Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Attila Selmeczi Kovács: Das Pressen von Öl

der Ölpresse entsprechende Menge auf einmal geröstet wird. Das Rösten erfolgt unter ständigem Umrühren, das opti­male Maß wird aus Erfahrung bestimmt. Im Falle des aus Kürbiskern gewonnenen Speiseöls wurde die Erhitzung zu einer Arbeitsphase von ausschlaggebender Bedeutung, denn gerade dadurch erhält das Öl seinen cha­rakteristischen Geschmack, sein Aroma. Die einschlägigen Werkstätten spezialisierten sich alsbald auf diese Arbeit. Ein französicher Technik-Historiker meinte, daß der Öl­schläger, wiewohl er keine chemischen Kenntnisse besaß und gewöhnlich nicht einmal ein Thermometer benützte, aufgrund seiner Erfahrungen sich dennoch ein Wissen ver­schaffte, welches selbst die besten Techniker nicht haben können (André 1952, 130—131). Gerade durch sein Aroma wurde das Kürbiskemöl ein beliebtes Gewürzmittel. Es sei allerdings betont, daß die Erhitzung bei der Ver­arbeitung des Kürbis- und Sonnenblumenkerns überhaupt nicht der Effizienz der Ölgewinnung diente, sondern die Herstellung eines schmackhafteren Speiseöls bezweckte. Solcherart wurde die Erhitzung in der bäuerlichen Praxis eine funktionell unterschiedliche Röstung, mit dem primä­ren Ziel, einen entsprechenden Geschmack zu erhalten und nicht die zur Ölpressung erforderliche optimale Temperatur zu erreichen. Das dem volkstümlichen Geschmack ent­sprechende Ölaroma rührt eigentlich von einem unvolkom­­menen technologischen Verfahren, der direkten Röstung über dem Feuer, her und entstand als eine Folge des mä­ßigen Anbrennens der öligen Masse. Dieser technologische Faktor kam in den europäischen Kleinwerkstätten allge­mein zur Geltung. Aus der erhitzten, ohnehin weicheren Masse kann man das Öl wesentlich leichter und in größeren Mengen heraus­pressen als aus der kalten Substanz. Für die auf Warm­pressung eingerichteten Werkstätten waren daher die ge­waltigen Ölpressen völlig überflüssig und wurden durch weitaus kleinere Geräte ersetzt. Das einfachste Gerät war eine kantförmige, mit senkrechten Keilen funktionierende Vorrichtung, die noch das Prinzip des traditionellen Öl­(Budapest) schlagens repräsetierte (Taf. I. 3). Obwohl diese einfache Konstruktion in Europa seit langem als Wachskuchenpresse gebräuchlich war, fand sie im Bereich der Ölproduktion ausschließlich bei der Kürbiskern-Verarbeitung Anwen­dung. Wir können sie in der Ölverarbeitung als ein typi­sches Gerät des 19. Jh. betrachten, welches zahlreiche for­male Varianten hat (vgl. Schmidt 1911, 64; Badea 1974, Fig. 14—18). Der stets zunehmende Anteil der Verarbeitung von wei­chen Ölkernen eröffnete den Ölpressen mit Schraubenspin­del einen breiten Raum. Die frühesten Varianten sind auf das angehende 19. Jh. zu datieren, die formbedingten Lö­sungen waren überaus wechselvoll (Abb. 3). Die meistver­­breitete Variante dieser Ölpressen war die Radölpresse mit den in V-Form verbundenen beiden liegenden Balken, die besonders in der Steiermark (Gamerith 1979) und in West- Transdanubien am längsten erhalten blieb, aber auch im gesamten Karpatenbecken in den Werkstätten zur Ge­winnung des Kürbiskernöls vorkam (Taf. I. 4). Die erhitzte ölhaltige Masse wurde zwischen die beiden Balken in einen Preßzylinder gelegt, die beiden Balken wurden mit einem Schraubenspindelrad scherenartig zueinandergezogen; die sich nähernden Balken preßten das Öl allmählich aus der Masse heraus. Diese recht populäre Konstruktion wurde zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts von einem un­garischen Agronomen ausdrücklich zur Herausgewinnung des Kürbiskernöls entwickelt (Borcsányi 1804). Neben diesen Spezialgeräten benützten die dörflichen Ölmühlen seit der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhun­derts zahlreiche Varianten der kleinformatigen Ölpressen, von den einfachen Pressen mit Mittelspindel bis zur primi­tiven Nachahmung der Spiralpressen mit Horizontalzylin­der. Doch unabhängig von ihrer technischen Ausrüstung und des zu verarbeitenden Rohstoffes wendeten die Ölmühlen fortan jenes einheitliche technologische Verfahren an, wel­ches aufgrund der Zusammenfassung von Zsigmond B á t k y als Ausgangspunkt der gegenwärtigen historisch­­ethnograpischen Untersuchung diente. Attila Selmeczi Kovács 277

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