A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 4. (Veszprém, 1965)
Papp Jenő: Helytörténet és természettudomány
Lokalgeschichte und Naturwissenschaft Die in Ungarn in Aufschwung gekommene Erforschung der Lokalgeschichte wurde zu einer solchen gesellschaftlichen Angelegenheit, mit der sich die zuständigen Organe beschäftigen müssen. Mit Lokalgeschichte befassen sich berufsmäßig in erster Linie die Museologen, Archivbeamten und Bibliothekare. Die Pädagogen hingegen sind es, die der lokalhistorischen Forschungsarbeit die gesellschaftliche Grundlage und Achtung sichern können. Die sich mit Lokalgeschichte beschäftigenden Amateure haben im allgemeinen einen solchen Arbeitskreis, der ihnen die Vertiefung in ihrem Lieblingsthema nur in der Freizeit gestattet. Im ungarischen wissenschaftlichen öffentlichen Leben herrschte lange Zeit die ungeschriebene Ansicht vor, daß ein Lokalhistoriker zum Forschungsobjekt nur ein sozial wissenschaftliches Thema wählen kann. Erst in den letzten Jahren beginnen die prinzipiellen Gesichtspunkte der Lokalgeschichte bekanntgebenden Publikationen diese Ansicht zu widerlegen. Die Widerlegungen erfolgten jedoch nicht mit genügender Entschiedenheit und enthalten von naturwissenschaftlichem Gesichtspunkt aus viel Unrichtiges. Deshalb erwies sich als notwendig das Verhältnis zwischen Lokalgeschichte und Naturwissenschaft im ungarischen wissenschaftlichen Leben ein wenig ausführlicher zu erörtern. Es muß nachdrücklich festgestellt werden, daß nicht die Sozial Wissenschaft allein, sondern auch die Naturwissenschaft als Gegenstand im Mittelpunkt einer lokalhistorischen Forschung stehen kann. Zufolge der fast unübersichtlichen Spezialisierung der Wissenschaften muß stets ein Teilthema ausgewählt werden, um eine zeitgemäße und erfolgreiche Arbeit verrichten zu können. Wie sich z. B. der Weinbau oder die Geschichte während der Türkenherrschaft einer oder mehrerer Ortschaften usw. studieren läßt, so können auch die Blütenpflanzen in der Gemarkung einer oder mehrerer Ortschaften, die Gestaltung der dort vorfindbaren Erdschichten, Gesteine, Fossile usw. zum Gegenstan dunserer Beobachtungen erwählt werden Vom allgemeinen Gesichtspunkt der Wissenschaft verrichten wir die gleiche wertvolle Arbeit, wenn wir uns entweder mit der naturwissenschaftlichen oder mit der sozialwissenschaftlichen Lokalgeschichte befassen. Wer zu einem naturwissenschaftlichen Lokalhistoriker wird, und mit welchem Thema er sich beschäftigt, entscheiden im allgemeinen zwei Faktoren : die Fachbildung des Betreffenden und seine individuelle Neigung. Aus dem verschiedenen Zusammenwirken dieser beiden Faktoren ergibt sich, daß der betreffende Forscher sich zur Lokalgeschichte entweder auf Grund seiner individuellen Neigung oder seiner Fachkenntnisse angezogen fühlt. Der wahre Lokalhistoriker besitzt eine entsprechende Fachbildung (1), erforscht eine der Terraingröße nach kleinere landschaftliche Einheit (2) und wohnt (als ungewöhnliche Vorbedingung) auf seinem Forschungsgebiet oder zumindest in dessen Nähe (3). Das „Wohnen an Ort und Stelle" ist deshalb von Wichtigkeit, weil er nur in diesem Falle mit einer Intensität von entsprechender Ausführlichkeit ob vom Gesichtspunkt des Geländes, oder der Witterung (Jahreszeiten usw.) arbeiten kann. Die Auswahl eines entsprechend großen Gebietes oder einer kleineren landschaftlichen Einheit soll auf „natürlichen" Grundlagen erfolgen (entgegen der sozialgeschichtlichen Lokalgeschichte, die meist an den Verwaltungsgrenzen festhält). Die Umgrenzung der kleineren landschaftlichen Einheit kann einerseits aus dem leblosen Material erfolgen, andererseits auf Grund der aus der Lebewelt während längerer oder kürzerer Zeit (im Laufe von Jahrtausenden oder Jahr millió nen) ausgebildeten und in unserer Zeit (hinsichtlich des menschlichen Zeitmaßes) für abgeschlossen zu betrachtenden Formationen. Umgrenzen wir unsere kleinere landschaftliche Einheit auf Grund der Formation des leblosen Materials, so haben wir die Grenze der kleineren landschaftlichen Einheit den Gesichtspunkten der Geologie, der physischen Geographie usw. entsprechend gewählt, wird aber das gleiche auf Grund der Formation der Lebewelt durchgeführt, so kommen wiederum die Gesichtspunkte der Botanik bzw. der Zoologie zur Geltung. Papp Jenő 327