Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Gyula Viga: Spezifische Geräte zur Zubereitung der Schneckennudeln bei den Ungarn

halb benützten sie bis zur jüngsten Vergangenheit keine im Handel erhältlichen Teigwaren — die älteren tun es auch heute nicht. Die Akzeptierung dieser Erzeugnisse ist ein spezifisches Zeichen der Verbürgerlichung auf dem Gebiet der Ernährung. Typen der Schneckenmacher und ihre Verbreitung Bei der Untersuchung der Typen dieses Gerätes liegt es auf der Hand, der Typologie von István E c s e d i zu folgen, der die Stücke aus der Gegend von Debrecen je nach ihrem Werkstoff kategorisierte (1935, 36—45). Auch hier wurden die Möglichkeiten der Formgestaltung und De­koration durch das Material in mancher Beziehung einge­schränkt, und so scheint dessen Differenzierung auch zur Beantwortung formaler Fragen geeignet zu sein. Somit kön­nen wir bei den Ungarn Täfelchen zum Schneckenmachen unterscheiden, die 1. aus Schilfrohr, 2. Holz, 3. Dachziegel, 4. Metall und 5. sonstigem Material hergestellt werden. 1. Im oben umrissenen Verbreitungsareal unseres Gerätes sind die aus Schilfrohr hergestellten Stücke allgemein ge­bräuchlich. Es scheint, daß im umfangreichen und einheit­lichen Verbreitungsgebiet dieser Variante die sonstigen Typen nur in kleineren Regionen, mit lokaler Bedeutung er­scheinen ; die letzteren sind immer die Erzeugnisse örtlicher Handwerker und Spezialisten, sie funktionierten neben den Schilfrohr-Rieten und verdrängten nicht ihre Verwendung. Zum Teil wurden die aus Schilfrohr angefertigten Schneckenmacher ursprünglich als Rieten der Webstühle benützt — das Nudelmachen war nur ihre sekundäre Funktion. Gelegentlich wurde diese Rippe zum Nudel­formen benützt, die abgebrochenen Stücke wurden ganz allgemein dazu verwendet. Allerdings wurden auch kürzere Rippen ausgesprochen zum Nudelmachen angefertigt. Diese gelangten vor allem aus dem ehemaligen Oberungarn (ins­besondere aus dem Komitat Gömör) auf dem Handelsweg ins Tiefland und waren Erzeugnisse der dortigen Rieten­­macher (Praslicková 1979, Abb. 79), zum geringeren Teil die Produkte von Fertigungszentren lokaler Bedeutung, haupt­sächlich von zigeunerischen Handwerkern (Bakó 1954,247). Die abschließende Holzplatte dieser kürzeren Rippen war gelegentlich mit Schnitzereien verziert, zuweilen war auch das Monogramm des Eigentümers eingekerbt (Abb. 2—3). 2. Die aus Holz hergestellten Schneckenmacher bilden einen charakteristischen Zweig der ungarischen Volkskunst. Die aus Buchen-, Eichen-, Weiden-, Pappel- und Eschen­holz sowie dem Holz verschiedener Obstbäume angefer­tigten Täfelchen zeugen mit ihrer Form, ihren Proportio­nen und ihrer Ornamentik vom hohen Niveau der bilden­den Volkskunst. Laut gegenwärtiger Angaben hatte die Herstellung der hölzernen Schneckenmacher langjährige Tradition in der Gegend von Debrecen, im lokal zergliederten Umkreis der Mittleren Theiß-Gegend sowie in den Holzschnitzer-Dör­fern des Bük Ar-Gebirges. Von diesen war der Umkreis von Debrecen am bedeutendsten und konnte auch auf die längste Vergangenheit zurückblicken, die Theiß-Gegend war nur von lokaler Bedeutung, und auch die Stücke aus dem Bükk-Gebirge spielten keine wichtige Rolle in der gegenständlichen Kultur der Kleinregion. Im letzteren Gebiet erschienen die hölzernen Schneckenmacher erst zu