Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Attila Selmeczi Kovács: Das Pressen von Öl

die in den früheren Jahrhunderten allgemein gebräuchliche Terminologie des Ölschlagens. Mit Ausnahme der Zone der Olivenkultur ist die Keilpresse mit Schwinghammer in Europa praktisch überall bekannt (vgl. Gunda 1966, 18— 19; Parain 1962, 342—343). Es ist anzunehmen, daß das nach einem überaus einfachen Prinzip funktionierende Gerät gewaltigen Ausmaßes von der uralten Praxis der mitteleuropäischen Ölproduktion herrührt. Der durch das Einschlagen der Keile entstehende perio­dische Pressungsmechanismus sowie die dementsprechende Konstruktion steht in engem Zusammenhang mit der Technologie der Kaltpressung. Da unter dem kühlen Klima Mitteleuropas die kleinen, harten Lein- und Hanfkerne den ausschlaggebenden Anteil der örtlichen Pflanzenölquel­le darstellten, liegt die Annahme anscheinend auf der Hand, daß bis zum Vorstoß der neueren Ölpflanzenkulturen vor­wiegend diese Gerätekonstruktion gebraucht wurde. Die Verarbeitung des traditionellen Rohstoffes erforderte nämlich unbedingt eine großformatige, massive Ölpresse. Zur allgemeinen Anwendung der Keilpresse trug auch der Umstand bei, daß die mitteleuropäische bäuerliche Wein­kultur über lange Zeiten den Gebrauch der Weinpresse entbehrte (Vincze 1958, 20), was die Ausweitung des Instru­mentariums der Ölpressung hätte beeinflussen können. Allerdings könnten wir wohl kaum behaupten, daß in den früheren Jahrhunderten — und sei es nur auf das Karpaten­becken bezogen — einzig und allein diese Gerätekonstruk­tion zur Ölpressung benützt worden wäre. Obwohl wir aus den rezenten Angaben darauf schließen dürfen, daß für die Ölmühlen der Dörfer die Keilpresse das bestgeeig­nete und beliebteste Gerät war, konnten in den Ölwerkstät­ten der Herrschaftsgüter noch monströsere Formen Vor­kommen. Im Allodium zu Fogaras (Fagaraç, Rumänien) wurden z. B. 1690 eine Spindel-Ölpresse gewaltigen Aus­maßes registriert (Takáts 1932, 45), was auf das Baumkel­tern schließen läßt, das seit Beginn des vergangenen Jahr­hunderts manchenorts zu finden war. Die Druckwirkung verleiht diesem umfangreichen Gerät der 10—15 Dz. schwere obere Balken, der nach dem Prinzip des einarmigen Hebels mit Hilfe einer großen Schraubenspindel bewegt wurde (Abb. 2).(4) Da die geschichtliche Ölproduktion vornehmlich die Erzeugung des Speiseöls bezweckte, bestand der Arbeitspro­zeß im wesentlichen nur aus zwei Phasen : aus der Zerstamp­­fung des Ölkerns und aus der Auspressung. Die Erhitzung des im Kaltverfahren zwei-dreimal ausgepreßten Ölkuchens galt nur als unwesentliche Ergänzungsarbeit, denn das so gewonnene dunklere Öl wurde in der Vergangenheit zum Verzehr nicht gebraucht (Szathmáry 1939, 642). In bezug auf die Erhitzung gab es also kein qualitatives Erfordernis. Deshalb erforderte die ältere Technologie des Ölschlagens die Kaltpressung, keine Fachkenntnisse vom Arbeitneh­mer. Auch dies dürfte dazu beigetragen haben, daß sich keine Zunftorganisation des Ölschlagens entwickelt hat und diese Saisonarbeit vorwiegend von wirtschaftenden Bauern geleistet wurde. * Die seit Ende des 18. Jh. vordringende Rapskultur sowie die alsbald darauf folgenden neuweltlichen Ölpflanzen bewirkten eine grundlegende Veränderung in der Techno­logie der Ölproduktion. Der bedeutendste Faktor war das einmalige