Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
Tamás Hoffmann: Karre, Wagen, Kutsche
Sie hatten in den früheren Jahrhunderten die Last auf den Rücken gebunden getragen, wie es auch der Inventurliste des Domesday Book aus dem Jahre 1086 zu entnehmen ist. Die sumarii (das heißt die Lastesel) transportierten Getreide und Salz (mit zusammenfassendem Namen: summae). Im Jahre 1100 transportierten die Bauern eine Last (rheba caballaria) nach Winschester mit einer Karre, vor die ein oder mehrere Pferde gespannt waren. Im Jahre 1151 wird auf dem Langdut der Kirche des Heiligen Paul in Sandon (Hertfordshire) die caretate, das heißt die Lastkarre von einem caractarius equus (Karrenpferd) gezogen. Die careta, tumberellus oder biga bedeuten in den Texten des 12./14. Jahrhunderts Lastfuhrwerke mit Pferdebespannung. Die Benennungen der Fuhrwerke mit Ochsengespann sind dagegen: plaustrum, carrus oder curtem. 90% Bezeichnungen für den Pferdezug stammen aus den Niederschriften der Wirtschaften der Gustherren. Nur 28,5% der Angaben beziehen sich auf das Ochsengespann der Wirtschaften der Gutsherren, 18,8% beziehen sich auf beide Arten der Bespannung. Den Angaben zwischen 1250— 1320 ist zu entnehmen, daß der Pferdezug in den Wirtschaften der Gutsherren in Ost- und Südengland und das Ochsengespann dagegen in Süd-, Mittel- und Nordengland verbreitet war. In der gleichen Zeitspanne schrumpft die Zahl der Zugesel und der Maultiere auf den Wegen Englands. Sogar die zweirädrigen Karren wurden immer weniger in Anspruch genommen, höchstens von den Bauern auf den Feldern, falls es sehr matschig war oder auf den steilen Hängen, wo größere Lasten nicht gezogen werden konnten. Immer mehr nutzten für den Gütertransport den vierrädrigen Wagen. Diese hatten nämlich eine bessere Mechanik und sie waren auch schneller. Ein Ochse legte zwei Meilen pro Stunde zurück, ein Pferd dagegen 20. Die Last eines Ochsengespannes war (nach zeitgleichen Angaben) 2 500 genuesische Pfund; falls es nur mit einem Pferd gezogen wurde, hat man mit 1 625 genuesischen Pfund gerechnet. Einhetiliche Normen haben sich noch nicht herausgebildet. Vielerorts spannt man Pferd und Rind zusammen, hinten die Ochsen und davor die Pferde. Zwischen 1185—95 tauchen in Yorkshire Wagen auf, die mit Ochsen und Pferden gemeinsam gezogen werden.(‘J) Diese Sitte ist bereits im mittelalterlichen Frankreich nicht unbekannt, wo Ochse und Pferd gemeinsam vor den Pflug gespannt werden. Die Darstellung des Monates August auf dem Wandgemälde im Schloß Trient um das Jahr 1420 zeigt, wie zwei Ochsen und davor ein Pferd von einem deutschen Bauer getrieben werden. Das Gespann befördert die geernteten Garben. In Ungarn werden im 14. Jahrhundert, wie es aufgrund der Prozeßakten zu sehen ist, beim Pflügen der Kleinadligen und sogar der Leibeigenen Ochsen und Pferde gemischt vor den Pflug gespannt. In Frankreich verbreiteten sich zumindest im Norden und vor allem im Pariser Becken seit dem 9. Jahrhundert die Pferdegespanne. Im Süden dagegen blieb man bis zur technischen Revolution beim antiken Erbe. Karre und Wagen wurden von Ochsen gezogen. An beiden Ufern des Kanals, wo die Golf-Strömung ein mildes Klima und viel Niederschlag garantierte, war man bereits im 11./12. Jahrhundert zu der Futterwirtschaft sowie zum Gespannwagen übergegangen. Es gibt zum Beispiel in der Abtei von Ramsey (Elton, Huntingdon) nach dem Register von Jahre 1125 40 Ochsen und 2 Pferde in der Wirtschaft. 