Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis. – Alba Regia. Az István Király Múzeum Évkönyve. 20. 1980 – Szent István Király Múzeum közleményei: C sorozat (1983)

Tanulmányok – Abhandlungen - Bilkei Irén: Schulunterricht und Bildungswesen in der römischen Provinz Pannonien. p. 67–74. t. XXV–XXVI.

(MÓCSY 1970, 212—234) und linguistische Analyse der Inschriften zu empfehlen. Allerdings sei hier die Tatsache nachdrücklich betont, daß sich die Schlußfolgerungen solcher Analysen nicht auf die Gesamtbevölkerung der Provinz, sondern lediglich auf jene Bevölkerungsschicht beziehen, die bis zur Stufe der Inschriftensetzung gelangt ist. Linguistische und statistische Untersuchungen von Inschriften durch J. Herman lassen erkennen, daß in Pannonién auch eine solche Schicht diese Stufe erreicht hatte, die Latein schlecht oder nur kaum beherrschte. Außerdem gab es eine Bevölkerungsschicht, die Latein mehr oder weniger als ihre Muttersprache beherrschte. Für die sprachlichen Kennt­nisse in Pannonién sind nämlich größtenteils nicht solche Fehler der Inschriften bezeichnend, die von der regel­mäßigen neolateinischen Lautentwicklung abweichen, viel­mehr sind in unseren Inschriften zahlreiche sprachliche Eigenheiten zu beobachten, die Merkmale und Konsequen­zen einer normalen Sprachentwicklung sind (Herman 1968, 364—376; Herman 1961, 321—331). Es wäre eine lohnende Aufgabe die Inschriftenanalysen voranzutreiben; vollständigkeitshalber möchte ich hier auf die Studien und die Ergebnisse von J. Herman ver­weisen (1971, 199—226). Im weiteren Verlauf suchen wir eine Antwort auf die Frage nach der Rolle, die die Schulen in der Verbreitung der latenischen Sprache gespielt haben mochten. Wie bereits er­wähnt, dürften in Pannonién nur wenige Menschen vom schulmäßigen Unterricht erfaßt gewesen sein. Auf Gallien ist uns ein begeisterter Lehrer bekannt, der mille for о dédit hic iuuenes, bis mille sénat us. .. (D. Magnus Ausonius, Commemoratio ad T. Victorem Minervium Oratorem 9—11) (MGH V/2, 55). Offenbar übertreibt Ausonius ganz gewaltig, denn nach einer anderen Angabe aus Gallien war die Universität von Burdigala durch eine Verordnung ver­pflichtet, über jeden ihrer Absolventen dem kaiserlichen Hof Bericht zu erstatten. Dies war aber wahrscheinlich nur dann möglich, wenn die Zahl der Studenten nicht zu groß war.( 7 ) Wenn nun im tief romanisierten Gallien die Dinge so lagen, können wir mit Gewißheit annehmen, daß die Schulen auch in Pannonién keine bedeutende Rolle in der Verbreitung der lateinischen Sprache gespielt haben dürften. In der Ver­breitung des Latein hatte vielmehr das Militär und die munizipale Aristokratie fremder Herkunft eine bedeutende Rolle (MÓCSY 1959,123—126). Sichere Angaben über andere, in Pannonién gesprochene Sprachen beschränken sich auf das Griechische. In bezug auf die Analyse der pannonischen griechischen Inschriften habe ich die Frage griechischer Sprachkenntnisse bereits erörtert (Bilkei 1979, 213—248). Die epigraphische und geschichtliche Analyse führte zur Schlußfolgerung, daß Griechisch als Gemeinsprache in Pannonién viel verbreite­ter war als man dies an Hand der Inschriften denken könn­te. Der zahlenmäßige Anteil der griechisch oder lateinisch Sprechenden der Provinzbevölkerung ist freilich unbekannt. Nach heutigen Begriffen gilt als Intellektueller, der an der gesellschaftlichen Arbeitsteilung sich geistig betätigt. In der römischen Gesellschaft können wir von keiner