Warmkeltem, das bis Ende des vergangenen Jahrhunderts dermaßen verbreitet war, daß die herkömm­liche Verfahrensweise völlig in Vergessenheit geriet. Das Warmkeltern ist nämlich der wirksamste technologische Prozeß der Ölproduktion, ein überaus wichtiger Faktor bei dem ausschließlich für den Markt gezüchteten Raps. Aus dem Rapskern wollte man möglichst viel Öl herausge­winnen, welches sodann als Leuchtöl vermarktet wurde. In der herrschaftlichen Ölmühle von Hódmezővásárhely wurde z. B. im Jahre 1821 nur 1/10 der großen Rapsölmen­ge kalt geschlagen, der Rest aber warm gekeltert (Ung. Nationalarchiv, Károlyi Archiv P. 149. cs. 1176). Eine ähnliche Praxis bezeugt auch das Beispiel von anderen frühen Rapsölbetrieben (Ercsi, Kom. Fejér. Vgl. Lilien 1824, 147). Die Erhitzung hat sich gemäß ihrer ursprünglichen tech­nologischen Funktion, d. h. wegen der Ermöglichung der wirksameren Ölgewinnung im Zusammenhang mit der Rapskultur verbreitet. Nachdem der Rapsanbau im 19. Jh. die mitteleuropäische Ölpflanzenkultur vollständig umge­ändert hatte, hat das damit einhergehende Warmkeltern die traditionelle Technologie der Ölproduktion gleichfalls verändert, d. h. die geschichtlich minderwertige Fertigungs­methode zur allgemeinen Praxis erhoben. Maßgeblich beteiligt an diesem überraschend schnell vollzogenen Um­wandlungsprozeß waren die neuweltlichen Ölpflanzen (Kürbis und Sonnenblume), die auch mit dieser Technolo­gie genießbares, ja sogar schmackhafteres Speiseöl lieferten als durch das Kaltverfahren. Es ist beachtenswert, daß bereits in der frühesten un­garischen Wirtschaftsschrift, die eine Propaganda für den Kürbis als Ölpflanze betrieb, das Rösten der Kerne als wichtig bezeichnet wurde, um ein gutes Aroma des Kürbis­kernöls zu erzielen (Borcsányi 1804, 23). Ganz gewiß dürfte sich die allgemeine Praxis des Warmkelterns auf der Ebene der ländlichen Ölschläger durch den Kürbiskern entwickelt und durchgesetzt haben. Die Arbeitsphase der Abschälung wurde eigentlich erst durch die neuweltlichen Ölpflanzen in die Ölproduktion eingeführt. Da die Schale 35—40% dieser Rohstoffe darstellt, gilt die Abschälung wegen der Wirtschaftlichkeit der Ölproduktion als ein wichtiges technologisches Verfahren. Obwohl die Abschä­lung für die Bucheichel schon früher durchgeführt wurde, und zwar ausschließlich mit der Stampfe, weisen die sich im 19. Jh. verbreitenden Schälgeräte viel wechselvollere technische Lösungen auf. Die kleineren Ölmühlen richteten sich überhaupt nicht auf die Abschälung ein, weshalb in vielen Dörfern der Großen Ungarischen Tiefebene der Kür­biskern noch um die Jahrhundertwende mitsamt der Schale ausgepreßt wurde (Cserháti 1901, 324). Die vorhergehende Handschälung (ung. köpesztés) des Kürbiskems ist in West-Transdanubien und in der Steiermark auch heute noch eine bestehende Praxis. (4) Über das Baumkeltern als Weinpresse kommen mitteleuro­päische Angaben ebenfalls erst seit dem 17. Jh. vor. Diese gewaltigen Vorrichtungen wurden anfangs in den Herr­schaftsgütern als Treberpresse benützt (Vincze 1958, 20). In der Zone der Olivenkultur dienten hingegen die ver­schiedenen Typen der Schraubenspindelpressen seit den frühesten Zeiten zur Erzeugung von Öl und Wein (vgl. Krüger 1939; Scheiermeier 1943, 180—193; Parain 1962, 344—347). 275

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