Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Attila Paládi-Kovács: Milchwirtschaft in Ungarn im 18. Jahrhundert

Die Butter Butter wurde sowohl aus der Kuh- als auch der Schaf­milch hergestellt. Bis zu den 1770er Jahren bestand der feudale Brauch, daß die Leibeigenen die Küche des Guts­herrn auch mit Butter belieferten, als „Geschenk“. Die je nach Regionen wechselnde Buttermenge wurde im Ur­bárium genau festgesetzt. In Romhány (Kom. Nógrád) gebührte 1697 nach jeder Session 2 icce (1 icce = 0,85 liter) Butter als Weihnachtsgeschenk, in der unweiten Ortschaft Jobbágyi war es nur 1 icce (Schram 1968, 675). In Hódmezővásárhely (Kom. Csongrád) sollten laut Ur­bárium des Jahres 1756 die Fronbauern dem Gutsherrn nach jeder Milchkuh 1 icce Butter abgeben. Später wurde diese Menge auf 1 meszely (0,42 Liter) herabgesetzt, oder konnte gar mit der Entrichtung von 2 Groschen abgelöst werden (Tárkány Szűcs 1961, 409). Die Dörfer der Herr­schaft von Gödöllő (Kom. Pest) blieben das Buttergeschenk oft schuldig und zogen es vor, ihre Schuld in Bargeld zu begleichen. In den 1770er Jahren war auch der Herrschaft schon das Geld lieber (Wellmann 1933, 86, 153). Hier sei bemerkt, daß dieser Posten des feudalen Geschenkes (victuale, munera) in Ungarn seit dem Mittelalter bis Ende des 18. Jh. ohne Unterbrechung geleistet wurde. Im ganzen Lande machten auch die Bauern viel Butter und benützten Butter zu ihren Speisen. Wohlhabende Leibeigene der Tiefebene besaßen nicht selten Dutzente von Kühen und hielten obendrein bis zu 80—100 Stück Milch­schafe. Diese hütete sein Schäfer in einer eigenen Herde. In Kecskemét hielt z. B. ein Bauer in den 1770er Jahren 139 Melkschafe und erhielt von seinem Schäfer als Pachtgebühr 139 icce Butter und 278 icce Quark (Szabó 1942, 31). Freilich bedurfte es einer längeren Zeit, bis eine solche Buttermenge vom Bauer, seiner Familie und den Knechten verzehrt wurde, zumal auch die Butterproduktion zur Versorgung der Familie diente, da im Tiefland die Ver­marktungsmöglichkeiten für Butter überaus beschränkt waren. Der Reichtum an Butter und die Notwendigkeit der Aufbewahrung erforderten die Anwendung des Butter­­schmelzens als Konservierungsmethode. Auch B é 1 konn­te dies in den 1730er Jahren feststellen: „Die Ungarn ver­wenden nämlich eher die ausgekochte Butter.“ Frische Butter, fuhr er fort, verzehrten nur die wenigen geschulten Leute und solche, die im Ausland diese Gewohnheit erlernt haben (Bél 1730/1984, 102). In Siebenbürgen machten die Szekler und andere unga­rische Volksgruppen die Butter nicht nur aus Rahm, son­dern auch aus Sauermilch. Dies deutet auch der dortige Name des zum Buttem benützten gerätes: Bottich zum Milchschlagen (ung. tejverő dézsa, 1708, 1814) an. Bemer­kenswert ist auch das Wort ,Milchschlagen“ (ung. tejverés). Die einschlägige Terminologie s. Cs. Bogáts 1943, 84, 144. Leider ist uns die Form des alten Szekler Butterfasses aus dem 18. Jh. nicht bekannt (ung. köpiillő désá). Die ungarischen Butterfässer sind im allgemeinen nicht sehr groß. Ein derart umfangreiches Butterfaß, wie auf dem Gemälde „Der vornehme Besuch in der Bauernstube“ von J. Brueghel (1568—1625) dargestellt, ist im ungarischen bäuerlichen Haushalt unbekannt. Heutzutage sind bei den Ungarn zwei Typen des handbetriebenen Butterfasses be­kannt. In Transdanubien und in der Großen Ungarischen Tiefebene wird eine