Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Gabriella Schubert: Ungarische und türkische Vorbilder in den Wohnkulturen der Balkanvölker

Abb. 5.: Kachelofen (szemes kályha), Lehmofen (búbos kemence), Kaminofen (kandalló) Beim Eintritt in das Zimmer fiel zunächst der Blick auf den mächtigen Heizkörper in einer Ecke, sei es ein Kachel­ofen, Lehmofen oder ein Kaminofen. Dieser wurde, wie bereits beschrieben, von der Küche aus beheizt. Schräg gegenüber dem Ofen befand sich die Sitzecke zwischen zwei Fenstern. Diese galt als der feierlichste Bereich der Stube, zu dem Fremde nur auf Einladung Zutritt hatten. Hier befand sich der Platz des Hausherrn, an dessen rech­ter Seite, der alten Sitte gemäß, der älteste Sohn oder ein besonders geachteter Gast zu sitzen pflegte; an seiner Linken saß die Hausfrau. In manchen Gegenden indessen, so z. B. im westungarischen Göcsej und bei den nordun­garischen Palócén, durften sich die Frauen nicht an den Tisch setzen, sondern mußten neben dem Tisch stehen bleiben. Auch Kinder hatten sich außerhalb dieser Ecke aufzuhalten. Hier durften auch keine schmutzigen Ar­beiten verrichtet werden, denn dies war die „heilige Ecke“ (szent sarok) der Familie; Schauplatz verschiedener Feierlichkeiten, Familienbräuche und mythischer Hand­lungen (vgl. Taf. I.: 1). Oft mauerten Familien hier beim Bau ihres Hauses Bauopfer in das Fundament in Form von Münzen, Eiern, einer Flasche Wein u. ä. ein.(26) An der Wand hinter dem Tisch befanden sich religiöse Bilder und ein Wandschränkchen, das ebenfalls als „Hausaltar“, als „Marienhaus“ eingerichtet war und verschiedene Statuen und Andenken, die Bibel, Heilkräuter u. a. enthielt. In zwei einander gegenüberliegenden Ecken standen Betten — in der Ecke rechts neben der Sitzecke befand sich das schönere, sogen. Paradebett, in dem sich Kissen und Daunenbetten möglichst bis zur Decke türmten (vgl. Taf. I.: 2). Nur sehr angesehene Gäste oder die Wöchnerin durften in ihm schlafen. Vor den Betten standen eine Bank, oft mit Klapplehne, oder zwei bis drei Stühle. An den freien Wandflächen wurden Truhen, Schubladen oder Schränke aufgestellt, die kostbareren zwischen Tisch und „Paradebett“. Darüber befand sich zumeist ein schön gerahmter Spiegel, umrahmt von Ziertellern und Familien­fotos. So dekorativ und feierlich die obere Hälfte des Zim­mers mit der Sitzecke und dem Paradebett war, so einfach und schmucklos war die andere Hälfte mit dem Ofen. Zwischen dem Paradebett und dem Ofen befand sich zu­meist eine Liege als Schlafstätte der Kinder, und in der Ecke links neben der Tür stand ein Bett, in dem die Er­wachsenen schliefen. An den Wänden waren Kleider­haken, in der Nähe des Ofens Stangen zum Trocknen der Wäsche befestigt. Hier wurden die schmutzigen Haus­arbeiten wie Maisabrebeln, Reparaturen von Werkzeugen usw. von den Hausleuten verrichtet. Auf die Ofenbank setzte sich die Nachbarin oder aber saßen auf ihr die Frauen bei Handarbeiten.!27) (26) Vgl. Gunda 1979, a.a.O. (27) Vgl. ebda., ferner Csilléry, Ungarische Bauernmöbel 9ff. Abb. 6.: Das dreigeteilte ungarische Bauernhaus mit der Küche in der Mitte und je einem beheizten Zimmer zur Rechten und zur Linken. 45

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