A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 10. (Veszprém, 1971)

Nagybákay Péter: Veszprémi és Veszprém megyei céhzászlók, céhládák és egyéb céhjelvényes emlékek

meist ein eigens für diesen Zweck angefertigter lederner Leibgürtel mit Schaftschuh. Als Material des Fahnentuchs wurde im allgemeinen farbiger, großgemusterter Halbseiden­damast verwendet. Die meisten Zunftfahnen trugen am Ran­de mit Goldfäden umwundene oder farbige Borten. Manche Fahnen waren reich mit Goldfäden bestickt. Die vorherr­schenden Farben des Fahnentuchs waren rot oder bordeaux, dann auch blau, weiß und grün. Hauptmotive des Zierats auf beiden Seiten des Fahnen­tuchs sind gewöhnlich oval- oder viereckig umrandete, in Öl gemalte religiöse Abbildungen : auf der einen Seite der Schutz­patron oder die Schutzpatronin des Handwerks, auf der an­deren eine biblische Szene oder die Abbildung der hl. Jung­frau, bzw. der Dreifaltigkeit. Der Schutzpatron oder die Schutzpatronin steht immer in irgendeiner Beziehung zu dem betreffenden Handwerk, das zu Zeiten überlieferungsmäßig von ihnen selbst betreut wurde oder des Namens wegen, bzw. weil gewisse Attribute der Darstellung nach der christlichen Ikonographie auf die betreffende Handwerksart Bezug hatten. Infolge der übernationalen Einheit der Römischen Kirche verbreitete sich die Heiligenverehrung ebenfalls einheitlich über das ganze Abendland. Die auf den Zunftfahnen darge­stellten Schutzpatrone galten also urbi et orbi. Derart ist auch im Komitat Veszprém die Zunftfahne der Radmacher mit dem Abbild der hl. Katharina, jene der Schuster mit jenem des hl. Crispin und Crispinian geschmückt, während die Zimmerer den Schutz des hl. Josephus, die Müller jenen des hl. Johannes von Nepomuk, die Maurer jenen des hl. Rochus, die Töpfer jenen des hl. Florian und schließlich die Weber je­nen des hl. Severus anrufen. Aber auch nationale Eigenart hat ein Wort mitzusprechen. So z. B. halten die ungarlän­dischen Stiefelmacher den heilig gesprochenen Prinzen Em­merich, aus dem Hause der Árpádén, die Tuchmacher den in Pannonién geborenen und später im franzözischen Tours zum Bischof geweihten hl. Martin für ihren Schutzpatron. Viele Zunftfahnen zeigen das Bildnis des Ungarnkönigs St. Stephan. Die für den Wehrbedarf arbeitenden Handwerks­zünfte in den Grenzburgen — Riemenschneider, oft aber auch Schwertfeger, Schmiede, Schlosser und Schumacher — ehrten den hl. Georg als Schutzpatron. Auf vielen Zunftfahnen ist nicht nur das Bildnis des ge­heiligten Schutzpatrons gemalt, sondern auch das Wappen des Handwerks. Im einzelnen zeigt das Wappenbild der Weber drei Webschiffchen, oder der Schneider eine offene Schere, der Kürschner einen von Löwen gehaltenen Herme­linpelz, der Stiefelmacher einen Stiefel, der Wagner ein Rad, ein gebogenes Schälmesser und ein Beil, der Müller ein Mühl­rad und ein Mühleisen, der Zimmerer einen Zirkel, eine Kreuzaxt, ein Rechtwinkelmaß und der Maurer Kelle und Hammer, der Töpfer einen auf einer Drehscheibe stehenden Krug usw. Die Herstellungskosten der Zunftfahnen waren in jedem Fall sehr hoch und die Zunftmitglieder hatten ein gutes Stück Geld beizusteuern. Aus diesem Grund gab es recht viele Orte, wo die Zunftmitglieder, besonders protestantischer Bekenntnisse, sich weigerten, zu diesem Zweck Zuschüsse zu leisten. Das Prozessionstragen der schweren Fahnen ebenso, wie ihre Kirchenobhut mußte ebenfalls bezahlt werden. Der Zunftfahnen aus dem Gebiet des Komitats Veszprém fehlte jede besondere historische oder kunstgewerbliche Be­deutung. Vom Gesichtspunkt des Bildungswesens und Gesell­schaftsgeschichte sind sie jedoch beachtenswert, weil sie ja charakteristische, farbige und gegenständlich wertvolle Denk­würdigkeiten sind aus einer Epoche erfüllt von religiöser Inbrunst und korporativen Zusammengehörigkeit der Be­rufsgenossen. //. Zunftlampen für Grabfahrten Wenn auch kein Zweifel darüber bestehen kann, daß der ursprüngliche Grund und Zweck zünftiger Organisation die Beschränkung des Wettbewerbs und die Monopolisierung des Marktes waren, so steht es doch fest, daß die ersten hand­werklichen Zusammenschlüsse auf religiöser Grundlage