Telepy Katalin: Benczúr. (A Nyíregyházi Jósa András Múzeum kiadványai, 3. Nyíregyháza, 1963)
AUSZUG Die dem Freiheitskampfe folgenden Jahrzehnte bildeten in der Entwicklung der ungarischen Gesellschaft eine widerspruchsvolle, kampfreiche Periode. Der Ausgleich bedeutete den Abschluss eines Kompromisses mit dem Herrscherhause. Die zunehmende Entwicklung des wirtschaftlichen Lebens schien die bitteren Heimsuchungen des verlorenen Freiheitskampfes vergessen zu lassen. Nach dem Verlaufe von einigen Jahren Hess sich die Bourgoisie in grosszügige finanzielle Unternehmungen ein, der Bau der Hauptstadt ging vorwärts, ihre neuen Paläste, ihre öffentlichen Gabäude verkündeten mit lauter Prunkliebe den steigenden Wohlstand. Das Land bereitete sich auf das tausendjährige Jubileum der Landnahme vor. Dieser wirtschaftliche Aufschwung bedeutete auch die kraftvolle Entwicklung der bildenden Künste, in erster Linie der Baukunst, aber auch der monumentalen Bildhauerkunst und der Malerei. In diesen Jahrzehnten haben die Grössen unserer nationalen Malerei, von Munkácsy bis Szinyei, den Aufstieg der ungarischen Malkunst auf ein europäisches Niveau gesichert. An der Schaffung der besonders bevorzugten Kunstgattungen dieser Epoche, des dekorativen Porträts und der grossangelegten historischen Kompositionen, beteiligte sich Gyula Benczúr mit Werken von bleibendem Werte. Als Historienmaler bevorzugte er die repräsentativen festlichen Darstellungen. Seine gewaltigen Schöpfungen haben die ruhmreichen Epochen der ungarischen Geschichte wiedererwecken lassen. Der Abschied von László Hunyadi, die Gefangennahme von Franz Rákóczi IL, die Taufe von Vajk, die Rückeroberung der Festung Buda, die zwei Mathias-Kompositionen sind bedeutende Schöpfungen der ungarischen Historienmalerei. Diese seine Werke waren nicht nur hierzulande, sondern auch ausser den Grenzen des Landes wohl bekannt. Benczúr gehörte zu jener führenden Garde unserer Malerei des XIX. Jahrhunderts, welche den internationalen Rang der ungarischen Kunst sicherte. An der Münchener Akademie verbrachte er, vorerst als Hörer, später als Professor 13 Jahre und während dieser Zeit verinnerlichte sich, seine Kunst und wurde lyrisch und persönlich. Seine patriotischen Gefühle, seine glänzende Farbenbehandlung und seine Virtuosität in der Materialmalerei erhoben ihn auf einen solchen Grad der Kunst, wo wir nicht mehr von einem PilotyEpigonentum sprechen können. Seine bravourvolle Zeichenkunst, seine grosszügigen Kompositionen, seine kultivierten Farben sichern Benczúr eienen Rang zwischen den bedeutendsten Künstler der Epoche. Seine Porträtkunst ist von gleichem Werte wie seine Historienmalerei. Seine Porträts fanden allgemeine Anerkennung. Seine Popularität galt vielleicht in erster Reihe dieser Kunstgattung und von der bürgerlichen Klasse bis zum Herrscher wurde er der vielbeschäftigte Porträtmaler aller Schichten des offiziellen Ungarn. Das gefällig konzipierte Porträt entspricht ebenso einem Bedürfnis dieser Zeit wie die Reihe der sich vermehrenden, italienische Paläste nachahmenden pester Miethäuser. Unter den auf Bestellung verfertigten vielen Hunderten von Porträts sind jene die verinnerlichsten Werke, auf welchen er die Mitglieder seiner Familie verewigte. Das entzückende Bildnis seiner Schwester Etelka in weissem Kleid, die rührend ernsten Porträts seiner Eltern, die lebendigen warmtőnigen Darstellungen seiner vier Kinder, die poetischen Bildnisse seiner früh dahingeschiedenen ersten Frau, wie auch seiner zweiten Gattin, seine Selbstporträts zeugen alle von seiner vertieften menschendarstellenden Kunst. Der Künstler von grosser Arbeitsfähigkeit verfertigte mehrere Kompositionen religiösen Inhaltes. Auf seinen grossangelegten Werken mit kirchlichen Themen, wie das Altargemälde der St. Stefan-Basilika, oder die Anbetung der drei Könige in der evangelischen Kirche, können wir die Wirkung der grossen italienischen Meister Tiepolo und Veronese feststellen, jener Künstler, welche ausser Rubens von den europäischen Künstlern am stärksten auf die Kunst von Benczúr von Einfluss waren. Einige Skizzen entworfen für diese Kompositionen zeugen von der suchen den, experimentierenden Gewissenhaftigkeit, von der unermüdlichen Kombinationsfähigkeit, mit welcher der Künstler die wirkungsvollste, dem Inhalte nach die kompakteste Vorstellung des zu entstehenden Bildes bis zur endgültigen Lösung weiterentwickelte. 47