A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1992-1993 (Debrecen, 1994)
Néprajz - Vajda Mária: Gestenspache. Über den Gang als nonverbales Kommunikationsmittel
Mária Vajda GESTENSPRACHE. ÜBER DEN GANG ALS NON-VERBALES KOMMUNIKATIONSMITTEL Die Gesten sind Teile des kulturell geprägten Verhaltenrepertoires. Ihr Kennen und adäquate Anwendung im Alltag ist der Anwendung der Sprache ähnlich. Eingehend ist das Problem der Gesten von der ungarischen Etnographie nur im Zusammenhang mit dem Märchenerzählen und mit den Veränderungen der Volkstrachten erforscht worden. Die Eigentümlichkeiten einfacherer und komplizierterer Bewegungsformen in anderen Bereichen des Volkslebens sind unserer Ethnographie nur noch lückenhaft bekannt. Mit der Erörterung einer Geste, der Gangart die einen Bezug auf den ganzen Körper hat sowie, der Eigentümlichkeiten der Körperhaltung und der auf sie einwirkenden Eaktoren möchte uns vorliegender Aufsatz der Erkennung der Gestensprache näher bringen. Die Gangart wird von unzähligen Eaktoren geregelt. Den Geländeverhältnissen entsprechen auch bestimmte Bewegungsformen. Die Gangweisen — modifiziert auch durch zahlreiche Hilfsmittel, die zur Erleichterung des Gehens auf den verschiedensten Wegen dienen (Stock, Stelzbein, Eissporn, Schneereifen usw.) — weisen je nach Gegend unterschiedliche Eigentümlichkeiten auf. Auch für Vertreter von bestimmten Berufen (z.B. Kleinfischer, Kellner, Berufssoldat, Ballettänzer) sind eigentümliche Gangweisen charakteristisch und auch die Bewegung der Anhänger von bestimmten Sportarten (z.B. Wettgehen) wird durch Training eingeübte "ökonomische" Bewegungstechnik geprägt. Das heißt, die Ausübung eines Berufes für längere Zeit kann in einigen Fällen eine dauerhafte Veränderung in den zur Verfügung stehenden non-verbalen Kommunikationsmitteln verursachen und diese Veränderung kann als Zeichen des gegebenen Berufs betrachtet werden. Die Art und Weise des Lastentragens und der Schlepperei kann die Körperhaltung und die Gangart wesentlich beeinflussen. Das Tragen auf dem Kopf verlangt einen schönen rhythmischen Gang, das Bündelschlcppen auf dem Rücken macht dagegen eine gebückte Haltung. Die unterschiedliche Stellung in der gesellschaftlichen Hierarchie ist auch im Bereich des Verhaltens und der Bewcgungskultur wahrzunehmen. In der patriarchalischen Familie kam die Vorrangigkeit des Mannes auch dadurch zum Ausdruck, daß es sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts für junge Ehepaare nicht schickte, nebeneinander auf der Straße zu gehen, die Frauen hatten drei Schritte hinter ihren Männern zu gehen. Im Gang spiegelt sich einigermaßen auch ein Rollenspiel wider, das von der enterschiedlichen Stellung in der gesellschaftlichen Hierarchie, oft von vermeinten oder wirklichen gesellschaftlichen Erwartungen und von individuellen Neigungen und Eigenschaften geregelt ist. Die Gangweisen der einzelnen Altersstufen weisen auch klare Unterschiede auf. Auch das Schönheitsideal der gegebenen Gemeinschaft beeinflußte die Bewegung und die Körperhaltung des Einzelnen. Infolge der gesellschaftlichen Sozialisation strebten alle danach — entsprechend der Möglichkeit ihrer körperlichen Eigenschaften — den ungeschriebenen Erwartungen der Gemeinde zu entsprechen. Im Fall des Volkstracht Tragenden steht die Bewegung und wegen seiner Ausdrucks- und Betonungsabsicht besonders der Gang in einer engen Beziehung mit der Kleidung. Man bewegt sich in dem einfacheren, alltäglichen Kleid anders, als in dem Feiertagskleid. Auch das Schuhwerk hat eine starke 358