zu­stande gekommen waren. Daher ist es verständlich, daß be­reits die ältesten, aus dem Mittelalter stammenden Zunft­statuten die Vorschrift enthielten, daß die Zünfte ihre ver­storbenen Mitglieder und deren Familienangehörigen im Bei­sein aller Zunftgenossen nach Brauch und Sitte mit allen ge­bührenden Ehren zu beerdigen hatten. Dieser Brauch, bzw. diese Verpflichtung blieb bis in die letzten Phasen des Be­stehens der Zunftorganisation aufrecht. Die von den Zünften veranstalteten Grabfahrten waren immer feierlicher, als die alltäglichen, so daß im Falle des Ablebens wohlhabender Bürgersleute die Angehörigen recht oft eine Zunft um die Veranstaltung der Beerdigungsfeier baten. Derart entstanden an verschiedenen Orten eigene Brüderschaften, deren Mit­glieder sich berufsmäßig als Totengräber und Veranstalter von Beerdigungen befaßten, also als Vorfahren der späteren Beerdigungsunternehmen betrachtet werden können. Dieser Brauch von „zunftgemäßen Grabfahrten" war be­sonders in den Komitaten Zala und Veszprém weitverbreitet und blieb auch lange bestehen, wofür nicht nur volksmüd­liche Überlieferungen, sondern auch die bei solchen Beerdig­ungsfeiern gebräuchliche und erhalten gebliebene Zunftlam­pen zeugen. Viele Zünfte hatten auch ihre eigenen Totenbahren, auf denen der Sarg zu Grabe getragen wurde. Solche eigene To­tenbahren hatten z. B. die Zünfte von Peremarton, Berhida und Kiskovácsi, auf denen außer dem Namen der Zunft und der Jahreszahl 1846 auch durch den Volksmund überlieferte Traueraufschriften zu lesen sind. Die Zunftlampen gaben der Grabfahrt ein besonders feier­liches Gepräge und erhöhten den Glanz des Totengeleits. Gewöhnlich bestand eine Garnitur aus vier Lampen, zu­weilen aber auch nur aus zwei oder gar aus sechs. Die Länge der Lampen samt Schaft betrug 120 bis 150 cm. Sie waren ge­wöhnlich aus Kupfer geschmiedet in Form eines umgekehr­ten sechseckigen Pyramidenstumpfes. In der verglasten Lam­pe brannte eine Kerze. Über der Abschlußplatte aus gepreßtem Kupfer war noch eine Lampenzier u. zw. ein 10—12 cm hohes, aus Kupfer­platten silhouettenartig ausgeschnittenes kleines Zunftab­zeichen, darauf sehr selten eine Aufschrift mit Jahreszahl. Der größte Teil der erhalten gebliebenen 31 Garnituren sol­cher Lampen stammt aus der zweiten Hälfte des XIX. Jahr­hunderts. Später ging man dazu über, auch die fabriksmäßig hergestellten Totenlampen mit Zierat örtlicher Herkunft zu schmücken. Die meisten solchen aufgeschweißten Zierden waren Ab­bildungen des Zunftwappens, zumeist zwischen zwei Löwen, von einer Krone mit Kreuz überhöht, oder auch ohne diese, nur mit den Symbolen der Zunft : für die Wagner ein Wagen­rad (Szentkirályszabadja, Nagyvázsony), für die Töpfer 2 Tongefäße (Veszprém) oder ein Krug auf einer Drehscheibe (Leányfalu), für die Weber 3 Webschiffchen (Szentgál, Olasz­falu, Veszprém), für die Müller ein Mühlrad (Peremarton, Tüskevár), für die Mauer und Zimmerer Werkzeuge ihres Berufs (Zirc). Es gibt auch solche Lampenzier, die nur aus einem ein­fachen Kreuz besteht, evtl. darunter ein Täfelchen mit dem Namen der Zunft (Herend, Bánd). In die dritte Gruppe der Totenlampen gehören solche mit dem Landeswappen (Leányfalu). Sie stammen zumeist aus der Zeit nach Aufhebung des Zunftzwanges. Der Handwerk­stand blieb aber der Tradition treu und sie wurden bei den Beisetzungsfeiern mitgeführt (Olaszfalu, Bakonyszombat­hely). Die Lampenzier der Weberzunft von Szentgál ist ein Abbild des Ortswappens. Das Wappenbild zeigt den Jäger auf Hirschabschuß. Der Brauch, die Beisetzungsfeier „zunftmäßig" zu gestal­ten, blieb in dieser Gegend so weit verbreitet, daß auch nach Aufhebung des Zunftzwangs die verschiedensten Vereinigun­gen und Korporationen die Veranstaltung von Beisetzungs­feiern für ihre Mitglieder übernahmen und hierzu auch Zunft­lampen benutzten. Interessante Beispiele hierfür sind der Schützenverein von Nagyvázsony, oder die Landwirteverei­nigung, bzw. die Marienkongregation von Peremarton. Die mit Abzeichen versehenen Totenlampen dieser Vereinigungen sind genau jenen der vormaligen Zünfte nachgebildet. 181

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