A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 10. (Veszprém, 1971)

Nagy László: A veszprémi tobakok

Die Tobaken aus der Stadt Veszprém Ein lederbereintendes Kleingewerb und die damit Beschäftingen im 18. und 19. Jahrhundert 1. Teil Das farbige Kordován- und Saffianleder herstellende Gewerbe in Veszprém ist seit ungefähr ein halbes Jahrhun­dert eingestellt worden. Der Nachlass der Tobakenzunft wird im Bakonyer Museum aufbewahrt, die übrigen schrift­lichen Erinnerungen und schriftliches Material sind im Archiv des Komitats Veszprém zu finden. 1. 1. (Die Zahlen- und Buchstabenzeichen beziehen sich auf die entsprechen­den Teile des ungarischen Textes.) Der Verfasser hat in seiner Studie zur Rekonstruktion des Lebens und Gewerbes der Tobaken aus Veszprém ausser den Zunftserinnerungen und Archivenmaterial die Aus­künfte und Angaben des in 1935 verhörten letzten Tobaken mitverwendet, ausserdem die Erfahrungen seiner Studien­reisen in Bulgarien (Bild 1—2) und Siebenbürgen (Bild 3— 8) aus den Jahren 1937 und 1942, und die ungarische und für ihn zugängliche ausländische Literatur benützt. Die Studie wird in zwei Teilen herausgegeben. Die vor­liegende Publikation befasst sich mit dem Gewerbe selbst, der folgende zweite Teil wird die Zunft, die soziale Lage und Schiksal der Veszprémer Tobaken zum Gegenstand haben. 2. a) Die Veszprémer Tobaken haben die Korduanleder meistens aus Ziegenfellen als Rohmaterial, die Saffianleder aus Schaf- und Lammfellen hergestellt. Bei Gelengenheit haben sie auch aus Hund- und Widderfellen Kordováné be­reitet. Die Kordováné wurden hauptsächlich von den Stiefel- und Schuhmachern verwendet, als Obermaterial für Stiefel- und andere Fussbekleidungen, die Saffiane wur­den teilweise auch als Obermaterial, aber hauptsächlich als Futterleder benützt. Die Erzeugnisse gelangten auch zu den deutschen Sattlern, welche mit denselben Stühle, Kana­pees und Polster überzogen. Es ist anzunehmen, dass auch die Kürschner die Pelzbekleidungsstücke mit dünnen Saffi­anledern, in der Art, wie mit Sämischleder verzierten. Wahr­scheinlich bedienten sich der Erzeugnisse auch die Buch­binder, zum Überziehen der Buchdeckel. b) Solange es in der Umgebung von Veszprém Ziegen­züchtung gab, haben die Tobaken die für die Kordováné benötigten Felle direkt von den Züchtern und den Fleisch­hauern gekauft. Als aber am Ende des 18. Jahrhunderts die Zahl der Ziegen in der Umgebung von Veszprém abnahm, waren die Tobaken benötigt die Felle in entfernten Städten, hauptsächlich in Pest und Eszék (Osiek) einzukaufen. Die Besorgungsschwierigkeiten verursachten Preissteigerung der Rohfelle und Verminderung der Produktion der Kordováné. c) Von den Schaf- und Lammfellen, welche zur Bereitung der Saffiane nötig waren, haben die Tobaken die ungescho­renen bevorzugt, trotzdem sie wussten, dass dieselben schwächer sind, als die Felle der geschorenen Tiere, und das geschah wegen der Verwertungsmöglichkeit der Wolle. Von den ungeschorenen haben sie den Fellen der ungarischen Zackelschafe den Vorzug gegeben, weil zwar die Wolle we­niger wertvoll war, das Leder aber stärker, als das des fein­wolligen Merino-Schafes. (Im ungarischen heisst das Merino­schaf: birka, das Zackelschaf: juh.) Im allgemeinen hat man die gut behandelten, gut abgezogenen und getrockneten Felle gesucht. d) Das Abhäuten der Tiere haben die Züchter, aber be­sonders die Fleischhacker, so wie in Siebenbürgen, mit der Faust vorgenommen (siehe Bild 9.). Das Abhauten jüngerer Schafe und der Lammfelle geschah in Kullen (d. h. das Fell wurde, ohne aufzuschneiden, über den Kopf abgezogen.). Das Trocknen geschah gespeilt, die Klauen mit einem Holzspan (Speil) gespannt. (Bild 10.) Die Bauern aus dem Dorfe, die die Felle „mit dem Messer abhäuteten" haben den Fellen viel Schaden durch Schnitte beim Abhäuten und durch unsachgemässes, unachtsames Trocknen verursacht. Aus diesen und von „wild" (d. h. ständig, im ganzen Jahr im Freien) lebenden Tieren stammenden, und aus fehler­haft im Stall gehaltenen, manchmal mit Hundebissen und Zecken entwerteten Fellen konnten auch die weniger bemit­telten Tobaken die auch solche minderwertigere Felle ver­arbeiten mussten, nur ungefärbte Futterleder, oder Sämisch­leder herstellen. e) Vom Ende des 18. Jahrhunderts an verursachte den Tobaken viele Schwierigkeiten auch die Versorgung mit Schaf- und Lammfellen für die Bereitung der Saffiane, weil der aufblühende Rohhäute-Handel die Hand an diese Felle legte und die Preise diktierte. Aber wegen der ausgedehnteren Züchtung war es auch unter solchen Umständen doch leichter Schaffelle einzukaufen, als Ziegenfelle. Dieser Umstand und die verhältnismässig billigere Technologie der Saffianbereitung sind die Ursache, dass am Anfang des 19. Jahrhunderts die Produktion der Saffiane schon das dop­pelte von dem der Kordováné betrug. 3. a) Wenn die Tobaken einen guten, luftigen Boden hatten, dann konnten sie das ganze Jahr hindurch arbeiten. Im übrigen hang ihre Arbeit vom Zeitpunkt des Schlachtens der Tiere ab. Die Schafe wurden, so wie in Siebenbürgen, nach dem Scheren, von Juli bis Oktober, die Lamme von März bis Ende Mai geschlachtet. Der ärmere Tobake konnte aber, ungeachtet all dessen, nur dann sein Gewerbe ausüben, wenn er genügend Geld hatte, oder wenn er unter günstigen Bedingungen, — meist auf Teilzahlung — Rohfelle einkaufen konnte. b) Die Bearbeitung der Felle haben die Tobaken — ebenso, wie die Rotgerber, — mit der Weiche begonnen. Die getrock­neten Rohfelle wurden, nachdem man die in Säcken abge­zogenen auf der Bauchseite aufgeschnitten hat, zu je 10—12 Stück in einem Haufen, zu einem Pfahl gebunden und im Bach Séd geweicht. Nach dem Weichen wurden die Felle aufeinander gelegt. Es ist anzunehmen, dass die Felle, — ebenso, wie in Siebenbürgen —, während dem Weichen mehr­mals aus dem Wasser gezogen und, um das Weichen zu erleichtern, „auf dem Baum" mit dem Schab-, bzw. Ent­fleischeisen vom Schleim und die Fleischteile befreit wurden. Es ist möglich, dass später einige Tobaken besonders dieje­nigen, welche in grösserer Entfernung vom Bach wohnten, auch in Kufen weichten. Dieses Verfahren konnten sie als wirksamer halten, als das Weichen im Bach, und wegen 231

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