K. Palágyi Sylvia szerk.: Balácai Közlemények 1994/3. (Veszprém, 1994)

Vorträge - WILLEMS, WILLEM J. H.: Die villa rustica von Voerendaal (NL) und die ländliche Besiedlung

WILLEM J. H. WILLEMS DIE VILLA RUSTICA VON VOERENDAAL (NL) UND DIE LÄNDLICHE BESIEDLUNG Die römische Besetzung der heutigen Niederlande hat im zweiten Jahrzehnt v. Chr. ange­fangen, als die ersten römischen Truppen in Nijmegen gelagert wurden. Anscheinend war anfangs das ganze Gebiet mehr oder weniger besetzt, aber 28 n. Chr. ging beim Aufstand der Friesen die Kontrolle über das Land nördlich des Rheins wieder verloren. Diese Situa­tion wurde im Jahre 47 konsolidiert. Der General Corbulo begann 47 mit einem Feldzug ge­gen die Friesen und Chauken, vom dem er aber auf direkten Befehl des Kaisers Claudius zu­rückgerufen wurde. Roms Interessen jenseits des Rheins wurden danach mehr auf diploma­tischem Wege vertreten und der Rhein wurde zur Reichsgrenze mit einem geschlossenen Grenzsystem: dem niedergermanischen Limes. Im Gebiet südlich des Rheins traten nach der Mitte des 1. Jahrhunderts schnelle Verände­rungen auf, mit weitreichenden Folgen für die Bewohner. Die Region war Teil des römi­schen Reiches geworden, wodurch sich ihre Struktur veränderte. 1 Das Heer baute Straßen und an wichtigen Punkten entstanden Städte. Um die wachsende Bevölkerung und das Mili­tär mit Nahrung versorgen zu können, entwickelte sich im Limeshinterland ein neuer Sied­lungstyp, die Villa rustica, dessen Bewohner nicht nur für den eigenen Bedarf produzierten, sondern vor allem für den Markt. Mit den modernsten Techniken ihrer Zeit erwirtschafteten sie einen möglichst großen Überschuß. Die Besitzer wurden immer reicher und konnten sich steinerne Häuser leisten. In manchen Fällen dürfte es sich bei ihnen um Immigranten gehan­delt haben. Die Siedlungskontinuität an vielen Plätzen zeigt jedoch, daß es meistens Einhei­mische gewesen sind. In den Niederlanden, wie auch anderswo, galt das Interesse der Archäologen früher vor allem der Villa selbst, ihren Gebäuden und der Architektur. Heute ist dies anders und es werden vor allem soziale und ökonomische Aspekte untersucht: wie funktionierte die Villa als Betrieb, welche Pflanzen wurden angebaut, und ähnliches. Daten hierüber finden sich selten im Hauptgebäude eines Gutshofes, in der Pars urbana, sondern gerade in der sie um­gebenden Pars rustica, wo die Produkte verarbeitet wurden. In der Bodendenkmalpflege ist es deswegen auch nötig, den gesetzlichen Schutz eines Villageländes nicht auf das Areal, in dem sich die Fundamente des Hauptgebäudes befin­den, zu beschränken, sondern ihn auch auf das umringende Terrain auszudehnen. Das ge­schah 1971 auch bei der Villa rustica von Voerendaal-Ten Hove, der größten auf niederlän­dischem Boden bekannten kaiserzeitlichen Villa (Abb. 1). Bereits Ende des vorigen Jahr­hunderts fanden dort unter Leitung des Maastrichter Archivars J. Habets Ausgrabungen statt. Im Winter 1892-1893 führte er eine Untersuchung durch, in deren Verlauf Teile eines kolossalen Gebäudekomplexes freigelegt wurden. 1929 folgte eine zweite kleine Ausgra­bung durch das Leidener Reichsmuseum für Altertümer und in den Jahren 1947-1950 eine dritte, von weit größerem Ausmaß, deren Ergebnisse 1953 von Braat publiziert worden sind. 2 Scheinbar war der große Villakomplex damit ausreichend erforscht. Die Fragen zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, mit denen die archäologische For­schung sich heutzutage befaßt, konnten diese älteren Ausgrabungen jedoch nicht beantwor­ten. Ganz sicherlich wäre es aber nicht zu einer neuen Untersuchung gekommen, hätte der niederländische Staatsrat etwas mehr Verständnis gezeigt für die Tatsache, daß das archäo­logische Erbe mehr als nur Steinfundamente umfaßt. Die Eigentümer fanden das unter

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