niedrigere Form benutzt, mit einem separaten oberen Teil. Im südlichen Teil der Tiefebene und in Transdanubien sind auch tönerne zweiteilige Butter­fässer gebräuchlich — Nachahmungen der hölzernen Form. In Siebenbürgen hingegen ist das Butterfaß der Ungarn ein einziges hohes, schlankes Holzgefäß, bedeckt mit einer Holzplatte. Das Buttern erfolgt in beiden Varianten durch das Auf- und Abbewegen einer Stange mit einer durchlochten oder sternförmigen Scheibe am unteren Ende. (Muster aus dem Material des Atlasses der Ungarischen Volkskunde, In: Néprajzi Értesítő 1967. Karte 107/5; Gunda 1983, 34—35). Im Hochgebirge der Schweiz wurden die handbetriebenen Butterfässer seit den angehenden 1700er Jahren durch das mit einem Wasserrad verbundene Butterfaß verdrängt, wel­ches vom Wasser eines Baches in Bewegung gesetzt wurde. Ebendort verbreiteten sich auch die mit der Hand gedrehten zylinderförmigen Butterfässer, die auf einem Gestell stan­den. (Weiss 1941, 143; Scheuermeier 1943, 11. 33—34). In zahlreichen Alpenprovinzen der Schweiz, Italiens und Frankreichs verbreitete sich das um eine waagerechte Achse herumdrehende Butterfaß und verdrängte dort völlig die vertikalen, handbetriebenen Geräte. Butterfässer mit Wasserantrieb erschienen in Ungarn we­der im 18. Jh. noch später. Diesbezügliche Angaben sind uns auch aus den hohen Bergen der Karpaten nicht bekannt. Merkwürdigerweise war das mit Wasserrad angetriebene Butterfaß in Bulgarien schon zu Beginn des 20. Jh. bekannt (Vakarelski 1937, 64). Das mit der Hand um eine waage­rechte Achse gedrehte Butterfaß erschien zu Beginn des 19. Jh. einigen herrschaftlichen Schweizereien Transdanu­biens (Nagyváthy 1821, 116—117), verbreitete sich aber weder damals noch später in den ungarischen Bauernwirt­schaften. Im 18. Jh. wurden manche primitive Verfahren zur Buttergewinnung praktiziert, die stellenweise bis zum 20. Jh. erhalten geblieben sind. Vermutlich waren sie früher von größerer Bedeutung. In einem solchen Verfahren wird der Rahm in einem Tongefäß mit einem Holzlöffel solange umgerührt, bis sich die Butter von der Buttermilch trennt. Im Dorf Magyarléta (Siebenbürgen) wurde es in den 1940er Jahren noch angewendet und mit einem ungelösten Wort benannt (ung. röstölés) (Gunda 1956, 68). Erwähnenswert sind mehrere Varianten der Butter­gewinnung durch schütteln. Der Rahm wurde in aufge­hängten Schläuchen oder kleinen Fäßern geschüttelt und geschaukelt, bis die Butter ausschied. Aufschlußreich ist immerhin, daß die Butterung in manchen Gegenden, z. B. in den Dörfern des Göcsej-Gebietes (Kom. Zala), bis heute als Schütteln (ung. rázás) bezeichnet wird. Dies wird so­wohl von einer Karte des Atlasses der Ungarischen Volks­kunde (AUV) wie auch von B á t k y bestätigt, der schon vor langer Zeit darauf aufmerksam machte (Bátky 1935, 102; Muster aus dem Material des AUV. In: Néprajzi Értesítő 1967, Karte 103/5). Die Huzulen (karpato-ukrainische ethnische Gruppe) in der Bukowina „schüttelten'“ die Butter in Gefäßen, die hauptsächlich im Schuppen oder im Haus aufgehängt wurden (Mandibura 1978, 76). Dieses Verfahren ist vom Kaukasus über den Balkan und die Karpaten bis zu den Pirenäen bei zahlreichen Völkern nachweisbar (Krüger 1935, 71—75). In manchen ungarischen Gegenden war es üblich, die Butter in einem auf dem Rücken getragenen 201

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