Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Tamás Hoffmann: Karre, Wagen, Kutsche

Nord-Normannen, nach Beschreibungen von Marco Polo (13. Jh.) dagegen den Tataren zugeschriebene Kampfart, wonach diese dem mit ihnen zusammenstoßenden Feind, eine Flucht vortäuschend, mit einem Hagel von Pfeilen überschütteten, war nur so auszuführen, daß die Truppe zuerst angriff, sich dann schlagartig umdrehte und im Umdrehen die Pfeile abschoss. Die Hände des Reiters waren nun mit dem Pfeil beschäftigt, er lenkte sein Pferd nur mit den Beinen und mit Hilfe eines asymetrischen Spanngebisses. (Das asymetrische Spanngebiß taucht zu dieser Zeit auf. Sein Vorteil ist, daß es die Zunge des Tieres nur auf der linken Seite zum Gaumen drückt, wodurch es seinen Kopf automatisch nach rechts dreht, dann sich selber rechts wendet. In dieser Operation kann es der Reiter auch mit dem Steigbügel lenken.)(3) Im westlichen Teil des Kontinents wird dagegen anders geritten. Erstens setzen sich dem Auswahlprinzip entspre­chend nur die Reichen, und das sind wenige, aufs Pferd. Wenn sie Krieg führen, stürzen sie nicht scharenweise aufeinander los. Vom Pferd aus schießen sie auch keine Pfeile. Die langen Degen, mit denen man nur stechen kann und die Lanzen (die auch zum Stechen geeignet sind) sind die wichtigsten Waffen. Gegen sie kann man sich durch einen Panzer schützen. Das Eisen ist dagegen teuer. Das war es schon immer. In der Odyssee des Homer ist der Preis eines Pferdes ebensoviel wie dessen Zaum. Mit der Zeit sind die Gegen­stände aus Eisen billiger geworden. Das Eisenerz kommt (im Unterschied zum Kupfer, Zinn oder Antimonerz, von den Edelmatellen gar nicht zu sprechen) auf unserem Kon­tinent verhältnismäßig oft vor. Problematisch war nicht so sehr der Abbau sondern viel mehr das Schmelzen. Am Anfang hat man in den Abhang eine Vertiefung gegraben. Das zerschlagene, gewaschene, hie und da „geröstete“ Erz (der Oxydation des Eisens helfend) wurde mit Holz­kohlenschichten vermischt in eine Vertiefung hineingestopft, die von unten mit Feuerraum versehen war. Zwei-drei Tage wurde geheizt. So gewann man eine schwammartige Eisen­masse. Der Schlackengehalt war sehr hoch. Er konnte nur durch Schmiedearbeit (und durch wiederholtes Erhitzen) entfernt werden. Eine Hütte hatte einen kaum größeren Rauminhalt, als ein Sparherd von heute. Die Funde von Landenthal (Saarland) deuten eine Änderung an. Sie sind Überreste von (um 1000—1100 gebrauchten) größeren Hüt­ten. Die Höhe beträgt 1,5 m, der breiteste Durchmesser ist 0,65 m, sie hat eine konische Form, die Wände sind mit auf Leisten gegossenen Tonplatten bedeckt. Die Hütte ist auch mit zwei Blasebalgen versehen. Sie übertriift nicht nur alle Vorgänger in der Geschichte der Technik auf dem Kontinent, sondern überragt auch die grundlegenden Einrichtungen der Eisenverhüttung in Afrika und Asien.