet — schon am Anfang des 7. Jahrhunderts erscheinen. Diese Tatsache stellt die Frage der Herkunft der slawischen Be­völkerung der Umgebung von Zalavár/Mosaburg in ein an­deres Licht; denn sie waren schon lange vorher angekom­men, als früher angenommen worden war (CS. SÓS 1963, 57—59; BONA 1968,117—118; CS. SÓS 1973/a 84—94; CS. SÓS 1973/b). Bemerkenswert ist, dass diese Grâberfel­der des 7. Jahrhunderts bereits von Anfang an birituell an­gelegt waren, sowohl der awarische, als auch der slawische Anteil setzen gleichzeitig ein, sodass man darauf schliessen kann, dass das Gráberfeld von Anfang an gemeinsam be­nutzt worden war. Durch die Analyse der historischen und archàologischen Quellén ist mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf zu ver­weisen, dass sich hier im 7. Jahrhundert eine aus dem Mitt­leren Dnestr-Bug-Gebiet stammende Dudlebisch-slawi­sche Volksgruppe ansiedelte, gemeinsam mit den Awaren, die im Kriegsdienst standén. Dieses Ereignis lasst sich ver­mutlich mit dem Feldzug eines gewissen Apsich verkniip­fen, der der Fiihrer der in Transdanubien angesiedelten Awaren war und der auf den Befehl des awarischen Kagans im Jahre 602 sein Heer gegen die Anten fiihrte, deren Land sich am Unterlauf der Donau und entlang der Schwarz­meerküsteerstreckte(THEOPHYLACTUS SIMOCATTA, HISTÓRIÁÉ VIII. 5.8—13.). Der awarische Feldzug, der einzige der gegen Osten gefiihrt wurde, endete so erfolg­reich, dass vom Bund der Anten hinfort keine Rede mehr war. Auf seinem Rückzug beriihrte Apsich wahrscheinlich das Gebiet der Dudleben nordlich der Anten und viele von ihnen gerieten in Gefangenschaft Der bis dahin unbe­wohnte und ungenutzte Teil des awarischen Siedlungsge­bietes in Transdanubien zwischen den Flüssen Zala und Mur wurde daraufhin von diesen Dudleben besiedelt. Ein Parallelbeispiel bietet das Keszthely-Becken, hier wohnten die aus den Provinzen des Byzantinischen Reiches schon früher entführten und neu angesiedelten Gefangenen (ihre Kultur ist die sog. Keszthely-Kultur — KOVRIG 1958.; KOVRIG I960.; KISS 1968.; SÁGI 1970.; MÜLLER 1987/a.; MÜLLER 1986/b). Die Awaren hatten praktische Griinde fur diese Massnahme. Sie liessen ihre Gefange­nen die Arbeiten ausführen, zu deren Verrichtung sie nicht imstande waren oder die ihnen unbekannt waren —Acker­bau, Rodung und gewisse Zweige des Handwerks. Man verf ügt zwar über keine schriftliche Quelle über die Aktion von Apsich im Lande der Duleben, deren Ziel die Gefangennahme des Feindes war, doch kann dieses Vorge­hen als ein alltagliches Ereignis betrachtet werden. Ein Grund, warum dariiber nicht berichtet wurde, könnte darin liegen, dass es zu weit, d.h. ausserhalb des Gesichtskreises der byzantinischen Geschichtsschreiber stattfand. Aus spâte­ren Zeitabschnitten blieben jedoch mehrere mittelbare Quellén erhalten, die die skizziertenEreignisse wahrschein­lich machen. In den Urkunden aus dem 9. Jahrhundert kommt mehrmals der Ortsname Tudleipin (MAGNAE MORAVIAE FONTES III. 1969. 60, No. 30) " Dudleipin (CONVERSIO с 11. ed. WOLFRAM 1979.54—55) Dud­leipa (MAGNAE MORAVIAE FONTES III. 1969. 128, No. 111) vor, der an der mittleren Mur in der Umgebung von Radkersburg zu lokalisieren ist (POSCH 1961.; CS. SÓS 1973/a 38.; VÁCZY1974,1045). In diesenNamen ist die urspriingliche Lautform dudleb zu entdecken. Die Ki­ewer Jahrbücher (Povest vremennyh let) gelten als eine an­dere mittelbare Quelle. Dort kann man über die für die Vor­fahren der Wolynianen gehaltenen Duleben folgendes le­sen: „Zu dieser Zeit existierten auch die Oboren (Awaren), die gegen den Kaiser Herakleios einen Krieg führten und inn beinahe gefangennahmen. Diese Oboren karnpften mit den Slowenen und fielen dulebische Frauen an; 5 oder 6 du­lebische Frauen wurden von ihnen vor den Wagen einge­spannt, und sie liessen sich stolz Ziehen ..." (HODINKA 1916. 35). Die Uberlieferung dieser Geschichte in den Kiewer Jahrbüchern bringt P. Váczy (VÁCZY 1972, VÁCZY 1974) mit den Schülern Methods in Verbindung. Sie könn­ten diese Geschichte zu der Zeit gehort haben, als Method und Konstantin mit ihnen an den Hof Kozels in Mosaburg kamen und dort eine lángere Zeit verweilten. Sie wâhlten hier aus der örtlichen Bevölkerung 50 Schüler aus. Unter diesen befanden sich offensichtlich auch Nachkömmlinge der einstigen du(d)lebischen Gefangenen. Die ergreifende Geschichte der Duleben wurde wahrscheinlich zu jener Zeit das erste Mai niedergeschrieben, als die Schüler von Method aus Mahren nach Bulgarien flüchten mussten. Hier am preslawischen Hof wurde diese Geschichte mit

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