Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis. – Alba Regia. Az István Király Múzeum Évkönyve. 20. 1980 – Szent István Király Múzeum közleményei: C sorozat (1983)

Tanulmányok – Abhandlungen - Bilkei Irén: Schulunterricht und Bildungswesen in der römischen Provinz Pannonien. p. 67–74. t. XXV–XXVI.

Möglichkeiten für Rechtsstudien gab es bekanntlich auch in der Provinzen (KUNKEL 1967, 346—353). In der Arbeit von W. Kunkel sind zwar aus Pannonién keine Anga­benjuristischer Beziehung angeführt, doch sin in Aquincum außer den erwähnten scholastici drei weitere Inschriften zum Vorschein gekommen, in denen Juristen erwähnt werden( 3 ) : Aur/elius/Eufimianus pragmaticus {CIL, III 10531), AurjeliusjClaudianus advocatus (CIL, III, 15158) und Sexftusl Lucanus N.. '. causidicus (Pető 1976, 216—217). Es kann kein Zufall sein, daß diese Inschriften aus der Provinzhauptstadt stammen. Das Rechtwesen mochte sich am ehesten in der Umgebung des Statthalters entwickelt haben, und auch für Rechtsunterricht war dieses Milieu am besten geeignet. Allerdings erfolgte dieser Unterricht nicht auf hohem Niveau und mochte gelegentlich auch privaten Charakters gewesen sein. Man denke bloß an die Formu­lierung scholasticus in família in der Inschrift von der Mar­garetheninsel. Es ist ferner wahrscheinlich, daß der ganze mittelstufige Unterricht in Pannonién die Aneignung juri­stischer Kenntnissen als Ziel hatte — zum Nachteil der grammatischen —, da diese notwendiger waren, weil sie die Grundkenntnisse zur Ausbildung des Verwaltungsapparates sicherten. Eine gründlichere literarische, philosophische und rheto­rische Bildung mußten die Söhne der munizipalen Aristo­kratie in anderen Provinzen oder gar in Rom erwerben. Lernfreudige Menschen strebten aus allen Donauprovinzen ; nach Rom dies beweist u. a. eine Inschrift aus Rom, worauf ein dort studierender Jüngling aus Dacien erwähnt wird (ILCV1AQ). Auch die beiden pannonischen Jünglinge, von denen wir eine höhere Schulbildung annehmen können, haben ihr Wissen wahrscheinlich in einer höheren Schule der Reichs­hauptstadt oder z. B. an der Universität von Burdigala, vielleicht auch in Dalmatien erworben. Auf einem Sarko­phag aus Brigetio wird die Schulbildung des Bestatteten mit den Worten omnibus studiis liberalibus eruditus angegeben (RIU, 557). Eine ähnliche Formulierung findet sich auch auf einer Inschrift aus Sirmium: studiis omnibus prédit us (CIL, III, 13354). Es sei immerhin bemerkt, daß dieser Ausdruck zur Be­zeichnung von Studenten auf Inschriften recht selten vor­kommt; in den C/L-Bänden habe ich nur zwei ähnliche gefunden: liberalibus studiis eruditus in Hispanien (CIL, II, 4465) und summarum artium liberalium litterarum studiis utriusque linguae per feet e eruditus in Mauretanien (CIL, VIII, 8500). Mit dem Begriff der artes liberales möchte ich mich hier nicht befassen; dies würde uns zu weit führen und ist vom Standpunkt des pannonischen Unterrichtswesens bedeutungslos. Auf den beiden pannonischen Inschriften bedeuten die Worte studia omnia bzw. studia liberalia wahrscheinlich nicht die artes liberales im klassischen Sinne, sondern nur einfach höhere Studien, die von den beiden Jünglingen gewiß nicht in unserer Provinz betrieben wurden. Im Donaugebiet gab es keine Hochschulen. Nach Ammianus Marcellinus (XXVIII 1,5) konnte man auch in Sopianae, dem spätrömischen Verwaltungszentrum, erst post medicore stúdium liberalium eine politische Laufbahn einschlagen. Es wäre allerdings verlockend, in der