(4) Die Hütten wurden im 11—12. Jahrhundert vergrößert, das brachte zugleich eine Erhöhung ihrer Leistung mit sich. Zu dieser Zeit ist man darauf gekommen, daß die Blase­bälge auch mit einem Wasserrad bewegt werden können. Die aus Leder und PIolz konstruierten Schmiedebälge brachten in einem Atemzug mehrere Kubikmeter Luft zu den glühenden Eisenstücken. Von da an wurden die Hütten am Bachufer und nicht mehr in der Tiefe des Waldes angelegt. Auch das Zerkleinen des Erzes wurde mit einem Wasserrad betrieben. Das gilt auch für die großen Schmiedehämmer (im Eisenhammerwerk). Im 220 13—14. Jahrhundert gibt es von der Steiermark bis nach Ost-Frankreich und den Niederlanden zahlreiche Zeichen für die Vervollkommnung der Hüttentechnologie. Diese Ereignisse führten (höchstwahrscheinlich in Deutschland) zur Entdeckung des Hochofens im 14. Jahrhundert. Das Gußeisen ist ein Material von neuer Qualität in der Ge­schichte der Metallverarbeitung. Über dieser Tatsache ist sich vorläufig noch niemand im klaren. Das Zeitalter des Gußeisens bricht erst 400—500 Jahre später an, da die Versorgung der technischen Entdeckungen der industriel­len Revolution mit Gußeisen gesichert wird. Die Eisenerzverarbeitung des Mittelalters sicherte im 11—12. Jahrhundert den Schmieden immer mehr Arbeit. Die Waffenschmiede und eine Reihe dazugehörender Industriezweige erlebten eine durchaus neue Wende, sie genossen die unausbleiblichen Folgen des wirtschaftlichen Aufschwunges. Sie schmiedeten teure Panzer. Sogar die Infanterie hat ihre Waren abgenommen. Im 8. Jahrhundert haben die Franken als eine neue taktische Verteidigungs­erneuerung das lange Eisenhemd eingeführt. Als nicht immer erfolgreiches Gegenmittel wurde im 10. Jahrhundert die Armbrust entdeckt. Die Herstellung des teuren Ritter­panzers wurde aber zum richtigen Geschäft. Der Panzer wurde immer dicker und — durch die in der Härtung einge­führten Erneuerungen — immer schwerfälliger, während diejenigen, die sie angezogen haben, auf einen vollkom­meneren Schutz gehofft haben. Jedenfalls haben sie dafür immer mehr bezahlt. Jedes Kunststück mußte nämlich (so wie ein jeder beliebige Industrieartikel) bezahlt werden, wozu man immer mehr Geld brauchte. Sogar die so ein­fachen Geräte, wie die Hufeisen (die in Mittel- und West­europa) wahrscheinlich seit der Zeit der Römer, nach­weisbar nach dem 9. Jahrhundert, in Gebrauch waren, wurden zu gängigen Waren. Als Richard Löwenherz zu einem Kreuzzug die Vorbereitungen traf, beschäftigte er in der an Eisenerz reichen Forest of Dean (Gloucester) sech­zig Schmiede, die in diesem „Birmingham des Mittelalters“ 50 000 Stück Hufeisen hergestellt haben. Infolgedessen war die Rüstung bereits damals ohne Geld nicht vorstellbar. Die Gutsherren, die gezwungen waren, Heldentaten zu vollbringen, haben sich das Geld durch Steuereinnahmen und Zölle beschafft und nicht selten durch Räuberei aufgetrieben. Von da an mussten die Ritter sowohl auf dem Schlachtfeld als auch dem Straßenraub standhalten. Die aus den Herrschern der Völker der Erde bestehende Gruppe, machte etwa nur 3—4% der Bevölkerung der mittelalterlichen Gesellschaft aus, auch wenn sie an die Erzeugnisse der Eisenindustrie so bedeutende und hohe Anforderungen gestellt haben und obwohl die Bedürfnisse des Landes, der Landwirtschaft, die bedürfnisse des Absatz­marktes auf dem Gipfel der Hierarchie der Gesellschaft vielfach übertroffen haben. Die Eisenbestandteile der Werkzeuge waren vorläufig noch immer teuer (obwohl ihr Preis bereits etwas sank), wenn sie sich abnützten, wurden sie neu geschmiedet — sie haben Millionen von Menschen zu wirksameren und zweckmäßigeren Werkzeugen ver­­holfen. Sogar auf den Baustellen (in erster Linie in den (3) László 1944, 367—70; Moravcsik 1951, 334—62. (4) Braudel 1985, 378. T

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