Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
Attila Selmeczi Kovács: Das Pressen von Öl
DAS PRESSEN VON ÖL Rohstoff und Technologie In der ungarischen Volksernährung widmete Zsigmond Bátky viel Aufmerksamkeit den Verarbeitungsmethoden und -geraten der pflanzlichen Rohstoffe. Im Rahmen dieser Arbeit führte er als Erster die typologische Systematisierung der Öl-Produktionsgeräte und die geographische Umgrenzung ihrer Verwendung durch (1933, 59—66). Auch hielt er es für notwendig, die Ölproduktion, welche zahlreiche Wesenszüge der bäuerlichen Gerätekultur widerspiegelt, im Museum zu präsentieren (Bátky, 1906, 52—53). Da Zsigmond Bátky — und in seinen Spuren auch die späteren volkskundlichen Arbeiten — die Ölproduktion lediglich aus der Sicht des Gerätegebrauches untersuchten, wurde hierbei eine recht einheitliche Technologie festgehalten, die aus vier typischen Arbeitsphasen besteht: 1. Abschälen des Kerns, 2. Zermalmen des abgeschälten Kerns, 3. Erhitzen der zermalmten Masse, 4. Auspressen des heißen Breis. Laut rezenten volkskundlichen Angaben wurden diese vier aufeinanderfolgenden Arbeitsphasen der Ölproduktion im gesamten Karpatenbecken in ähnlicher Weise angewendet, unabhängig von den regionalen Unterschieden der Ölpflanzenkultur und des Instrumentariums. Untersuchen wir jedoch die Technologie der Ölproduktion aus der Sicht der Ölpflanzenkultur, d. h. der geschichtlichen Entwicklung des Rohstoffes, so können wir in bezug auf die Praxis früherer Jahrhunderte wesentliche Unterschiede feststellen. Nachstehend versuche ich, die Ölproduktion von der Seite des Zusammenhanges zwischen der Anbaugeschichte der Ölpflanze und der Technologie zu schildern, einen Produktionsprozeß, der in den vergangenen Jahrhunderten ein weitaus differenzierteres Bild aufwies als von den bisherigen volkskundlichen Untersuchungen dargelegt. Meine skizzenhafte Analyse wurde von Arbeiten Zsigmond B á t k y s inspiriert und möchten ein bescheidener Beitrag zu seinen Ergebnissen sein. * Das Pflanzenöl wurde in den vergangenen Jahrhunderten vornehmlich als Speiseöl und zur Beleuchtung verwendet. Die Rolle des Öls in der Ernährung bestimmten die Fastenregeln des Christentums. Zur Fastenzeit war nämlich die Verzehrung jeglichen Fettstoffes tierischer Herkunft verboten, gegessen wurden nur mit Speiseöl zubereiteten Speisen (vor allem Fisch und Kohl). Der kultbedingte Ölbedarf wurde anfangs mit Olivenöl aus dem Mediterraneum gedeckt. Als aber seit dem 12—13. Jh. infolge des Vorstoßes des Islam die Handelskontakte eingeengt wurden, und andererseits der Ölkonsum des Gemeinvolkes erheblich zunahm, ergab sich die Notwendigkeit der lokalen Ölpflanzenkultur und Ölproduktion (vgl. Heyne 1901, 71—72). Im kühleren Klima Mitteleuropas betrachtete man im Mittelalter den Kern des als Textilpflanze gezüchteten Leinens (Linum usitatissimum L.) und Hanfes (Canabis sativa L.) als den bestgeeigneten Rohstoff der Ölproduktion. Lange Jahrhunderte hindurch wurde der Ölbedarf— neben dem importierten Olivenöl — durch diese sekundären Ölpflanzen gedeckt. Im Bergland benützte man sporadisch auch die Bucheicheln (Fagus silvatica L.) zur Herstellung des Öls. Die wichtigste Rolle spielte aber der Lein, aus dessen Kern bis in die jüngste Zeit auch Speiseöl gewonnen wurde. Die geschichtliche Ölpflanzenkultur erhielt gegen Ende des 18. Jh. durch den Aufschwung der Rapskultur eine Wende. Verflochten mit der Kapitalisierung der Landwirtschaft, war der Rapsanbau (Brassica napus L.) über nahezu ein Jahrhundert eine der bevorzugten Pflanzenkulturen nicht nur des Großgrundbesitzes, sondern auch der Bauernwirtschaften, solange, bis die konjunkturelle Bedeutung der auf Rapsöl beruhenden öffentlichen Stadtbeleuchtung anhielt (vgl. Selmeczi Kovács 1980, 63—69). Seit dem angehenden 19. Jh. gewannen in den Bauernwirtschaften die zur menschlichen Ernährung weitaus besser geeigneten neuweltlichen Ölpflanzen: Kürbis (CucurbitapepoL.) und Sonnenblume (Helianthus annuus L.) immer breiteren Raum, so, daß ihre Verwendung bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts die des Leinkerns übertraf. Die 271