Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Attila Paládi-Kovács: Milchwirtschaft in Ungarn im 18. Jahrhundert

und ihre Benennung verbreiteten sich im 18. Jh. über die ganze Große Tiefebene. Der Bau wird von den Schafhaltern in Debrecen, dem Hajdú-Bezirk und dem Komitat Szabolcs gleichermaßen erwähnt. In Tiszacsege (Kom. Szabolcs) wurde im Jahre 1764 aufgezeichnet, daß dem reformierten Pastor aus jedem Melkpferch alljährlich der Milchertrag eines Melkens gebührt (Papp 1971, 202; Balogh 1943, 102). Damals hieß in Nagykun-Bezirk nicht nur der Melkpferch esztrenga, sondern auch die Herde der Milchschafe. Das Bauwerk stand meist in den Schuppengärten am Stadt­rand, nicht auf der Weide. Den überdachten Teil, wo sich das Melktor befand, nannte man esztrenga-fiók, Gleichlau­fend waren auch die Termini fejő akoly, fejős akol (beide: Melkpferch) gebräuchlich (Szilágyi 1968, 358—359). In der Gegend von Szeged hieß der Melkpferch im 18. Jh. isztronga oder esztrenga, das Schilfdach oberhalb der Melk­­öifnung wurde Schirm (ung. ernyő) genannt. (Bálint 1976, 1.487—488.) Im Jahre 1804 wurde in Gyoma (Kom. Békés) die Schafherde der bäuerlichen „Melk-Gesellschaft“ ab­wechselnd beim Haus eines anderen Bauern gemolken, da die esztrenga ruiniert war (Szilágyi 1977, 633—634). Zusammen mit dem wetterempfindlichen Merino-Schaf erschien im Kiskunság-Gebiet gegen Ende des 18. Jh. der sog. deutsche Pferch (ung. német isztronga), ein Melkpferch eingebaut in den überdachten Schafstall, zusammengestellt aus Zaunstücken, aus Latten und Brettern. Das Attribut „deutsch“ deutet darauf hin, daß mit dem Merino-Schaf viele deutsche und böhmische Schäfermeister nach Un­garn übersiedelten und das Bauwerk anfangs nur von ihnen gebraucht wurde. Dieser „deutsche“ Melkpferch war da­mals eine wichtige Innovation in der ungarischen Schäferei. Ungarischer Pferch (ung. magyar isztronga) hieß im 18.— 19. Jh. der auf der Weide am Stadtrand oder innerhalb der Siedlung aus Geflecht oder eventuell aus Schilfrohr errich­tete offene Pferch zum Schafmelken. Hier wurde das wetter­feste, sog. ungarische Schaf /Ovis strepsiceros Hortobagyen­­sis) gehalten und gemolken (Tálasi 1936, 118.). Melkgefäße und Behälter Die Melkgefäße wurden fast ausschließlich aus Holz gemacht, doch unterschieden sie sich sowohl an Form wie auch an Namen, je nachdem, ob sie zum Melken der Kühe oder der Schafe dienten. Dazu eine Aufzeichnung eines Zeitgenossen; „Der Melkeimer der Kühe ist, wie auch anderswo üblich, aus Fichtenholz. Die Milch hält man aber in breiten Tongefäßen, ohne Henkel, mit engem Hals.“ (Bél 1730/1984, 166). Dies bezieht sich vor allem auf die ungarische Bevölkerung Transdanubiens, der Kleinen und der Großen Ungarischen Tiefebene. In diesen Regionen benützten die Bauern bis zu den 1960er Jahren die Tonge­fäße zur Aufbewahrung der Milch, stellenweise auch zum Kühemelken. Solche Milchtöpfe sind auch bei den benach­barten Slowenen und Kroaten beliebt (Novak 1960, 108; Novak 1969, 580). In manchem Gegenden, z. B. im Sárköz Gebiet (Kom. Tolna) benützte man zum Melken der auf den Donau-Inseln gehaltenen Kühe das Kürbisgefäß, wel­ches man in der einen Hand hielt, um mit der anderen zu melken (ung. : kapinya). Auf die Form der zum Kühemelken dienenden Holz­gefäße deuteten die Termini