Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Tamás Hoffmann: Karre, Wagen, Kutsche

în der Wirtschaft von St. Pieters-op-den-Dijk (in der Nähe von Bruges) finden wir ein ähnliches Bild. Jahr Pferde Kühe Ackerland/ha 1325 3 11 12,5 1329 4 13 24,5 1330 5 12 ? 1332 6 17 19,5 1334 7 30 ? Hier mußten im Durchschnitt 3—6 ha Ackerland mit einem Pferd bewirtschaftet werden.(u) Schließlich begann man, die wirtschaftlichen Vorteile des Pferdes dem Rind gegenüber anzuerkennen, obwohl die Haltung eines Pferdes höhere Ansprüche stellte, man sich mit ihm mehr abmühen mußte und das Pferd Futter von viel höherer Qualität verlangte. Man mußte es regel­mäßig mit Heu und Futter versehen, die Wiese reichte ihm nicht, hauptsächlich nicht die Waldwiese, die in der Flur der mittelalterlichen Dörfer noch in großer Zahl vorhanden war. Obwohl die durchschnittliche Risthöhe des Pferdes nach den Funden der Ausgrabungen nirgendwo die Höhe von 145 cm übertraf, kam die Mehrheit bereits an diesen Wert heran und übertraf mit 121—132cm den Durchschnitt früherer Jahrhunderte (die Masse der Wildpferde).(12) Die Ansprüche der Pferdezüchter wuchsen. Sie befolgten spezifische Prinzipien in der Zucht, sie setzten sich Zucht­ziele. Fast alle strebten danach, bestimmte Eigenschaften herauszubilden. In der Pferdezucht kam es zu regionalen Unterschieden. Die verschiedenen gesellschaftlichen Schich­ten und Gruppen stellten unterschiedliche Ansprüche, nach denen die Tiere gezüchtet wurden. Man züchtete zum Bei­spiel Streithengste, die mit den Herren im schweren Panzer in die blutigen Kämpfe gingen, die eine Last von 5 Zentner zu tragen hatte, wobei sie traben und sprengen mußten. Dann gab es Paradepferde, auf deren Rücken nach den al­ten Sitten paradiert wurde. Zu solcher Zeit haben die Rei­ter nicht nur sich selbst geschmückt, sondern auch die Pferde mit allerlei Zierat behängt. Die armen Tiere wurden sogar mit den verschiedensten Farben und noch dazu mit geometrischem Muster bemalt. Man züchtete weiterhin starke Reitpferde für die bewaffneten Knechte, die die Ritter begleiteten. Die Züchtung der Zugpferde war keine mindere Aufgabe. Man geht bis zu den Reisepferden zu­rück. Bei ihrer Züchtung haben die alten Traditionen gehol­fen. Die ersten Ergebnisse hatten die Römer zu verbuchen. Sie wurden durch die Tiere übertroffen, die für die konti­nentale Warenlieferung gezüchtet wurden. Vom 13. Jahr­hundert an passierten nicht nur Karawanen regelmäßig die Alpenpässe, sondern auch schwere Packwagen. Der Pack­esel von Südeuropa, aber besonders der Mischling von Esel und Pferd, das anspruchlose, aber tragfähige Maultier, das bereits im Zeitalter der Römer von Italien bis Hispa­­nien das wichtigste Zugtier der staubigen Feldwege der Ebenen und der steilen steinigen Gebirgspfade war, über­schritt im Mittelalter noch nördlich die Alpen, doch kehr­ten die Treiber, nachdem sie die Alpenpässe hinter sich gelassen hatten, mit ihnen gleich um, weil dort bereits nur der Wagen populär war. Der Transport und die Bearbeitung der schweren, frucht­baren Böden spornte die Pferdezüchter zu neuen Zielen an. Der Anblick der Pferde mit robustem Körperbau und beträchtlicher Zugkraft läßt auf die sich intensivierenden Beziehungen zwischen Dörfern und Städten