A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 16. (Veszprém, 1982)

Uzsoki András: Az első magyar királyné, Gizella sírja

Grabplatte muß als NONIS MAII gelesen werden, was 7. Mai — also das Datum des Todes — bedeutet. In Tihany am Balaton, in der Nähe von Veszprém befindet sich jenes Benediktinerkloster, welches König Andreas I. (I. András) im Jahre 1055 gründete. In dessen zeitgenössischer, erhaltengebliebenen früh­romanischen Krypta befindet sich das Grab des Grün­derkönigs sowie seine aus Kalkstein gemeißelte, 194 cm lange und 52 cm breite Grabplatte. Auf dieser ist ein Vortragekreuz mit tordiertam Stiel zu sehen, welches eine sorgfältig gemeißelte Arbeit darstellt, die sogar in Details geht, und daher vom Schöpfer des Grabsteins aufgrund eines existierenden und benutzten Kreuzes kopiert wurde. Dieses Kreuz ist das Würdezeichen der ungarischen Könige als christliche Herrscher und ähnelt in seiner Form dem auf dem Passauer Gisela­Grab befindlichen Vortragekreuz mit tordiertem Stiel. Dieses königliche Würdezeichen durften nur Herrscher tragen, das heißt, daß das Passauer Kreuz der unga­rischen Königin gebührt, die die Herrschergefährtin des Königs Stephan war, wie sie in frühen Quellen genannt wird. Dieses Kreuz kann nicht das Grab einer Äbtissin verzieren, also kann unter der Grabplatte in Passau nur das Grab von Königin Gisela sein. Die derartige Verwendung des Kreuzes bestätigt die Kreuz­darstellung auf dem Steinsarg der im Jahre 968 vers­torbenen Königin Mathilde, der Frau von König Hein­rich I., in Quedlinburg. Die Verehrung des Kreuzes ist im Leben Giselas eindeutig nachweisbar. Dies wird auch durch das von ihr angefertige Votivkreuz auf dem Grab ihrer Mutter Gisela in der Basilika des Nonnenklosters Niedermünster in Regensburg bestätigt. Auf die Bedeutung des Vortragekreuzes verweist das sogenannte Ottokreuz, oder auch Otto —Mathilde­Kreuz bzw. älteres Mathildekreuz, auf dessen aner­bietendem Emaillebild die Szene zu sehen ist, als der schwäbische Herzog Otto seiner Schwester, der Äbtis­sin Mathilde, ein Vortragekreuz übergibt. Eine ähnliche Darstellung finden wir auf einem byzantinischen Kai­sersiegel: die gemeinsam regierenden Herrscher Jus­tinian II. und Tiberios IV. halten zwischen sich ein Vortragekreuz in den Händen. Die Rolle des Kreuzes als Zeichen der Würde in der Symbolik der Herr­schenden verbreitete sich nach den byzantischen Vor­läufen im X — XI. Jahrhundert auch im Westen aus. Es ist bekannt, daß der ungarische König Stephan I. und die ihm folgenden ungarischen Herrscher als Zeichen ihrer Würde ein Vortragekreuz als apostoli­sches Kreuz trugen. Die Darstellung eines solchen Kreuzes glauben wir auf der Grabplatte von König Andreas I. in seiner Krypta in Tihany und auf der Grabplatte aus dem XI. Jahrhundert auf dem Passauer Gisela-Grab zu erkennen. Die Darstellung der beiden Adler auf der Passauer. Grabplatte hat in der Ikonographie seelenbegleitende Bedeutung, bedeutet aber auch die Auferstehung, ja sogar den Heiland, den Salvator sowie den gegen das Böse kämpfenden Christus. Die Adler- und Vogeldarstel­lung ist auch in der Herrschersymbolik bekannt und z.B. auf den Siegeln der Kaiser Konrad IL, Heinrich III. und IV. zu seher. Die Adlerdarstellung auf der Grabplatte von Giselas Grab ist sowohl aufgrund der christlichen Religionssymbolik als auch aufgrund des Rechtes ihrer königlichen und kaiserlichen Vorfahren akzeptierbar. Die aufgeführten Beweise und ikonographischen Argumente bestärken die Ausgrabungsarbeiten von Schmid: In Passau, in der Kirche des ehemaligen Be­nediktiner-Nonnenkloster bedeckt die Grabplatte aus dem XL Jahrhundert das Grab der Frau des ungar­ischen Königs Stephan I. (dem Heiligen), der Königin Gisela, und darüber wurde zu Beginn des XV. Jahr­hunderts das gotische Hochgrab, das Kenotaphium erbaut. Die Grabplatte des gotischen Hochgrabes wurde aus rotem Marmor gefertigt und ist 194 cm lang und 72 cm breit. Auf ihrer Oberfläche ist die Darstellung der Grabplatte aus dem XL Jahrhundert im gotischen Stil wiederholt und am Rand der Grabplatte mit goti­schen Buchstaben in lateinischer Schrift zu lesen (die Abkürzungen wurden ergänzt): Anno Domini mille­simo nonagesimo quinto, Nonis Maus obiit Venerabilis Domina Gisula, soror sancti Heinrici Imperatoris, uxor Stephani Regis Ungariae, abbatissa huius monasterii. Auf deutsch: Im Jahre des Herrn 1095, am 7. Mai, verstarb die ehrwürdige Herrin Gisela, die Schwester des Kaisers Heinrich dem Heiligen, die Ehefrau Ste­phans, des Königs der Ungarn, die Äbtissin dieses Klosters. Hier liegt sie begraben. In der Aufschrift ist die Jahreszahl 1095 eine falsche Meißelung. Die Königswitwe Gisela mußte nach dem Tod ihres Gatten wegen der grausamen Behandlung durch den König Peter um das Jahr 1045 in Begleitung von Kaiser Heinrich III. Ungarn verlassen. In Passau ließ sie sich im alten Nonnenkloster des Reiches nieder, wo sie als dessen Äbtissin Vermutlich in der Zeit zwischen 1055 und 1065 starb. 168

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