Beginn dieses Jahrhunderts und gingen alsbald aus der Mode, nachdem sie von 1—2 Generationen gebraucht worden sind. Demgegenüber können Herstellung und Gebrauch der Stücke aus der Gegend von Debrecen unge­fähr anderthalb Jahrhunderte hindurch beobachtet werden. Es ist auch nicht auszuschließen, daß die beiden anderen Fertigungszentren von minderer Bedeutung aus Debrecener Traditionen schöpften. Besonders wahrscheinlich scheint dies im Falle der Holzschnitzer aus dem Bükk-Gebirge zu sein, die mit zahlreichen Produkten (Kalk, Obst, Holz­geräte) das Tiefland, gelegentlich auch das Hajdúság- Gebiet, durchwanderten und gerade hier diesen Gerätetyp kennenlernten. Denkbar wäre diese Verbindung auch im Falle der Geräte an der Theiß, zumal die Mittlere Theiß- Gegend in gar mancher Beziehung ständige wirtschaftlich­kulturelle Kontakte mit Debrecen und Umgebung hatte. Die Stücke aus Debrecen hüten auch in ihrer Ornamentik die ältesten Traditionen. In der Form und Struktur ihrer Verzierungen erscheinen oft archaische Wesenszüge der volkstümlichen Holzschnitzerei, zusammen mit Merk­malen der in Verbürgerlichung begriffenen gegenstädlichen Umwelt (Ecsedi 1935, 36—40). Aus dieser Gegend stammt auch das heute bekannte, älteste, datierte Stück (1782).(2) Die mit Keilschrift und Rosetten sowie mit geschnitzten, geritzten, seltener auch eingeätzten Ornamenten, gelegent­lich mit Vogel- und Menschenfiguren geschmückten Stücke stellen eine eigentümliche Schicht der ungarischen bildenden Volkskunst dar und repräsentieren nicht nur die Küchen­kultur von Debrecen, sondern auch der ganzen Gegend östlich der Theiß. Die Stücke aus dem Bükk-Gebirge repräsentieren eine spätere Periode der dekorativen Volkskunst, obwohl gelegentlich auch ganz archaische Elemente auftauchen. In den geschnitzten Verzierungen sind die pflanzlichen Ornamente vorherrschend, häufig kommt auch die Deko­ration mit winzigen Spiegeln vor. Die stellenweise er­scheinenden Motive (Herz, Monogramm, Kreuz, „Erin­­nerungs“-Inschriften, Spiegel) betonen nachdrücklich die auch durch die Gesamtkomposition verdeutlichte Funktion des Gerätes als einer Liebesgabe. Durch ihre Form und Ornamentik gehören diese Geräte zur besten Holz­schnitzer-Tradition dieser Gegend (Lajos 1963,103—135). Aufgrund der verfügbaren Angaben (Mittelungen von Ibolya Bereczki) sind die Stücke der Theiß-Gegend auf eine lokale Holzschnitzer-Tradition zurückzuführen und dürften nur von 1—2 Handwerkern angefertigt wor­den sein. Infolge ihrer Form und Ornamentik sind die bekannten Stücke unter die späten, verbürgerlichten Ge­schenkartikel einzureihen. Der Form nach sind die hölzernen Exemplare in drei Gruppen aufzuteilen : a) Das Gerät besteht aus einem kurzen Stiel und einer viereckigen, länglichen, gerippten Platte. Die verschiedenen Ornamente umfassen den Stiel und die gerippte Fläche. b) Das Gerät hat keinen Stiel, sondern die gerippte Fläche erhebt sich aus der in Kreisform verzierten Ebene in der Mitte, bis zu 1—1,5 cm. Diese Form bietet mehrere (2) Ethnographische Sammlung des Déri Museums in Debre­cen: Inv. Nr. 1906/1237. An dieser Stelle möchte ich Gyula Varga und Ibolya V. Szathmári dafür danken, daß sie mir bei der Untersuchung der Sammlung und der Anfertigung der Fotos behilflich waren. 261

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