Benedek Csaba – H. Bathó Edit – Gulyás Katalin – Horváth László – Kaposvári Gyöngyi szerk.: Tisicum - A Jász-Nagykun-Szolnok Megyei Múzeumok Évkönyve 14. (2004)

Zigeuner und Zigeunerin

Ehen werden selten geschlossen, im Falle der Mehrheit können wir über Lebensgefáhrdenbeziehungen oder s. g. Wildehen sprechen. Das entführte Mädchen zieht zu seinem Mann und integriert sich in dessen Familie. Durch die wegen der Endogamie fast unüberblickbaren Fäden der Familienverhältnisse stellt sich heraus, dass es neben der patrilinearen Entstammung auch die Matrilinearität und die Bilateralität lebende Traditionen sind. Die Sexualität ist für alle Gemeinschaften und alle Menschen ein innerliches, aber auch ein „gesell­schaftliches" Ereignis. Sie geschieht mit dem Wissen und Bewertung der Gemeinschaft, nach den Traditionen und Riten der Gemeinschaft. Das „sexuelle Ich" als Darsteller der Gemeinschaft muss durch das Netz der Symbole und Riten untersucht werden, was immer annimmt, dass sich der Forscher in der geprüften Gemeinschaft „auflösen" und damit identifizieren soll. Wenn er es versäumt, bekommen wir kein richtiges Bild über die Rollen. Wie in allen Zigeunergemeinschaften, auch in der von Szente­tornya halten die Männer neben der Matriarchat die Macht in den Händen. Neben den äußerlichen Erörterungen der Männerherrschaft - die charakteristisch und dominant ist ­können auch starke weibliche Auswirkungen beobachtet werden. Die äußerlichen Erörterungen werden als Körper­techniken des sexuellen Benehmens ausführlich vor­gestellt, diese sind von Kultur und Gemeinschaft abhän­gig. Das von außen sehr zügellose, instinktive sexuelle Benehmen wird von mehreren Tabus und Verhaltensnor­men beeinflusst. Natürlich reagieren die Zigeuner/Innen, wie in allem, offener und freier auf ihre Gefühle, sie geben ihren Instinkten Raum. Die Kinder konfrontieren früh den Erörterungen der Sexualität, die Engheit der Wohnum­gebung lässt ja sie alles sehen. Die Körperlichkeit und die körperliche Beziehung sind aber kein Gesprächsthema der Gemeinschaft. Es ist nicht üblich, offen auf das Gesch­lechtsleben Wert zu legen, die Paare schließen sich vor Anderen in der Gesellschaft von ihren gegenseitigen Gefühlen ab. Die verdrängte Erotik ist aber ständig anwe­send. Sie „vibriert" fast in der Luft. Einige unwillkürlich ausgesprochene Sätze oder Witze weisen auf die in den Menschen betätigenden Instinkte hin. Ihr sexuelles Benehmen und ihr Geschlechtsleben sind aufrichtig und ungeheuchelt. Es gibt wenige beschrän­kende Kräfte, die die Beziehungen beeinflussen. Hier müssen wir auf den auch in dieser Gemeinschaft bekann­ten Ausdruck „marhime" hinweisen, der Unsittlichkeit, etwas Unverschämtes bedeutet. Dieses beeinflusst stark das sexuelle Verhalten der Gemeinschaft. Die Akte sind schnell und heftig, sie werden von zierlichem Gestreichel und lange dauernder Liebelei nicht charakterisiert. Ihr Ziel ist nicht die Befriedigung der Frau, deswegen ist das sexuelle Leben der Frauen in vielen Ehen sauer. Aber wenn sie sich einen anderen suchen, werden sie bestraft. Heute gibt es keine gewaltsamen Strafen mehr, aber die Prügelei und die Verjagung sind immer noch bekannte Strafformen. Der heftige sexuelle Appetit der Frauen ist von der Gemeinschaft stark beurteilt, weil ihrer Meinung nach solche Frau ihr Blut nicht beherrschen kann und das Leben ihres Mannes auffrisst. („Xal о romesko trajo", „kurrelósoi, baszósoi" benannt.) Im vollen Bewusstsein ihrer Macht benehmen sich die Zigeuner nach ihrem Alter mit 12-13 Jahren in einer Beziehung. Ihre sexuellen Ausschweifungen sind nicht selten. Die eheliche Treue ist für sie gesetzlich keine Pflicht. Das ist eine lässliche Sünde, aber sie kann viel Staub aufwirbeln. Die Frau muss sie annehmen, denn sie ist eine „Zigeunersache" (romani butyi) Bei der Forschung im Kreis der Frauen gab es auch Schwierigkeiten. Es war nicht leicht, in der traditionell konservativen, geschlossenen Gemeinschaft nach intimen Themen zu fragen, wie Geschlechtsrollen, Pubertität, Sexualität und Kindergeburt. Es gelang doch, durch tiefere Gespräche auch im Kreis der Frauen der Gemeinschaft zu einer freundlichen Beziehung zu kommen. Die in der Gesellschaft erfüllte Rolle der Frau beginnt im Wesentlichen, wenn sie Menstruation hat und sie beendet, wenn sie sich nicht mehr um ihre Familie kümmern kann, also im späten Alter. Die sexuelle Rolle lebt doch viel kürzer, erst während der fruchtbaren Jahre, bis zum Aufhören der Menstruationen. Die Frauenrollen sind ohne Zweifel bestimmt. Sie haben drei wichtige Aufgaben: der Familie Lebensmittel sichern, den Mann bedienen, die Kinder gebären und erziehen. Die Zigeunerin bereitet sich von ihrer Kindheit an auf diese Rolle vor. Sie muss sich die sich auf sie beziehenden Regeln übernehmen und sich als Frau annehmen lassen. Sie kann eine gute Mutter werden, wenn sie „auf Zigeunerart" ihre Kinder erzieht, indem sie ihnen alles gibt, was sie wünschen. Neben den Herausforderungen des Lebens müssen sie ihre Makellosigkeit bewahren, um nicht verachtet zu werden und damit sich die Männer wegen ihrer nicht schämen müssen. Für ihr spätes Alter dürfen sie im Kreis ihrer Großfamilien ruhen, im Bewusstsein ihres Erachtens und in der schützenden Sicherheit der Anderen. Die auf unsere Fragen gegebenen Antworten der ungarischen Bewohnerschaft prüfend skizzierten sich die Absonderung der Gruppen „Wir, die Ungarn und sie, die Zigeuner", der Mangel an Kenntnissen der traditionellen Verhaltensnormen der Zigeuner, bzw. die Abschließung. Trotzdem kennen sie die Verhältnisse der Zigeunerge­meinschaft und ihre sexuellen und Geschlechtserör­terungen relativ gut. Diese Kenntnisse stammen aus den vom Zwangzusammenleben entstehenden Beziehungen der Nachbarnschaft, der Bekanntschaft und denen zwischen Lehrer-Schüler. Der Hintergrund der Verhal­tensformen, die Bewegungskräfte der Zigeunerge­meinschft sind für sie nicht bekannt, die Brauchelemente werden nicht in ihrem eigenen Gebiet geklärt und be­wertet, sondern dem Wertsystem der Ungarn nach inter­pretiert. Meiner Meinung nach ist das der Grund für die Ausstaltung des stereotypen Denkens. 300

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