Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Attila Paládi-Kovács: Milchwirtschaft in Ungarn im 18. Jahrhundert

damals eingeführten edlen Schafrassen (Merino usw.) gewöhnlich von italienischen Käsemachern verkauft wurde, die aus der Gegend von Venedig nach Ungarn gekommen waren und auch Knechte und Gehilfen mit sich brachten. Sie melkten selbst die gepachteten Schafe; aus der ihnen gebührenden Milchmenge machten sie hauptsächlich Käse und Butter, die sie auf dem Markt der Städte ver­kauften. Sie blieben nicht über das ganze Jahr, sondern verbrachten nur die Melksaison in Ungarn und kehrten im Herbst immer heim. Ohne Zweifel ist pujna im Ungarischen ein italienisches Lehnwort, welches die ungarischen Bauern und Hirten von den wandernden Käsemachern über­nommen haben (Gunda 1964,599—600). Es ist allerdings in einigen transdanubischen Mundarten auf der Ebene der Volkssprache erhalten gebliebenen, ohne in die Gemein­sprache Eingang zu finden, obwohl italienische Käsema­cher auch zu Beginn des 19. Jh. in ungarischen Herrschafts­gütern tätig waren (Nagyváthy 1822, 117). Italienische Käsemacher suchten übrigens nicht nur Ungarn auf, son­dern weilten bekanntlich regelmäßig auch in der Schweiz (Weiss 1941, 340). Die gekochte Molke der Schafmilch hieß im 18. Jh. bei den Ungarn in Siebenbürgen orda, im Oberland und in der Tiefebene zsendice. Den Quark schöpften die Schäfer ab und benützten ihn zur Bereicherung verschiedener Mehlspeisen. In Siebenbürgen verbreitete sich ein Gericht namens bálmos, welches aus Maismehl mit Schafmolke gekocht wird. Dieses rumänische Lehnwort ist in der Sprache der siebenbürgischen Ungarn im 17. Jh. erstmals nachzuweisen (T. A. Szabó 1975, 560; Bakos 1982, 227; zu seiner späteren Verbreitung: MTSz I. 92), seine weitere regionale Verbreitung ist aber erst mit dem 18. Jh. in Verbin­dung zu bringen. In seiner Autobiographie, verfaßt um 1715, bemerkte Graf Miklós Bethlen : „Den bálmos, bot- Käse (stockförmige Käse), Jungata und süße Milch hatte ich sehr gern........“ Bálmos ist über Siebenbürgen bis zum Máramaros-Gebiet bei den Ungarn und Rumänen, sowie bei den Ungarn in der Moldau bekannt. In anderen Teilen des ungarischen Sprachgebietes ist das Gericht jedoch unbekannt A. T. Szabó 1975, 560; MTSz I. 92; UMTSz I. 327). Die Geschichte des vom Grafen Bethlen erwähnten Wortes jungata ist nur dürftig erforscht. Dies vor allem deshalb, weil es sowohl in Siebenbürgen als auch in Trans­danubien nur sporadisch erscheint und in anderen Teilen des ungarischen Sprachgebietes völlig unbekannt ist. Im Jahre 1839 wurde es am Plattensee und im Komitat Vas (Kemenesalja-Gegend) aufgezeichnet; seine Bedeutung: ,mit Quark vermischte süße Schafmolke; mit anderen Wort : zsendice‘ (Tudományos Gyűjtemény, Pest, 1839, XII :61 ; MTSz II. 1081). Das Wort zsongáta (vgl. la jungata) dürfte in Transdanubien ebenso ein italienisches Lehnwort sein wie das soeben erwähnte pujna. (Zum italienischen Wort s. : Scheuermeier 1943, II. 35.) Ein typische säuerliche Fastenspeise war die Milchsuppe namens zsuffa. Dieses Wort ist im Komitat Abaúj, in der Gegend von Kaschau, schon im 16.—17. Jh. oder gar noch früher nachzuweisen. Im Ungarischen ist es höchstwahr­scheinlich ein deutsches Lehnwort (Mollay 1982, 575). Im 18.