schließen. Zu dieser Zeit begannen die Bretonén, die Einwohner von der Normandie, die Bauern der Ardennen, in Flandern, Seeland, Westfalen und Mecklenburg, mit der Züchtung örtlicher Sorten, die ihre Regionen in dem folgenden hal­ben Jahrtausend so bekannt machten. Sie alle sind Beispiele für die mittelalterlichen Innovationen. Obwohl die Neue­rungen in der Haltung der Pferde vom Osten nach Europa gelangten und die Technologien der asiatischen Völker mit Hilfe verschiedener gesellschaftlicher Schichten durch Ost-Mittel-Europa nach Westen vermittelten, setzten die Vermittler die Energien dieser kulturhistorischen Wellen nirgendwo um. In dem medium dagegen, wo man sich den Neuerungen anpassen mußte, kamen neue Entdeckun­gen zur Welt. Infolgedessen verbreitete sich das Brustblatt, das aus Riemen und Seilen der Steppen bestand, in der Wirtschaft Mittel- und West-Europas, die in der Umgestaltung be­griffen war. In dieser Zone hat die technische Erneuerung wirtschaftliche Prozesse ausgelöst. Da der Schwerpunkt der von dem angeschirrten Pferd gezogenen Last nicht auf den Hals des Tieres fiel, sondern auf die Brust, wo es zur größten Kraftentfaltung fähig ist, steigerte sich die Leistung des Zuges im Vergleich zum Halsblatt fast auf das fünffa­che. Nach der Etymologie gelangte das Wort „Geschirr“ aus den türkischen Dialekten im 10. Jahrhundert in die mit­teleuropäischen Sprachen, man verbreitete es sich später weiter unter den Völkern West-Europas. Am wirksamsten war es, das Geschirr an den Wagenschwengel zu binden. So verfuhr man anfangs mit der Karre mit zwei Pferden im 11./12. Jahrhundert in Mitteleuropa. Diese Zugmetho­den waren in Ost-Asien schon lange bekannt. Die europäi­sche Vermittlung ist den Völkern der Steppe zu verdanken. Die Traditionen der Bespannung der Pferde haben sich in Europa bereits vor dem Einführung der effektiveren Zugmethoden herausgebildet. Die ostasiatische Doppel­zugstange, dann das dort entwickelte gewölbte Joch (das zur Einspannung eines einzigen Pferdes geeignet ist und bei dem man in Osteuropa bis zum heutigen Tag geblieben ist) sind solche Lösungen und Ausrüstungen, die die Zug­weise auf unserem Kontinent bereits vor der Anwendung der Pferdegeschirre beeinflußt haben. Auf Grund all dieser Kenntnisse wurde im 10. Jahrhundert das Kummet erfun­den. Es adaptierte — wenigstens nach sprachlichen Spuren — das von den türkisch sprechenden Völkern stammende Geschirr mit slawischer Vermittlung auf das deutsche Sprachgebiet. Die Fachausdrücke zeigen den Weg der Verbreitung. Die Kombination des Halsjoches und des Pferdegeschirres war im Mittelalter im bayerischen Dialekt unter dem Namen siln bekannt. (Eine Quelle aus den Jahren 1369/76 erwähnt in einer Wirtschaft in Niederbayern nebeneinander die Wörter chamat und siln.)(13) Es ist mög­(11) Bath, van 1983, 180—81. (12) Nobis 1955, 211 ; Liepe 1958, 20; Bökönyi 1974, 293. (13) Heyne 1901, 199; Berg 1935, 99—172; Mogey—Thomson 1951, 3—5; Czekanowski 1952, 123; Freudenberg 1960, 35 ff; Jenkins 1962, 37. ff; Hensel 1965, 175—77., 405—07; Prychodko 1973, 408—18; White 1978, 205—18; Doma­­novszky 1979, 101. ff; Bentzien 1980, 47—48., 85—86; Wells 1980, 31. skk; Hayen 1983, 413—70; Hielscher 1985, 164—78. 223

Next

/
Thumbnails
Contents