Arrabona - Múzeumi közlemények 11. (Győr, 1969)
Domonkos O.: Wiederspiegelung der fortschrittlichen Bewegungen im Musterschatz der Blaufärberei
lig war. Die Zünfte versuchten die immer stärker fühlbar werdende Konkurrenz durch die denkbar ungünstigste Methode: Verbote und Einschränkungen — zu bekämpfen. Die Menge der Ware, die auf den Markt gebracht werden durfte, die Zahl der angestellten Lehrlinge und Gesellen wurden festgesetzt, die in Komission gegebenen Waren konfisziert. Damit erreichte die Färberzunft aber nicht anderes, als daß sich niemand aus den eigenen Reihen emporarbeiten, zum Besitzer einer Manufaktur oder gar eines größeren Betriebs werden konnte. Der Import ausländischer Waren wirkte sieht auf allen Sektoren des unentwickelten national-ungarischen Gewerbes nachteilig aus, war eines der größten Hindernisse auf dem Weg der Entwicklung des nationalen Gewerbes zur wirtschaftlichen Selbständigkeit. Eine nationale Bewegung kam auf: Im Parlament stand das Schutz-Zollsystem zur Debatte, es wurde ein Schutzverein zur Unterstützung des heimischen Gewerbes gegründet. Schließlich wurden die Forderungen des G'ewerbevereins und des Schutzvereins von weiten Kreisen der ungarischen Gewerbetreibenden — so auch von den Textilfärbern, die sich in einer sehr ungünstigen Lage befanden — erfolgreich unterstützt. Das nationale Interesse — ide Idee der wirtschaftlichen Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Landes — stimmten mit den individuellen Interessen überein, und man war sich darüber einig, daß die ausländische Konkurrenz eliminiert werden müsse. Auch die Handwerkermeister der Provinzstädte schlössen sich der Bewegung des Schutzvereins an, da sie sich von der Verwirklichung der hohen Ziele auch eine Besserung ihrer eigenen mißlichen Lage erhofften. An der Propagierung dieser Bewegung nahmen auch die Blaufärber teil. Sie stellten Modeartikel her, wie Taschentücher mit den Bildnissen von Kossuth, Bezerédy, Deák, Klauzál, den leitenden Persönlichkeiten der Bewegung. Die Blaufärbermeister von Debrecen machten um 1846/47 Kopftücher mit dem Wahlspruch: „Es lebe der König, die Freiheit, die Einigkeit, die National und Kossuth!" In zahlreichen Städten des Landes, in weit entfernt von einander gelegen Werkstätten waren Schablanen (Model?) mit dem einer oder anderen Teil der Parolen erhalten geblieben, so zum Beispiel in Sopron, Győr, Csorna, Pápa. Der weitverbreitetste Teil das patriotischen Wahlspruchs ist uns aus Miskolc, Győr, Kaposvár, Pápa und Kiskőrös bekannt. Landweit waren auch Kopf- und Tischtücher mit dem ungarischen Wappen zu sehen, die vornehmlich aus Werkstätten in Miskolc, Veszprém, Siklós, Székesfehérvár und Pápa stammen. Die Färberei von Sümeg brachte Taschentücher mit dem Bild der Kettenbrücke, der ersten festen Brücke des Landes, die Buda und Pest verband, in Umlauf. — Auch István Széchenyi zu Ehren, der der hervorragendste Wegbereiter und Förderer der ungarischen Wirtschaft war, wurden von den Győrer Blaufärbern Tücher mit seinem Bildnis und seinem Namen in Blaudruck erzeugt. Das immer stärker werdende nationale Selbstbewußtsein hatte bereits derart große Menschenmassen in Bewegung gesetzt, die Schutzzölle, Selbständigkeit und Unabhängigkeit forderten, daß diese Bewegung nicht mehr wirtschaftlicher Art war, sondern bereits einen stark ausgeprägten politischen Charakter trug. Es ist wohl nicht nötig darauf hinzuweisen, daß die ungarische Textilindustrie mit der Mode nicht Schritt halten konnte und auch Importwaren mit der Marke ,,honi" versehen als einheimisches Fabrikat verkaufte, wie wir es aus zahlreichen Beschwerdebriefen erfahren hatten. Da es aber am nötigen heimischen Kapital fehlte, um die ungarische Textilindustrie durch Gründung neuer Fabriken in Gang zu bringen, flaute der gewerbliche Aufschwung bereits nach zwei-drei Jahren wieder ab, bedauerlicherweis noch vor Ausbruch des Frefhetiskampfes. Nach Niederwerfung des Freiheitskampfes kam bei den Palócén — einer in Mittelungarn lebenden Volksgruppe — die „Trauertracht um Kossuth" in Mode, worunter eigentlich die Trauer um die „verbotene Freiheit" gemeint war. Diese blauleinernen Trauerkleider haben 3ich in manchen Dörfern bis auf den heutigen Tag als Trauertracht der Frauen erhalten. Nach dem Ausgleich im Jahre 1867 begann eine intensive Industrialisierung, und zwar vornehmlich in der Textilindustrie. Als um die Jahrhundertwende die Dampfmaschine aufkam, gelang es mehreren Blaufärbern ihre Werkstätten zu kleineren Fabriken auszubauen. Um so heftiger wurde aber Kampf mit der ausländischen Konkurrenz. Infolge des für Ungarn nachteiligen österreichisch-ungarischen Zollsystems begann zu Beginn des Jahrhunderts erneut eine konstitutionelle Bewegung. Auch diese hatte sich die Förderung der heimischen Industrialisierung und die Verdrängung österreichischer Handelswaren vom heimischen Markt zum Hauptziel gesetzt. Die Bewegung wurde unter dem Namen „Tulipánkert-Szövetség" (Tulpen197