—19. Jh. war das Wort in weiteren Gegenden verbreitet, ist aber immerhin ein Dialektwort geblieben. Aus der Molke und dem Quark der Schafmilch wurde mit Eiern ein Gericht namens kanda zubereitet. Seine Bereitung und Verzehrung kann man vor allem im Komitat Zemplén, in der Tokajer Gegend sowie im Komitat Szatmár doku­mentieren. Die erste Erwähnung des Namens in einem Wörterbuch ist aus dem Jahre 1833 bekannt (Kassai 1833, 205; MTSz I. 1033; Csüry 1935,1. 448). An einigen Stellen Siebenbürgens (Szamosújvár, Erzsé­betváros, Gyergyószentmiklós) führten die im 17. Jh. angesiedelten Armenier ein spezielles Milchprodukt na­mens hurut ein. Verschiedene Suppen werden daraus ge­kocht. Der Grundstoff ist Trockenquark, der lange Zeit, bis zu einem Jahr aufbewahrt werden kann. Die ohne Lab geronnene Milch wird stundenlang gekocht, bis eine dicke Masse daraus wird. Sobald diese ausgekühlt ist, werden daraus kleine Klumpen geformt, die man auf einem luftigen Platz trocknet. In der Gyergyó-Gegend ist hurut und die daraus bereitete angádzsabor-Suppe auch heute noch in der Speiseordnung von vielen Szekler-ungarischen Familien enthalten. Es läßt sich nicht genau feststellen, wann dieses Produkt aus der armenischen Milchwirtschaft von der mit ihr in Berührung stehenden ungarischen übernommen wurde (Vgl. Keszi-Kovács 1969, 674—675; Vöö 1970, 37; Tarisznyás 1982, 230—231). Hurut wurde auch in der siebenbürgischen ungarischen Küche nicht allgemein gebräuchlich. Erwähnenswert ist immerhin, daß armenische Siedler auch in Ostgalizien die Bereitung von churut und gandzabur eingeführt haben (vgl. Kowalska—Lewicka 1967, 168). In Siebenbürgen und im Osten des Oberlandes ist seit dem 17. Jh. eine mit Quark und Milch zubereitete Speise der Bauern unter dem Namen domika, dumika nachzuwei­sen. Aus der Hohen Tatra wird sie schon im Ungarischen Simplicissimus erwähnt und ist bis heute in slowakischen Gegenden beliebt (vgl. Podolák 1977, 268). In ungarischen Mundarten des Oberlandes ist zum erstenmal im 18. Jh. das aus dem Slowakischen übernommene Wort demikät nachzuweisen. Von der ungarischen Volksgruppe Palozen wurde es z. B. im Jahre 1784 aufgezeichnet (Bakos 1982, 212). Besonders in Siebenbürgen, im Hochgebirge, hat es von Frühling bis Herbst nie an Sauermilch gefehlt. In der Gegend des Flusses Aranyos (Siebenbürgen) vermischte man die aus Kuh- oder Büffelmilch gewonnene molkige Sauermilch mit Rahm; das Produkt, genannt göcsös tej oder tört tej, wurde in Magyarléta (Kom. Torda-Aranyos) in einem hölzernen Daubengefäß namens deberke aufbe­wahrt, dessen Deckel mit Brotkrumme hermetisch zuge­pflastert wurde. Wenn der Inhalt zur Neige ging, füllte man das Gefäß mit saurer oder frischer Milch auf (Gunda 1956, 68). Ohne Zweifel können solche saure Milchspeisen auf eine lange Vergangenheit zurückblicken, und die Aufzeich­nungen, die sich auf das ausgehende 19. Jh. beziehen, gel­ten gewiß auch für das vorangegangene Jahrhundert. In den rumänischen und ungarischen Dörfern der Gya­­luer Schneeberge waren saure Milchsuppen noch in den 1940er Jahren alltäglich. Im Hochgebirge kochten rumä­nische Familien niemals mit Fett, sondern nur mit Butter. Nur in den niedrigeren Gegenden Siebenbürgens, wo Mais angebaut wurde, nahm die Bedeutung des Schweinefettes zu (Gunda 1956, 69). Auch in vielen anderen alpinischen Gegenden der Karpaten, so auch in Bergdörfern des Szek-205

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