selbständigen Intellektuellenschicht sprechen. Die Ursache (7) Für die beiden letzteren Angaben bin ich J. Herman Dank schuldig. ist in der Struktur der antiken Gesellschaft zu suchen, namentlich darin, daß geistige Tätigkeit auf hoher Ebene sowie die Teilnahme am Unterricht hohen Grades ein Vor­recht der herrschenden Klasse war (ROSTOWZEFF 1930, 124 und 157); den unteren Gesellschaftsschichten blieben nur die praktischeren Formen der geistigen Arbeit übrig. Für die herrschende Klasse, der auch in Recht, Philosophie, Rhetorik und Literatur bewanderte Senatoren und Ritter angehörten, bedeutete nicht die geistige Arbeit den Lebens­unterhalt — dies war bloß eine „noble Passion", — die der Kategorie des otium angehörte. Die Personen jedoch, die ihren Lebensunterhalt durch geistige Arbeit bestritten, konnten nie in die geistige Elite der römischen Gesellschaft aufsteigen ; ihre Qualifikation konnte ihnen nur den materi­ellen Aufstieg sichern (ALFÖLDY 1975, 101). Diese Differenzierung der geistigen Arbeit kann auch in den römischen Rechtsquellen beobachtet werden. Nach klassischer römischer Anschauung ist jeder Arbeitsvertrag ein Mietvertrag (locatio-conductio), wofür Geld (merces) gebührt ; bezahlte Arbeit ist aber eines freien Römers nicht würdig, nur die in die Kategorie der artes liberales einge­stuften Tätigkeiten, z. B. die Philosophie (Visky 1977, 9), bilden eine Ausnahme. In der Rechtswissenschaft und im Unterrichtswesen ist dieser Unterschied ganz konkret zu beobachten. Der ludi magister und der pragmaticus hatten eine viel niedrigere gesellschaftliche Position wie als der grammaticus, der rhetor oder der Rechtswissenschaftler (Visky 1977, 31—38 und 70—72). Unter den ersteren gab es viele Sklaven und liberti, andere kamen aus den Reihen des städtischen Klein­bürgertums (ROSTOWZEFF 1930a, 156-157; ALFÖLDY 1975, 120). Besonders häufig waren Sklaven und liberti unter den Lehrern (Christes 1979). Nach diesem kurzen Überblick wollen wir in Kenntnis des Gesagten die geistigen Berufstätigen in Pannonién unter die Lupe nehmen. 1. Von der Lehrern und Juristen war schon weiter oben, im Zusammenhang mit dem schulmäßigen Unterricht, die Rede. Wir wollen nun die Abstammung dieser Personen etwas näher untersuchen: Der mutmaßliche magister ludi C. Cotonius Campanus war ohne jeden Zweifel ein Veteran aus Italien gegen Ende des 1. Jh. (MÓCSY 1959, 111/5). Nicht viel späteren Datums ist auch die Inschrift С Március С. f. Celer praeceptor Gr(aecus) eines griechischen Sprachlehrers gleichfalls nord­italischer Abstammung {Ibid., 156, 169). Nach der Inschrift des Studenten aus Sirmium dürften der im Sarkophag von Brigetio bestattete Student sowie die beiden scholastici aus Aquincum ebenfalls in der Severus­Zeit gelebt haben. P. Aelius Respectus hat einen durch­schnittlichen pannonischen Namen, doch der Name seines Vaters P. Aelius Trophimianus weist in Richtung Nordita­lien-Dalmatien (Barkóczi 1964, 322; MÓCSY 1959, 193). Ähnlich steht es auch um die Personen, die in der Inschrift des Sarkophags von Brigetio erwähnt werden (RIU, 557). Der Name des C. Iulius Candidianus ist schon typisch pannonisch, doch die Namen seines Vaters Iul(ius) Crescens und seiner Mutter Caec(ilia) Marcellina deuten norditalie­nisch-dalmatinische Abstammung an (Barkóczi 1964). Ebenfalls norditalienischer Herkunft sind die Namen des L. Septimius Fuscus und des Vaters L. Septimius Fuscinus 71

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