Gaál Attila (szerk.): A Wosinszky Mór Múzeum Évkönyve 22. (Szekszárd, 2000)

V. Kápolnás Mária: Sajtgyártás Dőrypatlanon

Mária Viliminé Kápolnás Käseproduktion in Dőrypatlan Im Jahre 1882 gründete Stefánia Dőry auf ihrem 200 Joch grossen Gut einen Betrieb, in dem sie Käse herzustellen begann. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als es in Ungarn noch sehr wenig Unternehmer gab, die sich mit Milchproduktion und Milchverarbeitung beschäftigten. Auf wessen Rat, mit welchen Spezialisten fing Stefánia Dőry mit der Käseproduktion an? Was für wirtschaftliche, gesellschaftliche und familiäre Zustände beeinflussten die Entwicklung der Produktion in ihrem Betrieb? Wie konnte dieser Betrieb inerhalb einer kurzen Zeit einen landesweiten sogar internationalen Ruf erringen? Wie konnte der manufakturelle Kleinbetrieb sechs Jahrzehnte lang den kapitalkräftigen grossen Unternehmen standhalten? Das sind die Fragen, die die Abhandlung zu beantworten versucht. Das 200 Joch grosse Gut mit einem Viehbestand von 200 Kühen, das Stefánia Dőry von ihrem Vater erbte, galt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als relativ klein. Es konnte kaum mehr den von der Gesellschaft erwarteten, hohen Lebenstandard einer adeligen Familie sichern. Um die Einkommen zu steigern, kam Stefánia Dőry auf die Idee einen Industriebetrieb auf ihrem Gut zu gründen. Warum entschied sie sich gerade für eine Käserei? Wahrcheinlich deshalb, weil sie die auf ihrem Gut produzierte Milch als Rohmilch nicht verkaufen konnte: Die Eisenbahnlinie lag von ihrem Grundbesitz weit entfernt und der nahegelegene Komitatsitz, Szekszárd wurde von den Gehöften versorgt. In den ersten zwei Jahrzehnten nach der Gründung wurde im Betrieb auschliesslich nur die auf dem eigenen Gut gemoltkene Milch verarbeitet. Trotz der niedrigen Produktion verdoppelte Stefánia Dőry den nöglichen Verkausspreis, das heisst, wenn alle Kosten abgezogen waren, konnte die zu Käse verarbeitete Milch zum doppelten Preis verkauft werden. Auf die weitere Entwicklung des Betriebs nahm die allgemeine finanzielle Situation der Familie einen grossen Einfluss, die sich nach dem Tod von Stefánia Dőry wesentlich verschlechtert hatte. Die verschwenderische Lebensweise von ihrem Erbe verzehrte beinahe das ganze Familienvermögen, so fehlten natürlich auch die nötigen finanziellen Mittel für die Investitionen des Betriebs. Erst in den Jahren ab 1910 fand eine Modernisierung unter der Führung von István Madarász und Dezső Rudnyánszky im Unternehmen statt, dann wandelte sich der manufakturelle Kleinbetrieb in eine moderne Käsefabrik um, in der nicht mehr nur die eigene Milch sondern auch von anderen zugekaufte Milch verarbeitet wurde. Der erste Weltkrieg und der frühe Tod von Dezső Rudnyánszky erschütterten die Lage des Betriebs. Ein paar Jahre nach dem Krieg konnte sich jedoch der Betrieb dank seinem Leiter Ferenc Paulay der neuen wirtschaflichen Lage und der technischen Herausforderung anpassen. Zwischen den zwei Weltkriegen wurde zwar auch in anderen Firmen im Komitat Tolna halbhalter Käse hergestellt, der Betrieb in Dőrypatlan konnte aber trotz der steigenden Konkurrenz seinen Marktanteil verteidigen. Während der grossen Wirtschaftskriese machte der Betrieb pleite, da es am Umlaufkapital fehlte, um die Schwierigheiten überwinden zu können. Wegen unbezahlter Schulden wurde zwischen Frau Dezső Rudnyánszky und Frigyes Dőry ein Vertrag über die Betriebsübergabe abgeschlossen. Man gründete eine Gmbh., die von 1932 unter dem Namen Frigyes Dőry und Co. die Produktion fortsetzte. Der neue Besitzer war eine berühmte öffentliche Person, gleichzeitig bekannter Rinderzüchter. Er investierte viel Geld in die Firma, hatte neue Ideen, dabei wurden aber das alte Profil und die alten Spezialisten immer mehr in den Hintergrund gedrückt. Ferenc Paulay, der erfolgreiche Betriebsleiter verliess die Firma und sein Nachfolger Sándor Gombkötő, der frühere Verwalter des Landgutes in Paradicsompuszta, verfügte nicht über die nötigen Fachkenntnisse in der Käseproduktion. Dies besiegelte das Schicksal des Betriebs. Im Jahre 1936 wurde die Käserei stillgelegt. Das Unternehmen von Stefánia Dőry ist ganz eigenartig in der Industriegeschichte des Komitats Tolna. Bis zur Jahrhundertwende war das der einzige lebensfähige Milchbetrieb im Komitat Tolna, der eine internationale Anerkennung und die Bewunderung der Zeitgenossen und der Geschäftspartnern erregen konnte. 365

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