Bencsik János szerk.: Hajdúsági Múzeum Évkönyve 2. (Hajdúböszörmény, 1975)

„Separata porta" — die eigenartige Rechtsstellung der Marktgemeinde Polgár

Miklós Nyakas „SEPARATA PORTA" — DIE EIGENARTIGE RECHTSSTELLUNG DER MARKTGEMEINDE POLGÁR Jüngsten Geschichtsforschungen zufolge hat die ehemalige Marktgemeinde (heute Grossgemeinde) Polgár an der Theiss einen abwechslungsreichen und bemerkens­werten historischen Weg zurückgelegt. In der Flur des historischen Polgár standen im Mittelalter mehrere blühende Dörfer, die aber teils infolge der Verödung im Mitte­lalter, teils durch die Türkenkriege vernichtet wurden. Seit den frühesten Zeiten ge­hörte dieses umfangreiche Gebiet dem Bistum und Domkapitel von Eger (Erlau) und wurde durch zielbewusste Besitzerwerbung aufgerundet bis es die ganze Flur des historischen Polgár umfasste. Zu Beginn des 17. Jh., während des zweiten Heiduckenaufstandes nahmen je­doch die Heiducken dieses mächtige Gut in Besitz, ja, der Besitz wurde ihnen sogar offiziell eingeräumt. Allen Anschein nach gab es hier auch Fronbauern, die die übli­chen Frondienste leisteten. Ursprünglich gehörte Polgár zum Komitat Szabolcs, doch schon im 16. Jh. hat sich diese Abhängigkeit gelockert, nicht zuletzt wegen der Interessen des Gutsbe­sitzers, des Erlauer Domkapitels. In der Heiduckenära hörte diese Abhängigkeit vollständig auf, denn die Heiduckenstädte haben sich vom Adelskomitat gänzlich emanzipiert. Die Schwächung der militärischen Stärke und die schwindende Rolle der Heidu­ckenstädte wahrnehmend strengte das Erlauer Kapitel Ende des 17. Jh. einen Prozess gegen Polgár an, den es gewann, wodurch die Heiduckenbevölkerung der Stadt unter die Oberhoheit des Gutsherrn gestellt wurde. Infolge des Freiheitskampfes, der unter der Führung des Fürsten Franz II. Rákóczi im Jahre 1703. ausbrach, konnte jedoch das Urteil nicht vollstreckt werden und die Einwohner von Polgár blieben auch weiterhin im Besitz ihrer früheren Rechte. Nach dem Friedensschluss von Szatmár (1711) nahm dann das Kapitel die Stadt im Jahre 1713 in Besitz, was unverzüglich zu schweren Komplikationen führte. Die Stadt, die nun unter der Oberhoheit ihres Gutsherren stand, gehörte nämlich in bezug auf die staatliche Besteuerung auch weiterhin zum Heiduckenbezirk. Die Leiter des Bezirkes erkannten deutlich, dass dieser Zustand von Dauer nicht sein kann und trachteten deshalb, einen möglichst grossen Teil der für den Bezirk festgesetzten Steuern auf Polgár abzuwälzen. Dies führte aber zu einer unverhältnismässigen Überlastung der Stadt. Die Interessen der Armee (Wahrung der Steuergrundlage des Heiduckenbezirkes) liessen auch das Ko­mitat Szabolcs seine Rechtsansprüche auf Polgár trotz einschlägigen Parlaments­beschlusses nicht geltend machen. Im Jahre 1717 sahen sich die Einwohner der Stadt durch die beispiellos schweren staatlichen Steuern und die gutsgerrliche Taxe zur Verlassung ihres Wohnsitzes gezwungen. Dies führte aber zu weiteren Komplikatio­nen, denn nun gab es ja in Polgár keine Steuerzahler mehr; der Heiduckenbezirk konnte die für Polgár festgesetzten Steuern nicht auf sich nehmen, das Komitat Szabolcs wollte vom entvölkerten Ort nichts mehr wissen. Erst der im Jahre 1723 konstituierte Statthalterrat, bzw. das ihm angehörende Landeskommissariat, ver­suchte das Problem zu lösen. Der Bezirk Debrecen strengte gleich zwei Lösungsmo­dalitäten an: Zum einen versuchte man die Heiducken zurückzusiedeln, zum ande­ren die neuen Wohnsrte der ehemaligen Polgárer ausfindig zu machen und die Steuern dort einzutreiben. Beide Versuche scheiterten, teils an den übertriebenen Forderungen des Gutsherren, teils am Widerstand der betreffenden Komitate. Mithin kam nur eine Lösungsweise in Betracht: Die Stadt musste neubevölkert werden. Im Ergebnis einer Siedlungsaktion des Erlauer Kapitels wurde Polgár bis 1727 wieder eine bewohnte Ortschaft. Die staatlichen Steuern wurden wesentlich ermässigt, blie­ben aber im Vergleich zur niedrigen Bevölkerungszahl noch immer so hoch, dass sie den Fortbestand der neuen Siedlung gefährdeten. Die staatlichen Steuern wurden unmittelbar an das Kriegszahlamt von Grosswardein (Nagyvárad) entrichtet (also nicht durch das Komitat Szabolcs) und so blieb die frühere Selbständigkeit des Or­tes gewahrt. Nach der Neubesiedlung wollte das Komitat Szabolcs die Stadt Polgár erneut einverleiben, lief aber damit nunmehr auch den Interessen des Erlauer Kapitels zuwider. Dieses wolte die Unabhängigkeit der „portae" (steuerliche Einheit) Polgárs 105

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