einzigen echten Großstadt Pannoniens, der Provinzhaupstadt Sirmium, wo sich auch Kaiser aufhielten, z. B. eine Rhetorenschule anzunehmen, doch wäre dies in Ermangelung von Beweisen bloß eine Hypothese. Am besten könnten wir Hochschulen in der bedeutenden Städten der frühzeitig romanisierten und von Italien unweit gelegenen dalmatinischen Küste vorstellen, mit der Ergän­zung, daß auch dort möglicherweise fremde Lehrer unter­richtet haben. An Hand einer Inschrift aus der Zeit des Antoninus Pius, namentlich aufgrund des Namens von Q. Publicius Aemilianus rhetor natione Afer kann dies mit Recht angenommen werden (CIL, III, 2127). Für Lehrer und Rhetoren fremder Herkunft gibt es freilich auch aus anderen Provinzen Beweise. Am berühm­testen ist ein griechischer Sprachlehrer, Freund des Plutar­chos, der in Britannien unterrichtete (MARROU, 1957, 429). Es gibt weder inschriftliche noch literarische Beweise dafür, daß hochqualifizierte Rhetoren oder Philosophen auch in der Städten Pannoniens doziert hätten. Die sog. Philosophenstatuen sind nur Darstellungstypen und haben mit der örtlichen Kultur nichts zu tun. So können wir unsere Ausführungen mit der Vermutung abschließen, daß die Menschen höherer Bildung ihr Wissen in irgendeiner Hochschule der lateinsprachigen Gebiete des Imperiums erworben haben. Wahrscheinlich wegen sprachlicher Unkenntnisse konnten die Jünglinge der Donaugegend die berühmten Kulturzentren der östlichen Reichshälfte, Athen oder Alexandrien, nicht aufsuchen. Die Kenntnis der lateinischen Sprache galt als ein aus­schlaggebender Faktor der Kultur Pannoniens. Welche Sprache hat die Urbevölkerung gesprochen, wie weit und bis zu welcher Tiefe hat sich die lateinische Sprache ver­breitet, welche andere Sprachen waren in der Provinz gebräuchlich? Für die keltische und illyrische Sprache der Urbevölkerung haben wir nur indirekte Beweise, da diese Sprachen kein Schrifttum besaßen. Ihre Personen- und Ortsnamen sind in lateinischer Sprache und Schrift erhalten geblieben. Rom betrieb übrigens keine bewußte sprachliche Expansions und war den Eingeborenen Sprachen gegenüber gleichgültig, doch ein gesellschaftlicher und materieller Aufstieg ließ sich nur mit Hilfe der lateinischen Sprache erzeichen. Am Vorabend der Eroberung wurde Latein durch die Geschäftsleute verbreitet. Der frühe Umlauf der kelti­schen Münzen mit lateinischer Inschrift sowie die bekannte Angabe des Velleius Paterculus über die Romanisierung der Pannonier — In omnibus autem Pannoniis non diseiplinae tantummodo, sed linguae quoque notifia Romanae, plerisque etiam litterarum usus et familiáris animorum erat exercitatio (II, HO, 5) — erweckten den Anschein, daß nach der Eroberung auch die sprachliche Romanisierung der Provinz unverzüglich vorangetreiben wurde (Alföldi 1936, 143).( e ) Zur Forschung der Kenntnisse der lateinischen Sprache der einheimischen Bevölkerung ist die neuere epigraphische (6) Das Velleius-Zitat wirft auch ein textkritisches Problem auf. In der jüngsten Literatur werden die letzen Worte des Zitats in der Fassung „... animorum erat exercitatio" gebracht. Neuerdings hat A. M ó с s y, The Civilized Pannonians of Velleius (Frère Festschrift, im Druck) überzeugende Argu­mente für die Textvariation „armorum" ins Treffen geführt, die übrigens auch in der älteren Fachliteratur als richtig galt, z. B. BUDINSZKY 1881, 178. Ich möchte auch an dieser Stelle Dank sagen, daß ich das Manuskript lesen durfte. 70

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