félkéz sajtárka, félkéz cseber (etwa: Eimer für eine Hand) hin. Es handelte sich um ein sich nach unten verjüngendes Gefäß, dessen eine Daube ungefähr 15—30 cm über dem Rand des Gefäßes erhöht war. Mit Hilfe einer Öffnung am oberen Ende dieser Daube konnte man das Gefäß in der Hand halten oder weitertra­gen. Die Größe der Gefäße zum Kühemelken war je nach Gebieten verschieden, ihre Kapazität mochte 6 bis 10 Liter betragen. Laut wortgeschichtlichen Angaben entwickelte sich in den ungarischen Mundarten eine reichhaltige Terminologie der Melkgefäße. Ihre geographische Verbreitung ist zwar nicht in allen Einzelheiten bekannt, scheint aber in der Flauptsache mit dem Bild des 19.—20. Jh. übereinzustim­men. Größtenteils waren Formvarianten eines mittelalter­lichen deutschen Lehnwortes (ung. sajtár, zsétár, zsojtár usw.) auch im 18. Jh. im ungarischen Sprachgebiet verbrei­tet. Ebenso wie heutzutage nannten die Szekler ihr Gefäß zum Kühemelken sétár im Jahre 1730 (Cs. Bogáts 1943, 40, 143). Ihre Schafe wurden damals in ein zweihenkeliges, sich nach oben verjüngendes hölzernes Daubengefäß (ung. fejős dézsa) gemolken. Schon in diesem Jahrhundert ist zum Melken der Schafe benützte hölzerne Daubengefäß in Siebenbürgen unter dem Namen galáta, galéta bekannt (Cs. Bogáts 1943, 38). In den mittleren und westlichen Teilen Sieben­bürgens wird gewöhnlich ein kleiner tönerner Topf auf die zwischen den beiden Henkeln ausgespannten Schnüre getan, um das Schäumen der Milch zu verhindern. Im nördlichen Oberland verbreitete sich ein spezielles Gefäß zum Schafemelken unter dem Namen geleta, gilita. An Form unterscheidet es sich von der Siebenbürger Variante. Es hat keine Henkel. An der Rückseite ist der Rand um ca. 15 cm höher als vorne. Die zur Benennung des Gefäßes dienende Wortgruppe (geleta, galáta) gehört seit dem 17. Jh. zur Terminologie der Walachischen Schäferei (Kniezsa 1955, I. 1. 177; Bakos 1982, 168, 294). Die Milch wurde nach dem Melken zuerst durchgeseiht, die Schafmilch sodann mit Lab versetzt. Dazu diente ein Sieb (ung. tejszürö szita [1740]) bzw. ein Zuber (ung. tejoltó cseber [1758]). In Cétény (Kom. Nyitra) wird 1654 ein „Kürbis zum Milchseihen“ erwähnt (Cs. Bogáts 1943, 144; Schramm 1970, I. 452—453.). Aufgrund der Wortgeschichte können wir in Siebenbür­gen auch auf das Erscheinen von zwei neuen Geräten der Milchwirtschaft schließen: die Käsepresse und die Waage zum Abwiegen der Molkereiprodukte, ln den mei­sten siebenbürgischen ungarischen Mundarten ist das erstere als krinta (rum. crinta), kelenta, kilinta, das letztere als kompóna bekannt. Beide Gegenstände werden mit je einem rumänischen Lehnwort benannt. Ihre erste Erwähnung ist aus 1638 bzw. 1648 nachweisbar (Cs. Bogáts 1943, 122; Bakos 1982, 236; TESz IL 490, 543). Die Schüssel zum Käsepressen sowie die Waage dürften sich in Siebenbürgen im 18. Jh. allgemein verbreitet haben. Diese Gegenstände und die einschlägige Terminologie sind Erscheinungen der Siebenbürgischen regionalen Kultur geblieben und weder in nördlichen Oberland, noch in der Großen Ungarischen Tiefebene in der Schäferei zu finden. Es sei noch bemerkt, daß sie auch in der slowakischen und karpatho-ukraini­­schen Schäferei nicht gebräuchlich sind (Podolák 1982, 180; Mandibura 1978, 63—84). 200

Next

/
Thumbnails
Contents