Gopcsa Katalin (szerk.): Egry (Budapest, 2005)
beugt unter der Last der Armut, des Lebens und des Universums (Abb. 26). Aus dem Balatonraum stammen die Ackerbauern, die vom Wasser lebenden Fischer und die im See ihr Vieh kühlenden Hirten der Bilder Egrys. Sie entspringen dieser Erde, diesem Wasser, sie sind gleichartige mit SienaRot und Brauntönen gemalte Figuren, selbst der mit dem Hut auf dem Kopf in der sonnigen Landschaft dargestellte Maler (Abb. 32). Die Selbstbildnisse Egrys aus den zwanziger und dreißiger Jahren zeigen einen mit der Landschaft verschmolzenen Menschen. Früher folgten diese visuellen Tagebuchszenen getreulich der Entwicklung, dem Reifeprozess und der Menschwerdung des Jünglings und des jungen Mannes. Die ersten Falten aus der Jugend vermehren sich auf dem Gesicht des Malers. Ausweglosigkeit, Verzweiflung, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit führten zu solchen entscheidenden Selbstbildnissen wie dem Gemälde Ausrufer von 1929 (Abb. 34). Auf dem Bildnis, bei dem der Maler im Hafen neben seiner Staffelei den Betrachter ansieht, beobachtet er sich noch selbst. Auf den Selbstbildnissen, bei denen er in den Hügeln neben der Staffelei das Bild oder die Landschaft betrachtet und sich selbst als Teil der Landschaft malt, gibt er authentisch und wahrhaftig wieder, was er empfindet: „die Landschaft, die vor mir liegt und sich hinter mir fortsetzt". Egry malte immer, was er empfand und durchlebte. Inmitten der Schrecken des Krieges ist sein Blick gequält, es erscheinen Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit. Er sieht sich machtlos, hinter Gittern (Abb. 65). Die erschrockenen und gequälten Züge auf seinem Selbstbildnis von 1940 (Abb. 60) gehören einem Mann, der das andere Ufer beobachtet. Egry, der am Balaton sein Hauptmotiv und sich selbst fand, wird gewöhnlich in der ungarischen Malerei als der große einsame Künstler, als der Maler des Lichts verehrt. Seine malerischen Mittel entdeckte er in den zwanziger Jahren: Ol und Pastell, die Transparenz der dünnen Ölfarben und die Leichtigkeit der samtweichen Pastellflecken sowie leere oder weiß belassene Flecken, die eigentlich nur von den Meistern des Orients verwendet werden. All das zusammen ergibt eine Höchststufe der Verklärung. Die Identifizierung mit der Natur, die pantheistische Einheit von Mensch und Natur, der hymnische Ton und die Lyrik seiner Gemälde machen Egry zum größten ungarischen Lichtmaler. Wie der „Schamane einer Sonnenanbeter-Sekte" malt er in mythischer Verehrung die Sonne: als strahlende Lichtkugel, als Lichtquelle, die mit ihren Strahlen die Bildstruktur schafft, als immaterielle, strahlende Lichtbündel, verwandt der Sonnensymbolik der Expressionisten, als ein Licht mit transzendentem Sinn. Egrys Ars poetica steht für seine menschliche und malerische Größe: „Um Kunst zustande zu bringen, müssen wir das Gesehene bekannt, das Bekannte bewusst, das Bewusste zum Erlebnis und die Erlebnisse zum Erhabenen machen." Selbst beim Malen der einfachsten, alltäglichsten Dinge schuf Egry ein verklärtes Erlebnis, das die Begegnung mit der Kunst zu einem Fest werden ließ. Aus seinen Memoiren und Tagebuchaufzeichnungen wissen wir, dass er auch beim Betrachten der Meisterwerke in den Museen von Andacht ergriffen wurde. „Die Kunst ist ein Fest der Seele. Wenn ich male, kleide ich meine Seele in ein Festgewand. Mein Festkleid ist hell, rein und heiter. Wenn ich es anlege, trete ich damit in eine großartige Verbindung zum ewigen und einzigen Leben. Wer jedoch mit dem Leben, dem großen Leben in Verbindung tritt, der kann nicht anders als jauchzen und frohlocken, denn es bietet sich ihm das Wunder zu leben, den Morgen, den dunstigen Balaton, den Herbst und den Frühling zu schauen. Und er sieht, wie groß und unendlich die Güte des Lebens ist - sogar einen Regenbogen kann er erblicken."