A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1979 (Debrecen, 1981)

Történelem - Székely György: Die Umwandlung des europäischen Siedlungsnetzes im 16–19. Jahrhundert und Ungarn

Elblag (1). Am anderen Ende der breiten Skala der Städteentwicklung und des städtischen Handels standen die polnischen Kleinstädte, deren Gebäude zumeist aus Holz waren, deren Bevölkerung sich nur auf einige hundert Personen belief und deren Handel nur an den Markttagen ein beachtenswertes Ausmaß annahm. Zwischen diesen beiden Extremen stand aber eine Reihe nicht zu verachtender Kleinstädte. Die relativ gleichmäßige Entwick­lung wurde von den Erschütterungen des 17. Jahrhunderts unterbrochen: Nur die größeren unter den Städten waren stark genug, die Bedrängungen durch die adeligen Konföderationen und die inneren Kämpfe niederzuhalten; so ging das Leben und Treiben in Gdansk, Poznan, Krakau, Warschau und Lwöw weiter, während die Entwicklung der kleineren Städte auf Hindernisse stieß. Trotz alldem blieb auch während des 17. Jahrhunderts der Außenhandel rege. Ein Zeichen hierfür ist, daß in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auf den Leipziger Messen die Waren aus dem polnischen Königreich 45% der im Stadtbuch festgehaltenen Geschäfte ausmachten. In der Reihenfolge der Städte gab es jedoch wieder einige Umstellungen. Nach den Erfassungen von S. Herbst gab es in Polen Anfang des 17. Jahrhunderts insgesamt 700 Städte, unter denen nur acht mehr als 10 000 Einwohner hatten: Krakau, Poznan, Lublin, Warschau, Gdansk, Torun, Elblag und Bydgoszcz. Die Einwohnerschaft von rund 100 Städten bewegte sich zwischen 2 000 und 10 000 Menschen. Unter diesen Städten stand Wilno Mitte des 17. Jahrhunderts auch schon als Großstadt da. Mit Anfang des 17. Jahrhunderts kann die Bevölkerungszahl von rund 400 Städten bei 1 000 und 2 000 Personen angesetzt werden. An die 100 Siedlungen galten als Städte, obschon sie kaum 1 000 Einwohner hatten. Unter den am weitesten entfernten Handels­städten stand Lwöw (dt.: Lemberg, im früheren Ungarisch auch mit dem Namen Ilyvó ge­bräuchlich) an der Spitze. Während des 16. Jahrhunderts waren in dieser Stadt auch Armenier tätig, und auch der moldauische Transithandcl schloß sich hier an: die Händler aus der Moldaugegend zogen über Lwow nach Litauen und Polen, ganz bis hin nach Poznan. So blieb in den Lwöwer Rechnungsbüchern auch das Quellenmaterial über die Moldau erhal­ten. Sobald sich aber der osmanische Einfluß im Nordgebiet des Schwarzen Meeres ausbrei­tete, wurde die Einengung des von Osten kommenden Transit handeis zu einem der Faktoren, die sich ungünstig auf die Lage der polnischen Städte auswirkten. 19 In einzelnen Ländern kam es zu unglaublichen Extremen dadurch, daß das Sied­lungsnetz sich in der Größenordnung so sehr auseinanderzog. Die Bevölkerungsdichte und Städteentwicklung in England war schon im 16/17. Jahrhundert nicht mehr proportionell. Nach Aussage der Tauf- und Bestattungsregister erlitt die Bevölkerungszahl in einigen Teilen des Landes, vornehmlich im Westen und im Norden, sowie in Kent einen Abfall, während in Mittel-England und in den Grafschaften um London herum ein konstantes Anwachsen zu verzeichnen war und London selbst rasch anwuchs. Im England der Tudors hatten sich das lokale Handwerk und der Handel noch nicht aufgelöst. Noch bildeten sie die Ausgleichsrolle zwischen Stadt und Land, die herkömmliche Verbindung, doch über ihnen begann sich der Markt einer neuen Nation zu entfalten. In diesem Markt verdrängte die Metropole die Städte der einzelnen Länder aus ihrer Rolle, die örtlichen Märkte zu versorgen und begann, das gesamte Land als ihre Provinz zu betrachten. Um sie beim 19 Wieslaw Müller: Structure administrative des dioceses catholiques latins en Pologne du XVI е au XVIII е siécle (Le Millénaire du catholicisme en Pologne. Lublin, 1969) S. 105; Stefan Kienie­wicz: (editor-in-chief): History of Poland (Warschau, 1968) S. 148, 152, 155—156, 177, 226, 258.; Witold Kula: Czynniki gospodarcze w polskim procesie dziejowym (Vortrag, Krakau, 24. Nov. 1966); Czeslaw Strzeszewski: The Catholic Church in Poland and socioeconomic Prob­lems (966—1918) (Le Millénaire...) S. 594—595,610, 613, 617, 622.; Henryk Samsonowicz: Die Bedeutung des Großhandels für die Entwicklung der polnischen Kultur bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts (Sonderdruck, Studia Históriáé Oeconomiae UAM Vol. 5 1970 Poznan, 1970) S. 82, 89,91,94.; Henryk Samsonowicz: Über die Fragen des Landhandels Polens mit Westeuropa im 15./16. Jahrhundert (Sonderdruck aus Neue Hansische Studien, 1970) S. 312—313, 315.; Granasztói, György: Becslés Sopron XVI — XVII. századi lélekszámára (Történelmi Szemle, 1970, 3. szám) S. 320.; H. Samsonowicz: Das polnische Bürgertum in der Renaissancezeit (La Renaissance et la Reformation en Pologne et en Hongrie 1450—1650 (Bp., 1963) S. 92.; Stanislaw Litak: La paroisse du XVI е au XVIII е siécle (Le Millénaire.,.) S. 112.; С. A. Macartney : Eastern Europe (The Renaissance 1493—1520; Edited by G. R. Potter. Cambridge, 1957) S. 385. 92

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