Sápi Vilmos szerk.: Vác története II. (Studia Comitatensia 14. Szentendre, 1983)

Der billige Arbeitskraftüberfluss kam der Entwicklung der Industrie gelegen. Die früher gegründeten Betriebe erhöhten die Zahl ihrer Arbeiter und die Produk­tion aufs drei-vierjache, einige Pester Aktiengesellschaften Hessen sogar ihre neuen Grossbetriebe in Vác ansiedeln. So z. B. die Erste Ungarische Strick- und Wirkwa­renfabrik A. G. eröffnete 1889 ihren Betrieb, in welchem die Zahl der Arbeiter bis 1910 von 250 auf 400 stieg (90% Frauen). Zu dieser Zeit entstand auch die Vácer Walzmühlen A. G. Die Ledermöbelfabrik begann die Produktion 1892, das Zinkwalz­werk 1895, dann 1906 die Schuhfabrik Kobrák, nach ihr die Messgerät- und Werk­zeugfabrik des István Hirman. Inzwischen entfaltete sich auch die typographische Industrie und es entstanden auch zwei kleinere chemische Betriebe (Waschpulver und Seifenfabrik). — Das kapitalistische Gründungsfieber berührte die Vácer Gross­industrie glückbringend. Hierzu gesellte sich auch noch das Sparkassengründungs­fieber, zumal die modernen Betriebe mittels örtlicher, Pester und ausländischer Kre­ditunternehmungen bzw. Aktiengesellschaften entstanden und funktionierten. — Der örtliche übermittelnde Grosshandel wurde in den Hintergrund gedrängt, da die neuen Eisenbahnlinien die Aufkaufsmöglichkeiten ablenkten bzw. teilten. Der Klein­handel beschränkte sich auch nur auf die Ansprüche der örtlichen Bewohner und der Umgebung. Die detaillierte Vorführung der örtlichen Arbeiterbewegung spiegelt treu die ausgebeutete Lage der industriellen, landwirtschaftlichen und Verkehrsarbeiter so­wie ihre Bestrebungen. — Auch die Gestaltung der Bevölkerung und der Anstieg ihrer Zahl über 19 000 ergänzt die dargestellten Verhältnisse und die Entwicklung. — Im Kulturwesen passte man sich auch der neuen Lage an und die Institutionen entwickelten sich weiter. Die römisch katholische Kirche rief zur Versorgung des Armen-, Kranken- und Waisenhauses Organisationen ins Leben. — Im Sinn des Un­terrichtsgesetzes von Eötvös (Gesetzartikel 35:1868) wurden in Vác erfolgreiche fi­nanzielle Anstrengungen getan, um durch den Bau neuer Schulen und Erweiterung der alten, den bisher 2—3—4 klassigen Volksunterricht auf 6 klassig zu entwickeln. Es gab auch drei Privatschulen von hohem Niveau. In Máriaudvar Hess der Gutsbe­sitzer eine Heidschule etablieren. Die Katholiken organisierten eine Bürgerschule für Mädchen, dann auch für Knaben, ihrem Beispiel folgten die Israeliten mit der Ein­richtung einer Knabenschle. Die orthodox-jüdische Glaubensgemeinschaft besass auch eine Talmud-Schule mit zahlreichen Schülern. Das Gymnasium der Piaristen wurde zuerst auf 5—6 klassig, dann auf 8 klassig erweitert. Es entstanden auch Ge­werbeschulen. Im Unterricht, in der Erziehung und in der technischen Ausbildung der Taubstummen wurde mittels Einführung immer neuerer (teilweise ausländischer) Methoden ein europäisches Niveau erreicht. Es gab auch eine Musikschule mit sie­ben Lehrfächern. Aus Vereinsgründung entstanden drei Kindergärten. — Die Grün­dung des Vácer Museum-Vereins, dann die Eröffnung des Museums und der Biblio­thek brachten eine neue Farbe in das kulturelle Leben der Stadt. Der Verein organi­sierte populärwissenschaftliche Vorträge und archäologische Forschungen. — Infol­gedessen, dass Vác eine Industriestadt geworden ist, wurden auch die Aufgaben der örtlichen Verwaltung vielfältiger. Auf Grund der Administrationsgesetze stabilisierte sich die Rechtsstellung von Vác als Stadtgemeinde mit dem Bürgermeister an der Spitze. Die Stadtvertretung bestand aus 60 gewählten Mitgliedern und 60 Virilisten (auf Grund des Vermögens). 1875 kam die Mehrheit der Virilisten noch aus den Reihen der Gutsbesitzer, seit 1890 war schon die Zahl der Kapitalisten vorwiegend. Die Ausschüsse teilten sich in Fachsektionen und bildeten sich um. Der Wirtschafts­ausschuss z. B. wandelte sich in den 1880-er Jahren in gesonderte industrielle, land­wirtschaftliche und Handelsfachsektionen um. — Die Stadtplanung meldete nach der Jahrhundertwende das Zustandekommen der Kanalisierung, der Elektrifizierung und der Wasserleitung. Zur Zeit der „Herbstrosen-Revolution" und der Räterepublik spielte Vác — auch durch die Nähe zu Budapest und durch seine reife Arbeiterbewegung — eine bedeu­tende Rolle. Am 31. Oktober 1918 schloss sich der Stadtrat, das örtliche Militär, die Bürgerschaft und die Arbeiterschaft einstimmig dem 21 Mitglieder zählenden Natio­nalrat an. Am 3. November entstand auch der Arbeiterrat mit 50 Mitgliedern und dann die Nationalgarde. Den Volksrat ernannte der Obergespan-Regierungskommi­sar, die Hälfte der Mitglieder waren Arbeiter. Die Kommunisten betätigten sich ak­tiv und im Frühling 1919 war der Kampf zwischen der Reaktion und den Kräften der Linksgesinnten schon offen im Gang. Es gelang den Linksgerichteten zu erreichen, 616

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