45 Jahre später haben sie nur noch 24 Ochsen und 8 Pferde. Im 13. Jahrhundert ist in der Normandie die Proportion der Pferde und der Ochsen bereits gleich. In der Umgebung von Paris, zum Beispiel in Palaiseau, wird 1218 und in Genosse 1277 nur noch mit Pferden gepflügt. Die anspruchvollere technologische Kultur, die in der Landwirtschaft zur Beseitigung der Position des Rindes führte, welche es seit dem Bronzezeitalter inne hatte, hatte die Pflugochsen durch Pferde ersetzt und barchte im Mitteleuropa die ersten Ergebnisse in der Deutschen Tiefebene. In den südlichen deutschen Gebieten und in der Rheingegend wird die Last überall nach den Angaben aus dem 11./13. Jh. „cum suis bobus” befördert oder „cum suis bobus“ gepflügt. Um die Wende des 11./12. Jahrhunderts kommt es in flämischen und holländischen Gegenden vor, daß ein Bauer zwei Ochsen „sub uigo“ eingespannt hat, bei der Registrierung gab es sogar viele Bauern mit dem Status „unibos“, das heißt „mit einem Ochsen“. (Das bedeutet aber durchaus nicht, daß sie mit einem Ochsen gepflügt haben, zwei solche Bauern haben zusammengearbeitet, aber das zeigt an, daß die Konstruktion des Pfluges und die Art und Weise der Bespannung, die Tragfähigkeit und Brauchbarkeit des Wagens bereits viele kleinere und größere Korrekturen erfahren haben, die schließlich eine geringere Zugkraft erforderten.) Vom 12. Jahrhundert an pflügt beinahe ein jeder in Flandern mit Pferden. Aus dem „Sachsenspiegel“ (1221/24) ist auf ähnliche Zustände zu schließen. In den Gegenden Nördlich vom Mittelgebirge heißen die Arbeitstiere veltperde und tochossen (III, 51, 1). Die Bauern vom Kloster Doberan halten im Jahre 1312 mehrere hundert Pferde, aber nur einen einzigen Zugochsen neben der großen Zahl von Kühen und Schweinen. Im Jahre 1272 richteten Räuber neben Wismar „ex aratros equa“ Schaden an. Im Laufe des 14. Jahrhunderts verbreitete sich das Pferdegespann weiter und veränderte die Wirtschaft am Niederrhein, in Westfalen- Lippe sowie in den norddeutschen Gebieten.!10) Die Pferde verlangten ein anderes Futter, ihre Haltung war anspruchvoller als die der Rinder. Diese Tatsache verlangsamte vermutlich den Wechsel dieser Zugtiere überall. Der Übergang zur Pferdekraft geschah ausgesprochen langsam. Aus dem Register der Güter von Merton College (Oxford) zwischen 1333—1336 ergibt sich, daß die Proportion der Pferde und der Rinder 1: 2,8—3,3 ist, sie zeigt kaum eine Änderung im Vergleich mit den Angaben des Domesday Book vom 11. Jahrhundert. Die Proportion war dort 1: 3,4. Übrigens schwankte hier die Größe der Äcker zwischen 448 und 522 ha, sie wurden in Dreifelderwirtschaft genutzt. So konnte das ganze Arbeitsgebiet etwa 750 ha betragen. Dafür hatten sie 74 Pferde, ein Pferd hatte also 10 ha zu pflügen (auch das Brachfeld inbegriffen) oder 6—7 ha (ohne Brachfeld). In dieser Wirtschaft gibt es keine ausgesprochenen Hinweise darauf, daß man hier mit Rindern gepflügt hätte. (9) Langdon 1984, 37—66. (10) Letard 1938, 106—14; Grand 1950, 275, 480; Lindemans 1952, II. 291, 338; Belényesi 1954, 403; Venedikov 1960, 76—77; Treue 1965, 200. ff; Delamarre 1969, 7—8; Landeis 1978, 177—78; Bentzien 1980, 177—78; Gimpel 1980, 59; Greene 1986, 36—39. 222