Vadas Ferenc (szerk.): A Szekszárdi Béri Balogh Ádám Múzeum Évkönyve 13. (Szekszárd, 1986)

Rolf Hachmann: Fragen des frühen Neolithikums in östlichen Mittelmeerraum

daß es überhaupt nur durch eine falsche Klassifikation dieser Kultur zustande ge­kommen sei: Natufian sei eben gar kein Mesolithikum, sondern ein Präkerami­sches Neolithikum. Aber diese Folgerung stieße wieder auf neue Schwierigkeiten: Ist es erlaubt zu folgern, daß alle dem Natufian vergleichbaren Kulturen wie dieses und wie das Präkeramische Neolithikum vergleichbare Wirtschaftsformen besa­ßen? Sicher ist, daß man aus dem Bereich des Natufian, den Nutzpflanzenanbau kannte (UERPMANN 1979,63 ff.), wenngleich Tierzucht noch nicht sicher nach­gewiesen zu sein scheint, nach und nach auch dann in einen Bereich von Kulturen gelangt, in denen Nutzpflanzenanbau und Tierzucht fehlen und für das Wildbeu­tertum bezeichnend ist, wenn man im gleichen Zeitabschnitt bleibt, sich jedoch aus dem Bereich des Vorderen Orients fortbegibt. Es ist aber gut, wenn man das Problem der Berechtigung des Begriffs Neoli­thikum möglichst weitgehend außer Betracht läßt und sich dem des Präkerami­schen Neolithikums zuwendet. Dieses Problem war ursprünglich ein lokal ostme­diterranes. Es wuchs sich aber nach und nach zu einem europäisch-vorderasiati­schen aus. Überall entdeckte man Präkeramisches Neolithikum, vielmehr man meinte zumindest, es entdeckt zu haben. Heute scheint es, als ob das präkerami­sche Neolithikum eine Epoche sei, mit der in weiten Gebieten des nordwestlichen Teils der Alten Welt das Neolithikum beginne. Die alte These, mit dem Aufkom­men des polierten Beiles und dem der Keramikherstellung sei der Beginn produ­zierender Arbeitsweise verknüpft, scheint preisgegeben zu sein. Einige neuere Darstellungen scheinen das zu beweisen. Nicht gleichartig, aber doch sehr ähnlich wie im Vorderen Orient scheint sich beispielsweise das Problem im süddeutschen Alpenvorland darzustellen. Im Jah­re 1974 stellte Georg Kossack fest, dort müsse es während der ersten Hälfte des 5. vorchristlichen Jahrtausends noch spätmesolithische Fischer-, Jäger- und Samm­lergruppen in dünner Streuung gegeben haben (KOSSACK u. SCHMEIDL 1974/ 75, 7 ff.). Gleichzeitig hätten die ersten Ackerbauer zu wirtschaften begonnen, noch ohne Kenntnis der Keramik und aller jener Kulturgüter, die für das älteste nachweisbare Neolithikum, die Linienbandkeramik, kennzeichnend sind. Ange­nommen, es gäbe diese ersten, vorlimenbandkeramischen Ackerbauer wirklich, wie sollte man sie dann archäologisch klassifizieren? Verträten sie ein Präkerami­sches Neolithikum? Es ist nicht meine Absicht, die Existenz solcher frühen Ackerbauer im Voral­pengebiet mit seinen für eine primitive Landwirtschaft nicht sonderlich günstigen ökologischen Bedingungen prinzipiell in Frage zu stellen. Es ist auch nicht primär mein Ziel, auf eine neue, „bessere" Klassifikation der frühen Ackerbaukulturen zu drängen. Ich will lediglich auf Schwierigkeiten einer jeglichen Klassifikation ver­weisen. Für manche Vor- und Frühgeschichtsforscher hat jedes Klassifikationssy­stem längst den ursprünglich damit verbundenen Sinn verloren und sich so in eine Serie von Namen ohne wesentliche Bedeutung verwandelt. Zu solchen Wissen­schaftlern rechne ich mich selbst auch. Andere aber hängen immer noch an dem ursprünglichen technologisch orientierten Sinn der Nomenklatur des Dreiperio­densystems oder - von Fall zu Fall - an einer mehr ökonomischen Orientierung. Das ergibt - insbesondere dann, wenn die benutzte Begrifflichkeit nicht näher be­schrieben wird oder überhaupt nicht näher durchdacht ist - eine große und ständig zunehmende Verwirrung in der Charakterisierung wichtiger kultureller Phäno­mene. 13

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