Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Gabriella Schubert: Ungarische und türkische Vorbilder in den Wohnkulturen der Balkanvölker

Abb. 7.: szoba. Diagonales Einrichtungsprinzip a) Heizkörper, b) Eckbank, c) Tisch, d) Bett, e) Truhe, Schublade, Schrank, f) Stuhl, g) Liege Abb. 8.: szoba. Paralleles Einrichtungsprinzip Küche, a) Ofen, b) Gerade Sitzbank, c) Tisch, d) Bett, e) Truhe, Schublade, Schrank, f) Stuhl Das diagonale Einrichtungsprinzip teilte, wie man sieht, die ungarische Bauernstube in verschiedene Funktions­bereiche auf, ja mehr noch: es differenzierte hierarchische Verhältnisse innerhalb der Großfamilie. Im letzten Jahr­hundert wurde es in einigen Gegenden durch das parallele Prinzip ersetzt (vgl. Abb. 8.)(28). Von Ungarn aus drang szoba und die damit verbundene Wohnzimmerkultur weiter nach Südosten. Bei allen Nach­barn der Ungarn im pannonischen Raum: in Slowenien, Nordkroatien, Nordserbien und Siebenbürgen, und im Banat, bezeichnet die jeweilige Vertretung von ung. szoba (skr., slow, soba, rum. sobä) ein ähnlich gestaltetes, wenn auch in Details modifiziertes und mit Elementen der Nationalkulturen angereichertes Wohnzimmer. Dies gilt sogar für die Banater Bulgaren, die bis 1920 unter der Staatshoheit Österreich-Ungarns lebten und juznoungarski bülgari genannt werden bzw. sich selbst als pavlikjani bezeichnen und im heutigen Rumänien, in Siebenbürgen, in größeren Gruppen in Besenov und Vinga siedeln. Auch ihr Haus besteht gewöhnlich aus den uns bekannten drei Teilen: hier werden sie guléma soba, prust und kitér bzw. sóbce bezeichnet. Der vor dem Haus befindliche Flur heißt hingegen pustréja (vgl. Abb. 9.). In dem Wohnzimmer dieses Hauses findet sich ebenfalls das von der ungari­schen Bauernstube her vertraute „Paradebett“ mit hoch­getürmten Kissen (vgl. Abb. 12). Ung. szoba ist indessen auch außerhalb des pannonischen Raumes bekannt. Überall in Jugoslawien, in Rumänien, in Bulgarien und in Nordalbanien. Im Albanischen ist sobë in der Bedeutung „Zimmer“ bereits 1635 belegt, und F. N o p c s a, der intime Kenner der albanischen Volkskultur berichtet, daß sobë in der Bedeutung „Zim­mer“ bis in unser Jahrhundert hinein unter der Stadtbe­völkerung Nordalbaniens verbreitet war.(29) In Jugosla­wien und Rumänien wurde ung. szoba und die mit dieser Bezeichnung verbundene Wohnkultur relativ spät ent­­lehnt(30) (allgemein verbreitet erst im letzten Jahrhundert), doch müssen die privilegierten Schichten der Balkanvölker bereits im 15./16. Jahrhundert mit dieser spezifischen Wohnkultur vertraut gewesen sein. Eine frühe Quelle für den Gebrauch von sobë findet sich im Albanischen: B 1 a n c h i u s erwähnt es im Jahre 1635; und es deutet einiges darauf hin, daß J o k 1 s Meinung zutrifft, nach welcher sich ung. szoba nach dem Balkan gemeinsam mit dem ungarischen Stadtbegriff város, im Zusammenhang mit dem mittelalterlichen Städtewesen in Südosteuropa, in dem die Ungarn eine beträchtliche Rolle spielten(31), ver­breitet hat. Im Serbokroatischen ist soba das allgemein gebräuchliche literatursprachliche Wort zur Bezeichnung des Zimmers, und das ungarische Lehnwort hat hier den ursprünglichen einheimischen Zimmernamen kuca ver­drängt (heute bedeutet kuca nur noch „Haus“). Hier finden wir in den pannonischen Regionen im 19. Jahr­hundert ähnliche Häuser und ähnliche Gestaltung des Wohnzimmers wie bei den Ungarn. 1946 beschreibt der russische Ethnologe Tokarev z. B. die kroatischen Bauernhäuser wie folgt: We find here a whole series of elements and conditions entirely unknown to Serbs and Bulgars: buildings made of adzed roof, two sided thatch roof, Russian type of stove (petschka) instead of a fireplace (tzaki), „good corner“ facing it etc. Similar phenomena exist in Slo­(28) Csilléry, Ungarische Bauernmöbel 20. (29) Nopcsa 48. (30) Vgl. Megás 72, Kadic 28, ferner Tamás 701. (31) Vgl. hierzu u. a. auch Schubert 1983, 102, ferner Grothusen, Klaus-Detlef: Zum Stadtbegriff in Südosteuropa. In: Zeitschrift für Balkanologie XIII (1977), 65—81. 46

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