Sápi Vilmos szerk.: Vác története II. (Studia Comitatensia 14. Szentendre, 1983)
auch Mitglieder des Stadtrates). Sie konnten auch mit ihren Pester Gewerbegenossen konkurrieren. — Ausser den zahlreichen Schneidern, Knopf- und Hutmachern ragen die „flanérosok" (Meterwarenhändler) hervor, die als Marktware bäuerliche Gewänder anfertigten. Von ihnen bestellten auch die Pester Kaufleute die Futterware, und ihr Flanell war in Ipolyság, Balassagyarmat und Losonc ebenso begehrt wie im Kreis der Händler und Schneider der nördlichen Komitate. — Die Grossindustrie drängte die Zünfte immer mehr in den Hintergrund. — Neben den Messen und Märkten von Vác war der Transithandel bedeutend. Das aus den nördlichen Komitaten hergebrachte Obst wurde von den wiener Kaufleuten bzw. von den Vácer Marktfrauen aufgekauft und per Schiff nach Wien, bzw. nach Pest geliefert. — Infolge der billigen Lieferung über Wasser entstand als neuer Handelszweig der HolzBrett- und Bauholzhandel mit grossen Holzdepots. — Den örtlichen Donauhafen vernachlässigte der Rat, das „Waitzen" (Vác auf deutsch) genannte Schleppschiff Hess die Donaudampfschiffahrtsgesellschaft 1853 bauen. Die Eisenbahn wurde bis Pest zweigleisig ausgebaut, was auch für die regelmässig in die Stadt fahrenden Arbeiter vorteilhaft war. Bei Párkánynána wurde die Eisenbahn an die wiener Linie angeschlossen und so eröffnete sich 1850 auch die Vác—Újpest—Esztergom Linie. Zwischen 1850 und 1861 wuchs die Bevölkerung von Vác von 10 562 auf 15 868. Von den 131 Städten Ungarns stand Vác auf dem 37. Platz. Nahezu 17% seiner Bewohner lebte von Industrie und Handel, die Zahl der Dienstboten (verschiedene Diener: Geschäftsdiener und auch Amtsdiener!) betrug beinahe 12%. Bedeutende Änderungen traten im Leben der Kirchen ein. Der 1851 ernannte Bischof Roskoványi bestärkte die kirchliche und politische Disziplin seiner Priesterschaft. Er hob die Ausbildungszeit der Priester auf vier Jahre an und modernisierte die Leistungs- und Kontrollmethode der Dechanate. Den Nachwuchs der 1848 „rebellischen" Piaristen hat Innenminister Bach verboten, Fürstprimas Szcitovszky Hess nach wiederholten Visitationen die Teilnehmer der Revolution 1848, bzw. diejenigen, welche an dem Aufruhr im Ordenshause beteiligt waren, aus dem Orden und aus dem Stift ausschliessen. Nachher erlangten die Piaristen wieder das Recht Novizen aufzunehmen. — Die evangelische Kirche brachte durch Reorganisierung, Anlehen, Unterstützung (von deutschen Protestanten) und Spendesammlungen ein Pfarrhaus und einen Gebetsaal (tagsüber Schule) zustande, später errichteten sie eine Lehrerwohnung mittels Hauskauf. Zwischen 1866 und 1868 erbauten sie ihre Kirche, nachdem die Zahl ihrer ungarisch, deutsch und slawisch sprechenden Gläubigen von 20 auf 500 wuchs. — Durch die Eingesiedelten wuchs auch die israelitische Glaubensgemeinde, welche ihre Kirchen- und Schulungsprobleme 1850 durch Hauskauf und Hauspachtung, 1864 durch Bau einer Synagoge löste. — In den Angelegenheiten der Schulen führte der Thunsche Entwurf (Organisierungsentwurf) verdeutschenden Geist ein, welcher Widerstand auslöste. Die Zentralisation strebte die bürokratische Typisierung der Schulen an, diese bekamen kaum materielle Unterstützung, deshalb konnte auch der Kindergarten erst 1866 eröffnet werden. Nur schwer gelang es den beiden Räten, die Einführung der selbständigen Mädchenklasse 1854, nach dreijähriger Anstrengung, durchzusetzen. Es gab auch zwei Privatschulen, welche die Kinder der Wohlhabenden besuchten. In der Schule für Lehrlinge, welche sonntags während 2 Stunden abgehalten wurde, unterrichtete man Zeichnen und Religion. In der Verwaltung strebte der Absolutismus eine Zentralisation an. Unter seiner dekretorischen Regierung wurden auch in Vác Ernennungen anstatt Wahlen eingeführt. In dem örtlichen Verwaltungsapparat fanden teilweise Umorganisierungen statt. Das Bürgermeisteramt trat vor den Wirkungskreis des Richters, das Notariat wurde gewissermassen in den Hintergrund gerückt. Der urbariale Prozess von Vác wurde abgeschlossen, durch die Vereinigung von Püspökvác und Káptalanvac hörte 1859 das Gepräge der Zwillingsstadt auf. Im Zeitalter des Dualismus nahm der Vorgang der Kapitalisierung einen neuen Aufschwung. Dies ist hauptsächlich in der Grossindustrie und in der Wirksamkeit der Kreditanstalten abmessbar. Auch die Arbeiterbewegung wurde bedeutend. — Die Landwirtschaft ist noch bis zum letzten Viertel des 19. Jahrhunderts von entscheidender Bedeutung. Mehr als 2/3 oder Bewohnerschaft lebte von der Landwirtschaft, obwohl der Anbaugrund von ziemlich geringer Grösse war. Neben dem Getreidebau und der Viehzucht waren der Rebenbau bzw. die Weinkultur die wichtigsten. Deshalb wurde die Bewohnerschaft tragisch durch die Philloxera-Epidemie berührt, weil bis 1885 von den 1647 Katastraljoch Reben 1090 Katastraljoch ausgestorben sind. Daraus erfolgte, dass das Angebot an Arbeitskräften stieg und die Löhne sanken.