Valló István szerk.: Győri Szemle 3. évfolyam, 1932.
III. évfolyam. 4-6. szám. 1932. április-június - Dessoir Max: A lélekismerő Goethe
sein aus dem Ueberfluss des Unbewussten gespeist werde, aber er hat die schöpferische Kraft des Unbewussten niemals sexualisiert. Ja er hat sie nicht einmal rationalisiert. Ein sehr merkwürdiger Satz lautet: »Das Beste im Menschen ist formlos.« Mit dieser Anerkennung des formlos-Elementarischen in der Seele bekundet Goethe eine echt deutsche Auffassung. Am stärksten ausgeprägt ist diese Auffassung in dem Begriff des Dämonischen, der allerdings erst in späteren Jahren zum Mittelpunkt der Goetheschen Psychologie wurde. Das Dämonische im Menschen ist ein Uebermächtiges, dem er sich bewusstlos hingibt. Mit dem Daimonion des Sokrates ist es insofern verwandt, als auch das sokratische Daimonion da auftritt, wo der Mensch mit seiner Weisheit zuende ist. Aber in vielen anderen Zügen unterscheiden sich die beiden Begriffe. Denn das antike Daimonion ist in kleinen Fragen nicht viel mehr als Taktgefühl, in grossen Fragen wehrt es nur ab, empfiehlt nichts positiv. Für Goethe hingegen ist der Dämon eine durchaus tätige Kraft, »eine der moralischen Weltordnung, wo nicht entgegensetzte, doch sie durchkreuzende Macht«. Dämonische Menschen »üben eine unglaubliche Gewalt über alle Geschöpfe, ja sogar über die Elemente ... Alle vereinten sittlichen Kräfte vermögen nichts über sie«. Hiermit ist Grundzug eines seltenen, gefährlichen und doch bewundernswerten Charaktertyps angegeben. Goethe meint überhaupt, dass .aus einem solchen Kern, der aber auch Herrschergewalt, Erkenntnisdrang, Liebesbedürfnis sein kann, jedeLebensäusserung eines Menschen hervorgeht. Kennt man so die Leitlinie eines Charakters, sei es durch Intuition, sei es durch vielfache Erfahrung, so hat man den Schlüssel zu einem Charakter in der Hand. Denn ein Charakter ist nicht zu verstehen als eine mosaikartige Zusammenfassung von Einzelzügen, sondern als ein Wesenhaftes. Mit dieser Auffassung entfernt sich Goethe weit von dem Geist des 18. Jahrhunderts, der ein Geist der Analyse war. Wie die Menschnatur in sich gleichartig ist und doch aus sich eine Unzahl von Arten hervorbringt, so legt sich die Natur des Einzelnen in viele, scheinbar sogar widerspruchsvolle Eigenschaften auseinander. Auch in der Entwicklung während des Lebens erweist sich der Charakter als einheitlich. Von früher Jugend an sind die Linien vorgezeichnet. Jeder durchläuft seine Jahre »nach dem Gesetz, wonach er angetreten«. Immerhin gibt es Phasen der Entwicklung, die mit grosser Regelmässigkeit wiederkehren. So ist der Einzelne