Vadas Ferenc (szerk.): A Wosinszky Mór Múzeum Évkönyve 15. (Szekszárd, 1990)

Handelsbeziehungen - Csanád Bálint: Gedanken über den Handel und „Handel” im 7. Jh. in den osteuropäischen Steppen

zu rekonstruieren, aber z. B. im Fall von Fragen der Ethnogenese und der sozialen Struktur kann sie doch nicht einen alle Probleme lösenden Schlüssel darstellen. Als Beispiel zum vorigen sei es mir erlaubt, kurz auf die vielfältigen archäologi­schen und historischen Problemkreise der awarischen Herkunft und der Abstam­mung der landnehmenden Ungarn hinzuweisen, wo, trotz erheblicher Bemühun­gen, die historische Interpretation archäologischer Erscheinungen nicht eindeutig ist. Bezüglich der Aussagekraft der archäologischen Funde in der Untersuchung der Sozialstrukturen erwähne ich hier das Problem, daß ein an Beigaben reiches Grab nicht unbedingt immer einem vornehmen Mensch der Gesellschaft gehört haben dürfte. Und als Beispiel sei hier die Frage erwähnt, die ich bei weitem nicht als erster stelle: warum kennen wir aus der Spätawarenzeit unter den bisher freige­legten mehreren tausenden Bestattungen keine Fürstengräber, was nicht der Fall in der früheren und mittleren Awaren- und der ungarischen Landnahmezeit ist? Mit ihren Angaben und Interpretationsmöglichkeiten kann die Archäologie Vieles und etwas bisher Ungewöhnliches aus der Geschichte beleuchten, aber der jeweilige Zusammenhang mit konkreten historischen Erscheinungen bzw. Ereig­nissen bleibt oft fraglich und unsicher. Als Beispiele bringen wir nun zwei Proble­me zur Sprache, die mit dem Thema unserer Tagung verbunden sind. Zuerst er­wähne ich einige Fundobjekte, die oft mit der Seidenstraße in Zusammenhang ge­bracht worden sind, dann verweise ich auf den Handel Chasariens. Seit einigen Jahren ist eine herrvorragende Analogie des früher als hunnen­zeitlich bezeichneten, in Wahrheit aus dem 6. Jh. stammenden Fund von Borovoe in Westsibirien aus Kerim-loo, Südkorea, aus demselben Jahrhundert bekannt. 3 Noch weiter voneinander entfernt kamen die goldenen Halsreifen aus Glodosy, aus einem Grab aus dem Jahr 608 der Chinesischen Provinz Shansi, ans Tages­licht. Der erste wurde bislang als byzantinisch bestimmt (was sonst anderes hätte im Dnepr-Gebiet in Frage kommen können?!). Der letzte ist neulich als sassani­disches Importstück bezeichnet worden. 4 Die meisten Spezialisten denken zur Erklärung dieser Analogien zwischen zwei voneinander so entfernten Gebieten, an den Handel und sie tun es zum Teil nicht zu unrecht. Auf der anderen Seite müßte man aber versuchen, die Sache ein bißchen nuancierter zu betrachten: es ist erwiesen, daß über die Seidenstraße mittelasiatische Waren in den Fernen Osten gelangten. Solange aber die Typochronologie dieser Funde unbearbeitet bleibt, kann die Grundfrage nicht erörtert werden: welche Objekte echte Importstücke und welche Lokalprodukte sind? Wir müssen eigentlich damit rech­nen, daß die Handelstätigkeit auch eine Mode in der Tracht, in der Waffenherstel­lung usw. verbreitete, die natürlich eine Ausprägung im lokalen Handwerk gefun­den haben sollte. Die Untersuchung dieses Problems gehört zu den Aufgaben der Zukunft. Verlassen wir aber die geographisch weitliegenden Gabiete und sehen wir nun anhand eines Beispiels von Osteuropa, wie historische und archäologische Angaben sich in diesem Fall ergänzen, wenn man den Handel untersuchen möchte. Dieser Handel ist uns im Fall Chasariens dank einer großen Anzahl schriftlicher Quellen besonders gut bekannt. Die arabischen Geographen und die persischen Annalisten berichten uns sehr ausführlich von den Waren, die aus bzw. eingeführt worden sind, wie z.B. Sklaven, Pelze, Fischleim-bzw. Gewürze. 5 Die Archäologie kann einerseits die erwähnten und alle anderen Objekte, die aus orga­nischem Material hergestellt worden sind, in dieser Gegend Europas der Boden­12

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